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Ich denke oft über den Zirkus nach, die vielen bunten Lichter und die lachenden Menschen. Es war einer der letzten schönen Erinnerungen, die ich an meine Schwester hatte..."

[Aus Theodore Blacks Tagebuch, Juni 1957]

November Theodore Black

Darcia, Eileen
Phantomgassen, Wohnblock E
1945, September

„Kommt näher und trefft den Legendären und Wahrhaftigen, RASPUTIN! Den Liebhaber der Russischen Königin", rief ihnen ein Mann im schwarzen Anzug entgegen.

Bereits vor dem Eingang des Platzes tummelten sich viele verschiedene Personen, die meisten aber standen an dem großen schwarzen Stand, abseits vom Hauptzelt.

Neugierig drehte Theo sich um, in die Richtung des Rufes und sah dann wieder zu Lydia und Hercai hin.

„Russische Königin?", fragte er verwirrt.
Noch nie hatte er etwas von einem Rasputin oder einer russischen Königin gehört.

Er wusste nicht einmal, was russisch war.
Hercai hob die Augenbrauen und sah ihn überrascht an.
„Du kennst nicht die Geschichte von Rasputin?", fragte er ihn.

Theo schüttelte nur den Kopf und sah zu Lydia hin, die ihre Hände tief in ihrem Mantel vergraben hatte und ihn genauso überrascht anlächelte.

Immer mehr Menschen drängten sich in die Richtung des schwarzen Podestes und riefen den Namen den Theo noch nie gehört hatte.
„RAS PU TIN! RAS PU TIN! ", schrien sie alle im Takt und klatschten dabei in die Hände.

Lydia griff lachend nach seinem Arm und zog ihn mit in die Menge, gefolgt von Hercai.
Die Menschen sprangen und klatschten, versuchten alle einen Blick auf die Bühne zu erhaschen, zu der Lydia ihn nun zog.

Er hatte kurz das Gefühl keine Luft zu bekommen, als sie sich durch die vielen anderen Personen drängten, und war erleichtert, als sie endlich zum stehen kamen.

„Das musst du sehen, Vertrau uns", sagte Hercai, der nun hinter ihm stand und seinen Blick auch auf die Bühne richtete.
Drei Frauen, gekleidet in bunte Tücher und glitzernden Westen standen dort, auf jeden der Köpfe thronte ein goldener flacher Filzhut.

Vor ihnen, in der Mitte, hockte eine dunkle Gestalt, die er nicht wirklich erkennen konnte, da die Scheinwerfer auf die Frauen gerichtet waren.

„Kennst du die Geschichten im Russland?", fragte Hercai ihn.
Vielleicht hätte er doch in der Schule aufpassen sollen, dachte er sich innerlich und schüttelte bloß den Kopf.

Lydia, die ihnen zugehört hatte, lehnte sich zu ihnen rüber.
„Russland soll nach den Legenden wohl ein großes kaltes Land sein, mit unbesiegbaren Menschen die ihren Körper nur mit Alkohol warmhalten", fing sie an zu erzählen und lächelte dabei wie ein Kind, „Es sind alte Heldensagen der Negros."¹¹
Hercai sah sie strafend an, als sie redete, „Sag nicht Negros sonder Titanen!"
Der Junge blinzelte, „Was heißt Negros?"
„Es heißt schwarz, weil die Titanen ja alle schwarze Haut haben", antwortete seine Schwester und verschränkte die Arme.
Theodore erinnerte sich wie Odell mal drüber gesprochen hatte, von Rassen und Evolution. Und er erinnerte sich auch daran, wie wenig es ihn interessiert hatte.
„Manche sagen sie tragen das Fell von Tieren als Kleidung", fügte Hercai hinzu und beobachtete wie der Jüngere sein Gesicht verzog.

„Die tragen Haut als Kleidung?", fragte er angeekelt und sah wieder zu der Bühne hin.
Die Hüften der Frauen fingen an, sich zu bewegen, und leise Töne der Musik erklangen.

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