6|Schwerelosigkeit

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[Charity Refugee in einem Brief, Juli 1972, über ihre Ehe]

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[Charity Refugee in einem Brief, Juli 1972, über ihre Ehe]

Charity Black

Darcia, Eileen
Bäckerei
Oktober, 1945

Charity Black war verliebt. Zum aller ersten mal schien sie das Gefühl von Liebe zu empfinden, welches ihre Schwester immer so hoch gepriesen hatte.
Und sie hasste es.

Sie hasste es wie aufgeregt sie war, wie schnell ihr Herz schlug und die lächerlichen Szenarien in ihrem Kopf.
Sie hasste es, wie sie das Stück Draht um ihren Finger trug, als wäre es besonders, und die Art wie sie sich extra für ihn hübsch machte.
Sie hasste Timothy Royce.
Jedenfalls hatte sie das vor, irgendwann. Aber es war schwer jemanden zu hassen, der einem zuhörte und zum lachen brachte. Und obwohl Charity sich nie nach jemanden wie ihm gesehnt hatte, musste sie zugeben, dass es irgendwie doch schön war.
Das Wissen, zu jemanden gehen zu können.

„Du hast daran gedacht!", sagte Charity und griff nach der braunen Papiertüte die Timothy ihr reichte.
Sie waren wie immer im Hinterhof der Bäckerei und genossen die abendliche Sonne, die sich nun wie eine Decke über die ganze Stadt legte.
Charity mochte keine Sonnenuntergänge, weil diese sie zu sehr deprimierten.
Viel schöner waren die Sonnenaufgänge am Morgen.
Timothy beobachtete wie sie die Papiertüte aufmachte und grinste dabei verlegen.
Lächelnd griff sie in die Tüte und zog dann einen warmen Burger hervor, „Meine Lieblingsburger! Wenn ich sterbe, dann-"„dann wird das deine letzte Mahlzeit, ich weiß", unterbrach er sie immer noch lächelnd und sah dann zu wie sie in den Burger biss. Das warme Gefühl von Fleisch mischte sich mit der kühlen Soße und löste etwas wie Seelenfrieden in ihr aus.

Seufzend nahm sie einen weiteren Bissen und klappte dann mit vollem Mund den Deckel des Burgers auf, um die sauren Gurken rauszupicken und sie ihrem Gegenüber zu reichen.
„Weißt du, wenn du die Gurken nicht magst, dann kaufe ich nächstes mal ohne sie", sagte Timothy dann und schmiss sich die kleine Gurke in den Mund. Hinter seinem Ohr klemmte immer noch die Zigarette, die sie ihm am morgen gegeben hatte.
„Ich mag das Aroma, dass die Gurken auf den Burger geben, aber nicht die Gurken", erklärte Charity dann und nahm einen weiteren bissen. »Und ich weiß wie gerne du die Gurken isst«, dachte sie sich stumm im inneren und dachte an die vielen male, bei denen sie die Gurken einfach wegschmeißen wollte, er aber meinte es sei der beste Teil.
Sie faltete das Papier etwas zurück, besah sich dann kurz das Innere und biss dann erneut ab.

„Hast du gehört was man auf Platz 13 gefunden hat?", fragte er sie dann und nahm Daumen und Zeigefinger in den Mund.
Charity schüttelte den Kopf und lehnte sich gespannt mit dem Rücken gegen die Wand.
Ihr Blick fand seinen und sie sah leichte Sorge in ihnen. „Du kennst doch den Mann aus der Pathologie oder? Der jeden Samstag Brötchen kauft.", fragte er sie zuerst und sah sie dann an.
Charity runzelte die Stirn und nickte, „Herr Galenus, ja... Jeden Samstag ein Brötchen mit Blutwurst..."¹
Der blasse Mann mit den dunkel unterlaufenen Augen machte ihr Angst, aber auf eine merkwürdige weise die sie nicht deuten konnte.
Er lächelte immer, war freundlich und redete gerne.
Über das Wetter, die Börse und den Tod. Besonders den Tod.

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