❷❶ 🅛🅘🅔🅑🅔 🅘🅢🅣 🅑🅛🅘🅝🅓🅗🅔🅘🅣

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Liebe ist Blindheit.¹¹

(Aussage von Jonas Piccadilly aus Dezember 1954, nach dem Mord an seiner Familie)

Jonas Piccadilly

Darcia, Eileen
Platz 13, Piccadilly Zirkus
1945,Oktober

„Scheiße Eve", sagte Jonas nur schlecht gelaunt und deutete auf die tote Schlange hin.
Ihr Kopf lag abgetrennt auf dem staubigen Boden, daneben eine große Schaufel, an der immer noch Blut klebte.

Evelyn, seine Kleine, etwas mollige, Schwester stand neben ihm und hob unschuldig die Hände.
„Es war Schicksal, dass sie zwischen diese Schaufel geraten sollte", antwortete sie mit ruhiger Stimme und lehnte sich gegen die Laterne.

Als Jonas heute Mittag aufgewacht war, wusste er ganz genau, dass der Tag scheiße werden würde.
Und seine Intuition hatte ihn nicht enttäuscht, als er aus seinem stickigen Trailer trat und von weiten schon die streitenden Zwillinge hörte, was nie ein gutes Zeichen war.
Evelyn und Deryn zusammen entwickelten sich immer zum Problem.
Jedoch hatte es ihn etwas überrascht, dass es schon so früh am Morgen war.
Als er dann zu dem Trailer der beiden, die sich direkt nebeneinander befanden, hin trottete und die beiden um die kopflose Schlage stehen sah, hatte er nur genervt den Kopf geschüttelt.

„Und warum hast du sie jetzt getötet?", fragte er jetzt und dehnte sich etwas.
Bestimmt müsste er den Dreck jetzt wegmachen, so wie er jede Drecksarbeit erledigen musste.
Er betrachtete aus den Augenwinkel die glänzenden Schuppen der Schlage, die nun mit roter Flüssigkeit besprenkelt war und in Schein der Sonne vor sich hin glänzte.
„Ich habe sie nicht getötet", sagte Evelyn scheinheilig, „Ich habe ihr nur den Kopf abgetrennt."

Verwirrt sah Jonas sie an.
„Das fällt normalerweise unter die Kategorie Töten."
Er nahm die Schaufel in die Hand und stupste damit vorsichtig den Kopf der Schlange an, nur um für alle Fälle sicherzugehen.
Er hatte mal gelesen, dass sie noch Stunden nach ihrem Tod zubeißen konnten.¹¹
„Er hat sein scheiß Tier in meinen Trailer kacken lassen", sagte sie nur, so als würde es alles erklären.
Deryn neben ihr funkelte sie nur wütend an und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Knochen am Handgelenk trat ekelhaft davor und erinnerte ihn an das helles Leder, das über die Fahrsitze der Wohnwagen gespannt war. Es wirkte so, als könnte es zerreißen, würde er seine Hand etwas mehr bewegen. Deryn war unfassbar dünn und fast so groß wie er selbst, Jonas war sich sicher er würde ihn einmal einholen. „Was für ein Tier?", fragte Jonas schließlich und blickte zu Deryn.

Dieser sah nur wütend zu der kleinern hin, „Verdammt, ich habe niemanden irgendwo hinkaken lassen, aber dir hat jemand ins Hirn geschissen s-"„Du bist scheiße Deryn!", unterbrach sie ihn nur und trat mit dem Fuß auf den Boden. Ihr Gesicht wurde etwas roter und die Haare standen durch den Wind etwas vom Kopf ab.
Jonas sah nach links, wo er ein leises Lachen hörte und entdeckte Cailan, der mit einem Sandfarbenen Hund gegen seinen Trailer lehnte und die Szenerie lächelnd beobachtete. Neben ihm stsmd Vincent und kraulte den Hund hinter seinem Ohr. Er lächelte ebenfalls, jedoch war das dieses etwas in seinen Augen, dass Jonas nicht beschreiben konnte. Irgend etwas war passiert, das war sicher.
Wobei er sich aber bei weitem mehr sicher war, war der Fakt, dass die Brüder etwas damit zu tun hatten, was gerade zwischen den Zwillingen passierte.
Tiere irgendwo ihr Geschäft machen zu lassen oder es sogar selbst zu tun, war die Handschrift von Cailan Kasselowski. Ihre Blicke kreuzten sich, das Lächeln verblasste und Cailan nickte ihm zu.
Jonas nickte zurück und sah wieder zu seinen Geschwistern.

„Räumt das weg, bevor Mom das sieht", sagte er nur zu Evelyn und ignorierte die Diskussion der Zwillinge. Viel mehr Aufmerksamkeit zogen ihre Fingernägel auf sich. Jonas verfolgte die Hand, die wild am gestikulieren war und entdeckte eine schwarze Schicht von Schmutz, die sich da zwischen Nagel und Haut ansammelten. Bilder entstanden in seinem Kopf, von wo all das wohl kam und was sie angepasst hatte. Wahrscheinlich würde sie mit diesen Händen auch kochen.
Von weitem hörte er das Aufheulen eines Motors, der Krachen von einee Zusammenfallenden Bank, gepaart mit lauten Fluchen. Sie waren wieder am abbauen um bald weiter zu ziehen. Jonas seufzte und wollte sich wegdrehen, als er die Stimme der Person hörte, der er als Letztes hier haben wollte.
Seine Mutter.

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