❸⓿ 🅖🅞🅣🅣 🅦🅘🅡🅓 🅓🅘🅒🅗 🅔🅡🅗ö🅡🅔🅝

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„[...] Gott, ich suche Zuflucht vor dem Teufel, bitte schütz mich. Schütz mich vor Lydia Black"¹¹

[Aus einem Gebet von Hercai Creek 1966]

Hercai Berkant Creek

Darcia, Eileen
Breite Straße
1945 Oktober

Es war spät am Abend, als er in seine Wohnung trat.
Die Straßen waren voll mit Menschen die sich an den Lichtern der Nacht amüsierten.

Hercai war aber nicht danach sich zu amüsieren.
Nach dem Gebet war er durch die Stadt gelaufen, ohne ein bestimmtes Ziel.
Einfach nur um den Kopf leer zu bekommen, um sich etwas entspannen zu können.

Leider musste er feststellen, dass seine Gedanken in der Stille noch lauter wirkten, weshalb er beschlossen hatte, den Weg nach hause einzuschlagen.

„Albay?", rief Hercai durch die große Wohnung und zog seine Schuhe aus.¹
Er ließ die große, massive Tür ins Schloss fallen und sah sich in der Eingangshalle um.
Einige Kartons waren entlang der Wand gestapelt, die ganze Wohnung war voll davon.
Sie wollten noch diesen Monat zurück nach Marbolo gehen.

Als Hercai keine Antwort erhielt, lief er mit müden Schritten durch die große Halle und kam im Wohnzimmer an, wo er Albay vorfand.
Sein Freund saß mit einem Brief in der Hand auf dem Sofa, die Beine übereinander geschlagen.

„Hey Mann", antwortete er, ohne aufzusehen, die braunen Augen auf die Zeilen fokussiert.
Das Wohnzimmer war nicht so groß wie das Zuhause in Marbolo, aber es war gemütlich.

Im Sommer hatten sie immer die Möbel so verschoben ,dass die Sofas direkt vor dem Balkon standen.
Dann konnten sie direkt hinunter auf die Straßen blicken und hatten die Welt zu ihren Füßen.
Einige Male hatte er sogar Lydia mit hierher gebracht.
Hercai seufzte kurz und ließ sich auf dem Sessel ihm gegenüber nieder.

„Und? ...Hat Lydia sich endlich entschieden?", fragte Albay ihn beiläufig.
„Nein", antwortete Hercai grob und legte seine Füße auf den kleinen Couchtisch.
Er hörte das Rascheln von Papier und dann Albays verwirrte Stimme, „Du meintest doch, dass du sicher wärst sie würde mitkommen."

Ein kurzer Seufzer seinerseits erklang und er setzte sich gerade auf, das Gesicht in den Händen vergraben.
„Das war ich mir auch aber...ich weiß nicht, worüber sie so lange nachdenkt... Sie hasst es hier und redet ganze Zeit drüber woanders hinzugehen. Jetzt gebe ich ihr genau diese Chance und sie zögert", sagte er mit genervter Stimme und sah zu seinem Freund hin, der sich nun erhob und in die Küche ging.

Albay Genel war für ihn wie ein Bruder, sie wuchsen zusammen auf, und er kam zusammen mit ihm hierher nach Darcia.
Es war vorherbestimmt, dass sie sich gut verstehen sollten, immerhin würden sie sich irgendwann die Leitung über die Creek Werke teilen, wie ihre Väter vor ihnen.
Hercai hörte klappernde Geräusche aus der Küche und sah dann einige Minuten später, wie Albay mit zwei Gläsern zurückkam, beide mit schwarzem Tee gefüllt.²

Für die schwachen Nerven.
Dankend nahm er das Glas in die Hand und lehnte sich wieder im Sessel zurück, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Die Wärme der Flüssigkeit drang durch das dünne Glas an seine Finger, vertrieb jedoch nicht die Sorgen in ihm. Hercai warf zwei Zuckerwürfel hinein, sah zu wie sie die Flüssigkeit langsam aufgesogen und sich dann auflösten. Der Sessel war ungemütlich und drücke an seinem Rücken, und er bekam diesen Straßen Geruch einfach nicht aus der Nase.
Hier in Darcia war alles voller Gebäude und Smog, und wie er feststellen musste, gab es dort keine richtige Aussicht.

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