„Manchmal versuche ich mich daran zu erinnern wie sie aussah und was für eine Farbe ihre Augen hatten. Aber alle Erinnerungen sind verschwommen und verblasst. Da ist nichts mehr von meinen Schwestern"
[Lydia Black, irgendwann in den 1960ern]
❁Lydia Lucrezia Black❁
Darcia, Eileen
Wohnblock E, Phantomgassen
Oktober, 1945Warum konnte kann man nur die, die man liebte enttäuschen? Warum hatten ihre Taten Folgen für die anderen? Warum waren Emotionen so kompliziert?
Lydia lag nachdenklich auf ihrem Bett und streckte die Hand nach den Sonnenstrahlen aus.
Lächelnd beobachtete sie, wie ihre Fingerspitzen die hellen Strahlen erreichten und ließ sie dann ein wenig tanzen.
Im Winter gab es immer so wenig Sonne oder Wärme. Würde es nach ihr gehen, wäre das ganze Jahr über Sommer, und die Sonne würde nie untergehen. Sonnenuntergänge machten sie immer so traurig, aber sie stellte sicher ihn immer zu sehen. Denn wer wusste schon ob die Sonne je wieder aufgehen würde? Vielleicht war es das Ende der Welt. ¹Sie ließ ihren Arm sinken und vergrub die Finger in den dünnem Laken, um tief ein und aus zu atmen. Sie wollte gehen, sie würde gehen, sie sollte gehen. Ihre Gedanken drehten sich wie ein Karussell in ihrem Kopf, leuchteten und bereiteten ihr Kopfschmerzen.
Das Karussell aus dem Zirkus hatte genau so geleuchtet und kurz musste sie wieder an Theodore denken, und alles drehte sich weiter.„Lydia", sagte Charity dann und brachte das Karussell zum stillstehen.
Rechts auf einem anderen Bett saß ihre Schwester mit angewinkelten Beinen und blätterte in der Zeitung von gestern herum. Nun aber, lag ihr Blick auf Lydia.
„Was?", antwortete diese nur und drehte sich seitlich zu ihr. Charity faltete die Zeitung zusammen, knickte sie in der Mitte und konzentrierte sich dann auf einen Artikel.
„Creek Werke holen auf", las sie vor und sah dann kurz von der Zeitung zu ihr, „Bereits 1924 hatten Lilac und Bossa Nova die Idee eines Lufsackes gehabt, die Insassen vor Aufprällen bei Autounfällen schützen sollten. Diese sorgten aber bei ihrer Entfaltung für schwere, mitunter tödliche Verletzungen und wurden vom Markt zurückgezogen-" „Charity was soll die scheiße?", unterbrach sie ihre Schwester und seuftze dann.²
Charity aber hob nur den Finger und las dann weiter, „Zwei Jahrzehnten später wagt sich Creek ebenfalls an die Idee, und spricht von einen Meilenstein in der Automobilbranche. Bis zum Sommer 1946 soll der erste funktionale Luftsack in Marbolo, Eileen erscheinen!"Lydia schwieg und sah Charity an. Diese starrte nur mit gehobenen Augenbrauen zurück. „Ich wusste nicht, dass du dich für Autos interessiert", sagte die Ältere schließlich und grinste dann.
Charity grinste zurück, „Ich wusste nicht, dass dein Freund deswegen Darcia verlässt."
„Ich wusste nicht, dass dich das etwas angeht", sagte Lydia, diesmal ohne ein Grinsen.
Auch Charity grinste nicht mehr, „Und ich wusste nicht dass du eine Einweg Hure bi-" „Ich wusste, wie nervig ihr beide seid!", mischte sich Leyla ein und unterbrach die Schwestern.
Lydia setzte sich auf und drehte sich zur Tür vor ihre große Schwester stand und beide genervt anguckte. Sie mussten das Klopfen wohl überhört haben.
Leyla seufzte, ließ die Tür ins Schloss fallen und lief zu ihnen.Charity, die Zeitung immer noch in der Hand, betrachtete ihre Schwester mit einem kritischen Blick, als würde sie auf ein Schuldgeständnis warten.
Und mit einem mal wurde es Lydia klar. Sie wusste es.
Leyla setzte sich zu den Schwestern und faltete dann die Hände vor ihrem Becken, „Was ist euer Problem?"
Lydia und Charity sahen sich kurz an und blickten dann wieder auf den Boden.
Sie wusste nicht was genau ihr Problem mit Charity war, außer, dass sie ein Problem war.
Ihre Anwesenheit nervte sie, und sicherlich war es umgekehrt genauso.
„Mein Problem ist es, dass meine Schwester eine Lügnerin ist", fing Charity schließlich an und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Haare fielen ihr strähnig in die Stirn und einige hatten sich aus ihrem Zopf gelöst.
Leyla zog ihre Augenbrauen zusammen und wollte zum sprechen ansetzten, jedoch kam Lydia ihr zuvor,„ Ich habe über gar nichts gelogen!"
Ihr Gegenüber lachte und ließ die Zeitung nun neben sich fallen, „Warum bist du nicht ein einziges mal kein Arschloch?"
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November
FantasyIm Jahr 1945, brechen auf den Straßen Darcias Unruhen aus, als Hercai Creek mit Lydia Black abhaut. Seit jenem Tag scheinen alle Augen auf Theodore, Lydias jüngeren Bruder zu liegen, der versucht die Neugierde der Straßenmenschen zu seinen Gunsten...