34. Kapitel
Samstag, 20. Juni
Verschwitzt wache ich auf und steige langsam aus dem Bett. Man ist das warm! Ich schlüpfe aus dem Zimmer raus und hole mir ein Glas kaltes Wasser. Nachdem ich es einmal ausgeleert habe und nochmal aufgefüllt habe, lege ich mich wieder zu Kadir und lese meinen Roman weiter. Gestern war so toll und Kadir und ich haben noch ewig gequatscht, bis wir schließlich eingeschlafen sind. Ich mustere sein entspanntes Gesicht und küsse seinen Mundwinkel. Er sieht so gut aus.
Nach ungefähr zwanzig Minuten ist er auch wach geworden. Als er mich sieht grinst er und fährt sich übers Gesicht. „Verdammt.", sagt er und ich wende mich ihm komplett zu. Ich setze mich auf sein Becken und beuge mich über ihn. Seine Finger krallen sich in meine Hüfte und seine Augen mustern mich aufmerksam. „Ich liebe dich.", flüstere ich jetzt und er grinst wieder. „Sag das nochmal.", sagt er rau. „Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich.", sage ich gegen seine Lippen und grinse dabei. Er pustet gegen meine Lippen und lacht, als ich zurückzucke. Kadir lacht so selten und deswegen macht es mich glücklich, wenn er es tut. Dann zieht er mich zu sich herunter und unsere Lippen treffen aufeinander. Seine Arme umklammern mich, als ob ich ihm weglaufen wollen würde. Aber ich bin viel zu benommen, von der rosa Wolke in meinem Kopf und dem Kribbeln in meinem ganzen Körper, welches mich elektrisiert, aber auch gleichzeitig betäubt. Ich streiche mit meinem Daumen über seine Wange, auf der ein paar Stoppeln wachsen. Seine Zunge dringt in meinen Mund und ich gebe mich ihm hin. Jetzt liegt er unter meinem ganzen Gewicht, aber das ist gerade nebensächlich. Was gerade zählt ist das Gefühl, welches zwischen uns liegt und unsere Berührungen.
Nervös zupfe ich an meinem T-Shirt, was eigentlich Kadir gehört rum und betrachte die Tür kritisch. „Wird das nicht unangenehm? Ich meine vor einem Jahr, war ich noch mit Niklas zusammen und jetzt bist du es, der mich mit nachhause bringt.", sage ich und Kadir nimmt meine Hand. Sofort beruhige ich mich ein bisschen. „Du bist nicht allein, ich bin bei dir und Mama vermisst dich, also brauchst du dir keine Sorgen zu machen.", sagt er ruhig und schließt mit der anderen Hand die Tür auf. In der Wohnung riecht es nach Essen. Wahrscheinlich nach dem berühmten Auflauf von Laura. „Ihr seid aber früh dran. Hey, Maia, lass dich drücken.", Laura kommt aus der Küche und küsst ihren Sohn auf die Wange, bevor sie mich ganz fest umarmt. Ihre grünen großen Augen mustern mich herzlich und auf ihrem breiten Mund ist ein Lächeln. Sofort entspanne ich mich noch mehr. „Das Essen ist gleich fertig, ihr könnt euch schon mal zu Niklas und deinem Vater setzen.", sagt sie an Kadir gewandt und Kadir verdreht die Augen, als er Lauras warnenden Blick auffängt. „Als ob nur ich dran Schuld wär'.", murrt er und zieht mich ins Esszimmer. Niklas schaut von seinem Handy auf und grinst mich beschämt an. Anscheinend bin ich nicht die einzige, die es komisch findet, sich so wiederzusehen. Ich umarme Niklas halb, weil Kadir sich noch an meinen anderen Arm klammert und hinter mir steht. „Hallo", sage ich leise in die Richtung des Vaters der zwei Brüdern. Der nickt nur, blickt aber nicht von seinem Handy auf. Niklas und Kadir nicken sich nur zu und Kadir platziert mich neben sich auf die andere Seite des Tisches. Er sitzt gegenüber von seinem Vater und ich gegenüber von Niklas. Der Wandteppich, der am einem Ende des Tisches an der Wand hängt, wird von dem Kerzenständer am Tisch beleuchtet und zeigt lauter Elefanten in einem Mandala. Laura vergöttert diese Wandteppiche. Das dunkle Holz der Möbel im Raum lässt den Raum noch dunkler wirken, als er eigentlich ist. Die Wände sind mit einem hellen grau gestrichen und lassen es moderner wirken.
Laura kommt mit der Auflaufform rein und setzt sich ans andere Ende des Tisches. Während des Essens erzählt sie von ihrer Arbeit und von ihrer Reise, die sie für den Sommer plant. Laura arbeitet in einem Yoga Studio genau wie Luzie. Aber beide arbeiten in einem anderen. Luzie arbeitet in einem privaterem Studio.
„Schatz, was ist denn los?", fragt Laura und ich schaue zu Frank, genau wie Kadir und Niklas. „Ein guter College ist heute gestorben.", sagt er leise und dann liegt seine Aufmerksamkeit auf Kadir, der sich sofort verspannt. So viele unausgesprochene Dinge liegen plötzlich im Raum. Plötzlich sind Kadir und sein Vater in einer wilden Diskussion über seine Zukunft. Niklas schüttelt manchmal den Kopf und verdreht seine Augen. „Papa, jetzt lass ihn doch endlich mal in Ruhe mit dem Thema. Wenn er das nicht will, dann will er es nicht. Reicht es nicht, wenn ich die Firma übernehme?", fragt er schließlich und Kadir schaut erschrocken seinen großen Bruder an. Der zuckt nur mit den Schultern und schaut seinen Papa ausdruckslos an. „Es macht mir dort Spaß und du hast es ja auch alleine hingekriegt. Lass doch Kadir machen, was er will.", sagt er und isst seinen Auflauf weiter. Frank steht auf und verlässt ohne ein Wort das Zimmer. Laura hat Tränen in den Augen und lächelt Niklas stolz an. „Wie erwachsen du wirst.", sagt sie und schaut dann zu Kadir, der jetzt wütend in seinem Essen rumstochert. „Du solltest dich mal bedanken.", sagt sie jetzt strenger, aber ihr Blick den sie ihm zuwirft ist mit so viel Liebe, dass es mir das Herz zu schnürt. „Das macht er doch nur, um Maia zu imponieren.", knurrt er jetzt und starrt seinen Bruder mit so viel Hass an, dass auch er blass wird. „Stimmt gar nicht. Du willst es nur nicht einsehen, dass ich versuche unsere Beziehung zueinander zu retten. Es ist dir völlig egal.", sagt Niklas jetzt kalt und Kadir schluckt und lässt meine Hand los. „Du versuchst doch gerade nur besser rüber zu kommen, um Maia wieder in den Arsch kriechen zu können.", faucht Kadir jetzt und Laura sieht fassungslos von Niklas zu Kadir. „Kadir, achte auf deine Ausdrucksweise.", sagt sie jetzt streng. „Er wollte dir doch nur helfen.", mischt sie sich jetzt ein und ich bleibe wie versteinert am Tisch sitzen. „Mag sein, dass dein kleiner Versöhnungsversuch bei Maia geklappt hat, aber bei mir klappt es sicherlich nicht. Du hast sie so verletzt, sie hat über ein halbes Jahr wegen dir leiden müssen, kriegst du das eigentlich noch mit? Wenn ich sie wäre, hätte ich dich schon längst in die Hölle geschickt. Betrügen ist das Widerlichste, was man seinem Partner antun kann.", knurrt Kadir jetzt und steht auf. „Ich gehe jetzt. Danke, Mama für das leckere Essen, aber ich kann nicht weiter hierbleiben.", sagt er und küsst seine Mutter auf den Scheitel. Laura weint jetzt und ich umarme sie fest. Ihr Rosenparfüm steigt mir in die Nase und ich lächle leise. „So hab ich mir das jetzt nicht vorgestellt, aber es war schön dich mal wieder zu sehen.", sage ich und stolpere Kadir stumm hinterher. Seine Schritte sind schnell, sodass ich neben ihm her joggen muss. Am Park bleibt er stehen und fährt sich über sein Gesicht. Seine Schultern zucken und ich beobachte ihn stumm. Ich weiß, dass er kurz die Zeit für sich braucht. „Warum muss ich immer alle um mich herum enttäuschen?", fragt er jetzt leise und heiser. Ich nehme ihn in die Arme und er klammert sich fest an mich. Dann landen seine Lippen stürmisch auf meinen. Seine Hände wühlen in meinen Haaren und ich klammer mich genauso an ihm fest. Er ist so warm in der kühlen Nacht, was mich automatischer näher zu ihm drängen lässt.

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What if I trust you
Teen FictionMaias Welt ist zerstört, als sie am Morgen über eine Instagram Story erfährt, dass ihr Freund Niklas sie mit ihrer besten Freundin Leonie betrügt. Sie beschließt niemandem mehr zu vertrauen und an sich heranzulassen. Nur Kadir, der Bruder von Niklas...