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30. Kapitel

Freitag, 12. Juni

„Was macht Niklas denn hier?", fragt Olivia, als sie mir die Tür aufmacht. „Er hat mich hergebracht. Wir haben uns unterhalten.", sage ich und schließe die Tür hinter mir. „Hieß es nicht mal, du redest nicht mehr mit ihm?", fragt Olivia und grinst mich an. Ich zucke mit den Schultern und grinse zurück. „Tja, vielleicht hat es sich gerade gelohnt, mein Verbot zu brechen.", sage ich und ziehe meine Schuhe aus. Wir laufen ins Wohnzimmer, wo ihre Oma auf dem Sessel sitzt und Fernsehen schaut. „Hallo", begrüße ich sie und sie lächelt mich warm an. „Hallo, Liebes. Was ist denn mit dir passiert, du siehst ja richtig krank aus?", fragt sie und Olivia schaut ihre Oma genervt an. „Das hab ich dir doch schon erklärt, Oma. Jungsprobleme.", sagt sie kurz und zieht mich weiter in ihr Zimmer. In dem Haus ist alles ganz dunkel, weil Olivias Oma ziemlich lichtempfindlich ist.  

„So, über was habt ihr denn geredet? Und warum bist du überhaupt hier? Nicht, dass ich es nicht schön finde, dass du hier bist, aber du hast mir vorhin nicht viel erzählt am Telefon.", fragt sie und ich setze mich auf ihre Couch. Olivias Zimmer ist doppelt so groß wie meins. Olivia setzt sich auf den Schreibtischstuhl direkt gegenüber von mir und schaut mich abwartend an. Dann erzähle ich ihr alles. Das es mir seit einer Woche so geht, warum es mir so geht. Jedes kleine Detail. 

Als ich fertig bin runzelt Olivia die Stirn. „Ich verstehe, warum du so krass auf diese Situation reagierst, aber ich glaube du machst zu viel Luft um diese Sache. Wenn dir selbst Niklas sagt, dass da nichts zwischen den beiden läuft, läuft da wirklich nichts. Du kannst dich nicht vor ihm verstecken. Morgen gehen Oma und ich auf einen Geburtstag, da musst du nach Hause. Verabrede dich morgen mit ihm und redet miteinander. Klärt das.", sagt sie und zum dritten Mal höre ich, dass ich mit ihm reden muss, also ziehe ich langsam und zögernd mein Handy aus der Tasche. „Hast du morgen Zeit?", schreibe ich ihn an und er antwortet sofort. „Klar", schreibt er zurück und ich schlucke. „Morgen im Park, um zwei Uhr.", schreibe ich und zögere als ich die Nachricht abschicken will. Dann lösche ich die Nachricht und schreibe sie ein wenig freundlicher. „Vielleicht sollten wir doch noch mal reden. Allein.", schicke ich ihm ab und er schickt einen Daumen-nach-oben-Emoji. 

Olivia zieht mich auf die Tanzfläche und ich grinse sie beschämt an. Sie hat mich doch tatsächlich auf eine Party geschleppt. „Komm lass uns ein bisschen Spaß haben, okay? Vergiss ihn mal für einen Abend. Du hast dich nicht umsonst so hübsch gemacht.", sagt sie und ich lächle verlegen. Eigentlich habe ich das selbe, wie vorhin an, nur dass Olivia mich noch geschminkt hat und mir die Haare geflochten hat. Olivia nimmt mich an den Händen und zieht sie so, dass ich mich automatisch bewege. Irgendwann werde ich wärmer und bewege mich leicht zu der Musik. Felicitas, ein elfenhaft wirkendes Mädchen kommt auf uns zu und lächelt mich stolz an, dann drückt sie Olivia einen Kuss auf die Wange und drückt ihr ein Becher in die Hand. Felicitas redet nicht viel, aber wenn dann kann man sie kaum stoppen. Ihr Körper ist zierlich und ihr Kopf ist oval. Sie hat ganz dunkle braune Augen, die einen Kontrast zu ihren hellblonden Haaren haben, die ihr leicht über die Schultern fallen. Sie bewegt sich super zu der Musik und ihre Bewegungen sehen aus, wie eine Fee, die in ihrer eigenen Welt ist. „Schließ einfach die Augen und genieß die Musik.", sagt Olivia jetzt und nippt an ihrem Becher. Aber ich kann mich nicht richtig anspannen, immer wieder kommt das Gespräch zwischen Niklas und mir in den Kopf. „Ich glaub, ich geh doch nachhause.", sage ich und umarme Olivia. „Aber du wolltest doch heute bei mir schlafen?", fragt Olivia und ich zwinge mich zu einem Grinsen. „Ich glaub, ich  vermiese hier nur die Stimmung. Ich brauch Ruhe für mich, aber ich schlaf wirklich bald mal wieder bei dir.", sage ich und Felicitas umarmt mich. „Du schaffst das.", flüstert sie und lächelt mich an. Ich winke den beiden und verschwinde durch die Masse zum Ausgang. 

Zuhause lasse ich mich auf mein Bett fallen und starre die Decke an. Ich weiß, dass Kadir nebenan schläft und das macht es nicht besser. Immer wieder kreisen meine Gedanken zu ihm. Was will ich ihm morgen sagen? Was wird er sagen? Denkt er auch so an mich, wie ich an ihn? Am liebsten würde ich jetzt zu ihm gehen und mit ihm reden, aber das geht nicht. Das wäre schwach. Aber am liebsten möchte ich, dass er jetzt gerade neben mir liegt und mich angrinst und küsst. Ich möchte seine Wärme spüren, seine Arme, die mich an ihn ziehen und seine Sommersprossen zählen. Ich möchte in seine sonderbaren Augen schauen und mich in ihnen verlieren. Ich möchte wieder dieses Gefühl erleben, dass er mir gibt, als ob es auf der Welt nur uns beide gibt. Ich möchte sein Grinsen sehen, was mich so ansteckt und das Funkeln seiner Augen, wenn er mich sieht. Ich vermisse ihn so unglaublich.
Ich atme tief durch und drehe mich zur Seite. Ich ziehe das Buch, welches auf der anderen Seite meines Bettes liegt zu mir und lese weiter in dem Jugendroman. 

Nach einer Weile gebe ich es auf und gehe leise zur Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Die Tür von Lukas Zimmer ist angelehnt und man hört die leisen Spielgeräusche von Mario Kart. Ich gehe leise zu dem Zimmer und beobachte, wie Lukas die Arme in die Höhe streckt und leise jubelt, Kadir schnaubt und wirft Lukas ein Kissen zu. „Sei leise, Maia schläft nebenan.", sagt er und ich lächle. Wir haben vorhin zusammen gegessen, weil die zwei sich Pizza bestellt haben. Ich hatte hunger und dachte, ich müsste jetzt noch was kochen, aber genau in dem Moment als ich durch die Wohnungstür gekommen bin, hat Lukas bestellt. Danach bin ich ins Zimmer gegangen und habe nachgedacht. Leise schleiche ich mich wieder zu meinem Zimmer und lege mich glücklich hin. Es tut gut zu wissen, dass er immer noch Gefühle für mich hat. Ich finde es total niedlich, dass er das Lukas gesagt hat und würde ihn am liebsten dafür küssen.

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