2|Aurora

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Liebes Tagebuch,
gestern ist das passiert, was ich immer gewollt habe, aber nun mein Ende sein könnte: Ich bin schwanger!
Nick freut sich sehr, aber ich kann es nicht.
Weil ich ganz genau weiß, was dieses Kind bedeuten würde, für mich und meine Karriere.
Mama sagt sie hätte eine Frau gefunden, die sich gerne um ihn kümmern würde, Dorothe Dumos... Und irgendwann, wenn das Schicksal es will, komme ich zurück nach Darcia und sehe mein Baby wieder.
-Anabelle

[Tagebucheintrag von Anabelle „Aurora" Fontane, Dezember 1927 über ihr ungeborenes Kind]

Samuel Fontane

Darcia, Eileen
Fundgrube, Phantomgassen
Oktober, 1945

Er hatte den Schlag kommen sehen, aber nicht den Schmerz der daraufhin folgte.
Keuchend ging Sam zu Boden, hielt sich den Magen und senkte den Kopf.
Eine Hand umfasste sein Kinn, zwang ihn hochzusehen, nur um einen weiteren Schlag zu kassieren.
„Verdammt Sam!", rief sein Peiniger nur und wollte zu einem weiteren Schlag aushohlen. Abwehrend hob der Blonde seine Hände über den Kopf und versuchte aufzustehen, „Scheiße Mann, ich wusste nicht, dass sie verschwinden würden!"

Er hörte zusammenhangloses Gerede durch die Türe und das Vibrieren der Glühbirne über ihn, die den Raum schwach beleuchtete.
Vor ihm stand der Mann Caudillo¹, die geballte Faust in der Luft und den Blick auf ihn gerichtet.
Sam hörte, wie er ein- und ausatmete, in Hoffnung sich zu beruhigen und richtete sich langsam auf.
Er hatte reingeschissen und steckte da jetzt tief drinnen. So tief, dass er in Scheiße schwimmen könnte.
Die Piccadillys waren früher abgereist als sonst, und am Morgen, als die Diablos ankamen, waren sie schon weg.

Umso wütender war Caudillo also gewesen, als sein Ziel, mitsamt Charlie verschwunden war.
Und Sam durfte diese Wut nun ausbaden. Sierra Wilde hatte ihm erzählt sie würden noch länger bleiben, bis zum Oktober.
„Ich habe noch etwas", versuchte Sam sich dann weiter rauszureden, die Hände erhoben um Nachsicht flehend.
Sein Magen schmerzte beim reden und er hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Er spürte die misstrauischen Blicke um sich herum, alles Caudillos Leute, mit kahlrasieren Köpfen und schwarzen Tätowierungen.
Sam schluckte und griff dann langsam in seine Jackentasche, den Blick immer noch auf die Faust des Mannes gerichtet.
Mit zittrigen Fingern zog er eine kleine Tüte hervor und hielt sie dem Mann hin, der seine Faust löste und sie ergriff.
Prüfend hielt er sie ans Licht und pitschte mit dem Finger ein zwei mal dagegen.
„0,1?", fragte er. Sam schüttelte den Kopf, „0,2"

Der Mann nickte, und streckte die Tüte nach rechts aus, ohne den Blick von ihm abzuwenden, „Franco, überprüf das."²
Sam sah zur Seite, wo ein Mann mit einer flammenden Sechs auf dem Oberarm hervor trat und nach der Tüte griff.
„Ich habe noch mehr", redete Sam weiter, „Habe noch 2 ganze Gramm von den Piccadillys."
Innerlich dankte er Cailan Kaselowski, der ihm die vergangenen Tage noch einige Gramm gegeben hatte, im Gegenzug für den Tabak der Diablos.
Wenigsens auf einen der Freaks war verlass.
Er sah zur Seite hin, wo Frano prüfend einen winzigen Teil des weißen Pulvers auf seine Zuge legte.²²
„Das ist Hundert Prozentiges Piccadilly Schnee", bestätigte er nach einer Weile
Sam atmete erleichtert aus und dann zu Caudillo hin.

„1 Kilo", beschloss er dann und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sam stutzte, „Was?"
„1 Kilo davon, zur Insel³", wiederholte er und kam einen Schritt näher. Seine Schläfen schmerzten und zogen an seinen Nerven. Hier drinnen war keine Luft.
„Aber ich habe nur 2", sagte er dann und sah ihn bittend an. Der Mann zuckte mit den Schultern.
„Das ist dein Problem", antwortete er, „Wir haben Versace 1 Kilo versprochen, das wir heute besorgen wollten."
Abwehrend hob Sam seine Arme, „Aber-Aber woher soll ich wissen, dass sie mit den Creeks verschwinden?"

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