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[Auszug aus Jonas Piccadillys Akte, 1974]

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[Auszug aus Jonas Piccadillys Akte, 1974]


Jonas Piccadilly

Darcia, Eileen
Piccadilly Zirkus, Platz 13
1945, September

„Verdammte Scheiße!", rief Jonas als ihm die Bierbank auf die Füße fiel.
Ein kurzer stechender Schmerz durchfuhr ihn und er presste seinen Kiefer zusammen.
„Oops", kam es nur von seinem Cousin, der auf der anderen Seite der Bank stand und ihn angrinste, „Tut mir leid."
Jonas sah kurz zu ihm und dann wieder auf seine Füße.
„Das war mit Absicht du Pisser", brachte er nur hervor und atmete dann ein-zweimal durch.
Cailan zuckte lächelnd mit den Schultern, „Vielleicht. Wir werden es nie herausfinden."
Kopfschüttelt hob Jonas wieder die Bank an und trug sie mit Cailan zu den Zuckerwattestand, am Rande des Platzes hin.

Um sie herum huschten viele Menschen umher, jeder mit seiner eigenen Arbeit beschäftigt.
Immerhin fing bald die Show an und die Idioten aus der Stadt würden kommen und Geld zahlen um ihre Gesichter zu sehen.
Schnaubend stellte er die Bank ab und drehte sich dann zum großen Zelt um, das in der Mitte thronte, gigantisch und beleuchtet.
»Freak Show« stand dort in einem grellen neon grün.

Mit schlurfenden Schritten trat Cailan neben ihn und folgte seinem Blick.
Die Show heute würde anders sein, das wussten beide.
„Aufgeregt?", fragte der Ältere.
Jonas schwieg einige Sekunden und wendete sich dann vom Plakat ab.
„Warum sollte ich?", antwortete er mit einer Gegenfrage und vergrub die Hände in seiner Jackentasche, „Immerhin bin ich nicht derjenige der ihn umbringt."
Ein leichter Ton von Enttäuschung schwang in seiner Stimme mit.

„Aber du hättest es gerne getan, nicht wahr?"
Eine Windböe kam auf und wehte ihm durch die kurzen Haare.
Die Frage war überflüssig, Cailan kannte die Antwort und Jonas auch.
Es brannte ihm in den Fingerspitzen die Show heute übernehmen zu dürfen, der Star des Tages zu sein.
Aber er war es nicht, leider.
Jonas zuckte nur mit den Schultern und ging nicht auf die Frage ein.

„Komm schon Jo, ich bins", harkte der Ältere nach und deutete auf sich, „ Dein Cousin Cailan!"
Jonas Hand umfasste den Griff des Taschenmessers in seiner Jacke und er stellte sich vor wie er Cailan die Klinge in die Brust rammen würde.
Euphorie durchflutete ihn bei dem Gedanken wie er ihn aufschlitzen und das Blut heraus treten würde, so rot wie die funkelnden Rubine, die seine Mutter immer an den Ohren trug.
Er mochte die Farbe rot.

„Cousin Cailan der die Bank auf meine Füße fallen lassen hat?", wollte Jonas nun wissen und kam aus seinen Tagträumen zurück.
Seine Hand umklammerte immer noch das kleine Messer.
„Weißt du...Dein Cousin Cailan hat auch mal scheiß Tage im Leben", antwortete der blonde Junge und legte ihm einen Arm um die Schulter.
Hastig, so als hätte er sich verbrannt, schüttelte Jonas diese ab und tat einige Schritte zurück.
„Also hast du jedes Jahr 365 schlechte Tage?", fragte er dann und blinzelte zu ihm hoch.
Er hasste es angefasst zu werden, was Cailan wusste.
Und genau deswegen, tat er es jeden Tag aufs Neue, einfach nur um ihn zu nerven.
„Naja...", sagte eben genannter und vergrub die Hände in seinen Hosentaschen, „Manchmal sind es auch 366 Tage im Jahr."¹
Jonas lachte gespielt auf und leckte sich dann über die trockenen Lippen.

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