Gott hat einen Plan.
Einen Größeren, als du es dir je vorstellen könntest.¹
Vertrau ihm, und vertraue mir, ich weiß, dass Lydia die Richtige sein wird.
Sie ist die, die mich glücklich macht, die, die meine Kinder in sich tragen wird.
Ich hoffe, du kannst sie bald selber kennen lernen.
- H(Aus einem Brief von Hercai Creek, August 1945,an seinen jüngeren Bruder Alper Creek)
☽Hercai Berkant Creek☾
Darcia, Eileen
Neptun Promenade
1945, Oktober„Warum sollte man nicht die Hauptrolle in seinem eigenen Leben sein?Warum sollte ich mir über andere Menschen Gedanken machen, die bloß Nebenrollen in meiner eigenen, großartigen Geschichte sind?", las Hercai vor und strich mit seiner freien Hand durch Lydias Haare.²
Es war ein angenehmer Oktober Sonntag, kurz vor 12 Uhr und um sie herum war es herrlich still.
Beide befanden sich an der Neptun Promenade, im westlichen Teil von Darcia, und saßen auf den Meerestreppen³, von denen sie direkt zum Hafen blicken konnten.Die Meeres Treppen waren große weiße Stufen, die direkt ins Meer führten, und ein stark besuchter Ort im Sommer, meistens von Jugendlichen.
Jetzt aber saßen bloß Hercai und Lydia dort, letztere hatte ihren Kopf auf dem Schoß ihres Freundes platziert und ihre Augen geschlossen.Die einzigen beiden Dinge, die zu hören waren, waren das Rauschen des Meeres und seine Stimme, die dabei war die Briefe die er so liebte, vorzulesen.
Hercai hob seinen Blick kurz und schaute auf die Meeresoberfläche, auf der sich einige Möwen niedergelassen hatten und sich treiben ließen.
Weiter entfernt konnte er das Hupen von einigen Schiffen hören, die vom Hafen ablegten, und trotzdem schienen alle Geräusche miteinander zu harmonieren.
Lächelnd blickte er auf sie hinunter und wendete sich dann wieder dem Brief zu.„Falls es unter euch welche gibt die ihre Freunde und Familie über sich selbst stellen, dann will ich genau euch ein kleines Geheimnis verraten: Ihr werdet alle alleine sterben."
Lydia blinzelte kurz und sah ihm in die Augen.
„Ziemlich düstere Worte für einen Motivationsbrief, findest du nicht?", fragte sie.
Hercai lachte kurz auf und legte den Brief neben sich, „Es sind keine Motivationsbriefe, es sind Worte zum Reflektieren, man soll nachdenken."Lydia verzog beim letzten Wort das Gesicht, so als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Sie hatte ein so wunderschönes Gesicht.
Sie war eines dieser besonderen Kunstwerke von Gott, eines bei dem er sich besonders viel Mühe gegeben hatte.
„Und jeden Oktober sendet sie sowas raus? Damit ihr...nachdenkt?", fragte sie nun erneut.Hercai griff erneut nach dem Brief und sah sich das Stück Papier genauer an.
Oben auf dem Kopf stand das heutige Datum‚ 01.10.45'.
Darunter waren die Buchstaben ATD, Anonyme tote Dichter.⁴
Es war eine kleine Schreib Gemeinschaft aus Marbolo, die in den letzten 3 Monaten des Jahres Briefe schrieben, Briefe an den Oktober, den November und den Dezember.Er liebte diese Briefe und hatte mittlerweile einen ganzen Schuhkarton voll mit ihnen.
Zuhause bei ihnen kam jeden Morgen ein Mann auf dem Fahrrad mit einer riesigen Kiste hinten drauf vorbei, alle nannten ihn nur den ‚Brief Onkel'.⁴¹In der Kiste waren dann immer mehrere Kopien von den Briefen der ATD, die an alle verteilt wurden, es war fast schon wie eine heilige Schrift bei ihnen im Ort.
Manchmal, nach den Freitagsgebet, saßen sie alle im Café und diskutieren über den jeweiligen Brief, welcher am Ende immer eine Frage an den Leser beinhaltete.
DU LIEST GERADE
November
FantasyIm Jahr 1945, brechen auf den Straßen Darcias Unruhen aus, als Hercai Creek mit Lydia Black abhaut. Seit jenem Tag scheinen alle Augen auf Theodore, Lydias jüngeren Bruder zu liegen, der versucht die Neugierde der Straßenmenschen zu seinen Gunsten...