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Ronald war schon immer da gewesen...Ich kann mich nicht daran erinnern, je andere Affen im Zirkus gehabt zu haben, da meine Mutter normalerweise keine Affen mochte. Aber Ronald war anders, nur für mich bestimmt"

[Erzählung von Jonas Piccadilly über seinen Affen Ronald II, März 1946]

Jonas Piccadilly

Darcia, Eileen
Piccadilly Zirkus, Platz 13
September 1945

Jonas liebte seinen Affen.
Einer der Gründe war, dass er nicht sprechen konnte oder in der Lage war ihm auf die Nerven zu gehen.
Er war kein wirklicher Tierfreund, aber dieser Affe, Ronald II, war etwas Besonderes.

Die Wagons mit den Tieren standen etwas abseits von dem Zelt, in der Nähe der Bahngleise.
Sie hatten einzelne Laternen befestigt, um besser sehen zu können.
Jedoch spendeten sie nicht wirklich viel Licht, wie Jonas feststellen musste, als er durch die Gräser lief und nach seiner Schwester suchte.

„Dove, bist du hier?", fragte er leise und horchte einige Sekunden lang.
Die Nacht war still, und der Vollmond sah schweigend auf die Welt hinunter.
Es raschelte kurz, und ein kleines Mädchen, gerade mal 9 Jahre alt, mit riesigen Augen kam zwischen den hohen Gräsern zum Vorschein.

„Hey Jonas", begrüßte sie ihn lächelnd und winkte mit ihrer Hand zu den Waggons.
Ihre schwarzen Haare waren zu einem Zopf gebunden und standen im Kontrast zu ihrer weißen, porzellanartigen Haut.
Selbst jetzt, in der Dunkelheit der Nacht, schien ihre Haut zu leuchten.

Dove war, wie er selbst, kein Teil von den Shows, sie war noch zu jung um aufzutreten. Aber Jonas konnte sich vorstellen, dass ihre Mutter sie in die Freakshow stecken würde.
Jeder hier nannte Dove ‚Die lebende Puppe'.¹

Und wenn man einmal einen Titel hatte, konnte man sich seinem Platz in der Freakshow sicher sein, so wie bei seinen jüngeren Geschwistern, den Zwillingen.
Deryn und Evelyn an sich waren normal, wenn man die Tatsache ausnahm, dass beide im Kontrast zueinander standen.

Wo Deryn groß war, war Evelyn klein, wo er dünn war, war sie dick, und während Deryn das personifizierte Gute war, war Evelyn das pure Böse.²
Yin und Yang, die Akrobaten Zwillinge.
Jonas war einer der wenigen in der Familie, der keinen Titel trug, der einfach nur normal war.
Und er war froh drüber, lieber ein Niemand zu sein als ein Freak.

Jonas musste unwillkürlich lächeln, als er die kleine Strickmütze auf dem Kopf des Affen sah, und ließ ihn auf seine Schultern klettern.
Jonas nahm seine kleine Schwester an der Hand und lief mit ihr gemeinsam über das Feld.
„Hast du die Zwillinge gesehen?", fragte er sie und ging mit ihr zurück in Richtung der vielen Zelte.

Sie waren weit und breit die Einzigen hier, der gesamte Platz gehörte nur ihnen, den ganzen Monat, bis sie im November wieder abreisen würden.
Aber wahrscheinlich würden sie nach der Sache heute früher gehen müssen.
Alle Leichen wurden irgendwann gefunden.
„Yin und Yang?", fragte sie und griff nach seiner Hand.

Jonas verdrehte kurz die Augen, so wie jedes Mal, wenn jemand zuerst nach den zweien fragte.
Jeder wusste, dass er Aries und Sierra meinte, und trotzdem zwangen sie ihn, ihre Namen explizit auszusprechen.
„Du weißt, dass ich Sierra und Aries meine", sagte er bloß und bog in dem Feldweg ein, der zu ihren Trailern führte.
Jeder hatte seinen eigenen Trailer, welchen sie immer etwas abseits von Hauptzelt platzierten, in dem die Shows stattfanden.

Leise seufzte er und nahm Dove auf den Arm, um sie in ihren Trailer zu tragen, welcher etwas entfernt von allen anderen war. Er hatte es nie hinterfragt warum oder weshalb, wahrscheinlich hatte es seinen Grund.
„Du solltest jetzt schlafen Dove", sagte er nur leise, und machte die Tür auf.
Innendrin sah es genauso aus, wie in einem Puppenhaus, mit vielen Rosa Tüchern und einem kleinen weißen Bett.
Ronald kletterte von seinen Schultern und spazierte auf dem kleinen Holztisch herum, welcher direkt neben dem Eingang stand, während Jonas seine Schwester ins Bett legte.

NovemberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt