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Hercai Creek über sein Auto, in 1981]


Hercai Berkant Creek

Darcia, Eileen
Phantomgassen,
1945, September

Leicht lehnte er gegen die Beifahrertür seines Autos und wartete auf die Blacks. Hercai Creek hatte die Phantomgassen noch nie gemocht und noch weniger, dass seine Freundin an so einem Ort wohnte. Dort sammelten sich die ganzen Außenseiter der Straßen und verbreiteten ihre Sünden.

Seufzend drehte er seinen Kopf nach links und sah einem kleinen blonden Mädchen und ihrem Freund zu, wie sie Arm in Arm die Straße passierten. Unwiderruflich Waisenkinder.
Alte Kleidung und wilde Augen die noch nicht gebändigt worden sind. Menschen die von keinem durchs Leben geführt wurden.
„Glaub mir Sam, bald kommt die nächste Katastrophe auf uns zu...", murmelte das Mädchen und verschwand dann in den verwinkelten Gassen. Hercai blickte ihr nach. Irgendetwas lag in der Luft, etwas das nicht greifbar war. Aber er war sich sicher, dass er Darcia so schnell wie möglich verlassen musste.
Die Regierung war schwach, das Volk wütend und unzufrieden.
Er dachte an Lydia, an ihre Augen und daran wie er es am besten erklären konnte. Es war eine gewagte Entscheidung, die er heute Abend treffen würde. Er blickte wieder zur gegenüberliegenden Straße und sah von weiten zwei Lockenköpfe auf sich zukommen, woraufhin er unwillkürlich grinsen musste.
Theodore und Lydia.

Er stieß sich von der Tür ab und lief zwei Schritte nach vorne, ohne die beiden aus den Augen zu lassen. „Lydia", sagte er dann und streckte seine Hand nach ihrer aus, sobald sie in der Nähe war. Lächelnd umfasste sie seine Hand und ließ sich dann in eine Umarmung ziehen.
Er roch Kirschen und eine leichte Note von Orchideen, den Lydia immer versprühte. Hercai löste sich aus der Umarmung und sah dann zu Theodore hin, der etwas verloren neben ihnen stand. „Fahren wir mit dem Auto?", fragte dieser dann, als Hercai zur Seite trat. Grinsend nickte er und deutete auf die Hintertür. Der Junge blickte von der Tür zu ihm, und dann zu seiner Schwester, um sich eine Bestätigung einzuholen.
Er hörte Lydia leise aufseufzen, bevor Theos Grinsen noch breiter wurde und er aufs Auto zuging.
Vielleicht mochte er das Auto sogar mehr als er Hercai mochte, was er ihm nicht übel nahm.

Er hatte eine feste Liste im Leben, von Sachen die er liebte. Ganz oben war Gott, dann seine Familie, Lydia und sein Auto, Kiraz¹. Als er ihr den Namen gegeben hatte, hatte Lydia nur die Augen verdreht und ihn ausgelacht.
Aber in seinen Augen brauchte jedes Auto einen Namen, und sein roter Chevrolet war seinen Namen würdig.
Manchmal musste er dann an Lydias rote Lippen denken, oder die Kirschen, die sie so gerne aß.
„Wir wollten noch reden", sagte Lydia und lenkte seine Aufmerksamkeit vom Auto auf sie. Theodore war bereits im Auto und fuhr mit seinen Finger die Lederprägungen der Sitze nach.
Hercai verzog das Gesicht als hätte er in eine Zitrone gebissen und schüttelte dann den Kopf.
„Nicht jetzt", antwortete er und deutete dann auf den Beifahrersitz, „wenn wir da sind, versprochen."
Er sah wie Lydia ihren Kiefer anspannte, dann aber nachgab und die Arme verschränkte.
„Versprochen?", fragte sie und sah ihm in die Augen. Hercai nickte. „Versprochen."

Er ließ den Motor aufheulen, ein-zwei mal, bevor er aufs Gaspedal drücke und den zweiten Gang einlegte. Die Lichter der Straßenlaternen glänzten auf der roten Motorhaube und die Menschen auf dem Bürgersteig huschten an ihnen vorbei.
Er mochte das Auto fahren, das Gefühl von Geschwindigkeit und die damit verbundene Ruhe. Seine Augen wanderten zu Lydia neben ihm, die sich am Rand ihres Sitzes festklammerte, so sehr, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Er grinste leicht und sah vom Spiegel aus wie Theodore sie beobachtete. Und unwillkürlich fragte er sich was aus ihm werden würde, wenn Lydia ging.
Die Ampel schaltete auf rot, und er ging vom Gas runter, hinüber in den Leerlauf. Sachte drückte er auf die Bremse und brachte das Auto zum stehen.
Hercai konnte Theodore gut leiden und er wusste dass es umgekehrt genau so war. Aber würde der Junge ihn immer noch mögen, wenn er wüsste was er mit seiner Schwester tun wollte?

„Wie lange dauert es noch?", fragte Lydia dann und lockerte ihren Griff etwas. Hercai sah auf die Uhr in der Konsole und dann wieder zur Ampel hin. „10 Minuten schätze ich."
Sie seufzte und strich über den Stoff ihres Mantels. Seit sie zum ersten mal in einem Auto gesessen hatte, hatte sie es gehasst. Das hatte er ihr sofort angesehen. „Ich mag lange Autofahrten", schaltete sich Theo von der Rückbank ein und lehnte sich zu ihnen nach vorne.
Lydia verdrehte die Augen und drückte ihre Hand in sein Gesicht, damit er wieder nach hinten verschwand, „Niemand hat dich gefragt Teddy."

Die Ampel schaltete auf grün und Hercai fuhr los, seine Aufmerksamkeit immer noch auf die Geschwister gerichtet. Er freute sich von Darcia bald weg zu sein, zurück nach Marbolo, seine Heimatstadt. Aber gleichzeitig fühlte er sich schuldig die Black Geschwister zu trennen, vielleicht für immer. Weswegen er umso mehr hoffte dass Theodore den Zirkus mochte.
Wenn er Lydia mitnahm, wollte er ihm einige gute Erinnerungen lassen.

„Wollte Charity nicht mit", fragte er dann und setzte gleichzeitig den Blinker, bevor er nach rechts abbog.
Die gepflasterte Straße rüttelte das Auto etwas durch, wurde nach einigen Metern aber von glatten Asphalt abgelöst. Durch den Rückspiegel sah er wie Theo zu seiner Schwester hin blickte, die nur mit den Schultern zuckte.
„Nein, sie hatte wohl keine Lust", antwortete sie dann, woraufhin ihr Bruder nur zustimmend nickte.
„Charity ist nicht gerne draußen. Nur Lydia und ich", sagte er dann und lächelte seiner Schwester zu.
Hercai nickte nur und lächelte gezwungen und versuchte sich auf die Straße zu konzentrieren.
In seinem Inneren vermischten sich Freude und Schuld zusammen und kreierten ein merkwürdiges Gefühl in seinem Bauch.
„Da wird es aber keine Clowns geben, oder?", fragte Theodore dann mit unruhiger Stimme und lehnte sich etwas vor.
Hercai grinste und sah aus dem Augenwinkel wie Lydia sich die Hand vor dem Mund hielt. Er drehte das Lenkrad nach rechts und schüttelte dann den Kopf, „Nein, Nein, keine Clowns."
Erleichtert atmete der Junge aus und ließ sich in den Sitz zurückfallen. Vage erinnerte Hercai sich daran, wie Lydia erzählt hatte, dass ihr Bruder panische Angst vor den bunten Figuren hatte.
„Versprochen?", harkte er dann nach. Hercai hörte auf zu lächeln und wurde wieder ernst, Lydia lächelte immer noch.
Und er dachte daran, dass sein Wort sowieso nichts wert sein würde, „Versprochen."

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Fact: Kiraz war eigentlich eine Band, die ich mir angehört hatte, wenn ich Hercais Kapitel schrieb.

¹= Kiraz bedeutet Kirsche auf Türkisch. Der aufmerksame Leser hat vielleicht schon entdeckt, dass einige Gegenstände und Farben öfters auftauchen, eine Ahnung was die einzelnen Sachen symbolisieren sollen ;)?

Musik: Anlasana von Ilhan Irem. Ich habe dieses Lied mal irgendwo gehört, weiß aber nicht mehr wo.
Es war irgendwie romantisch aber auch tragisch. Und ich hab mir vorgestellt, wie ein alter Mann in einem Sessel sitzt, und dieses Lied auf seinem Plattenspieler hört.
Es ist eine moderne Zeit, aber der Mann will trotzen und lässt nicht zu, dass die Zeit in sein Haus eindringt. Er trägt alte Kleidung, besitzt alte Möbel und hört Platten, die ihn an früher erinnern.
Weil er sich nach der Vergangenheit sehnt und nicht für die Zukunft bereit ist.
Und irgendwann versteht ihr vielleicht, warum ich fand, dass es zu Hercai passt.

Das Lied heißt übersetzt "Versteh es doch", einige Zitate „Du hast deine Erinnerungen und Hoffnung bei mir gelassen"

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