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Vincent wurde damals als Mörder gesehen, als denjenigen, der Rasputins Leben beendet hatte. Aber in Wahrheit war Putin der wahre Mörder. Derjenige der Vincent Stück für Stück umgebracht hatte.
Er kroch langsam in ihn hinein und tötete seine Unschuld"

[Asta May, beim Prozess um Cailan Kasselowski]

Vincent Lee Ruadh

Darcia, Eileen
Am Fluss, Platz 13
1945, Oktober

Seine Sicht verschwamm und der Himmel mischte sich mit der Wiese zu einer riesigen Wolke, die sich unter ihn legte und hoch in den Himmel beförderte.
Vincent fühlte sich so unglaublich leicht, als würde er fliegen könnten, wie die Gänse die im Herbst davon flogen.
Und dann, ganz plötzlich stürzte er ab und öffnete keuchend seine Augen. Ihm war schwindelig und etwas benommen, als er versuchte sich aufzurichten. Er spürte weiche Bettlaken unter seinen Fingerspitzen und roch einen süßen Geruch.
Erdbeeren, Kirschen und ein Engelskuss im Frühling...

„Mein Sommerwein ist wirklich aus all diesen Dingen gemacht...", summte eine Stimme und zog Vincents Aufmerksamkeit auf sich. Vor ihm stand Rasputin, mit verstrubbelten Haaren und einem zufriedenem Gesicht. Summend streifte er sich eine Hose über und versuchte den Knopf zu schließen.
„Verdammt...Warum klappt das nie...", murmelte er dann leise und drückte ihn von links nach rechts.¹ Vincent spürte ein stechen in seiner Brust und dann einen plötzlichen Schmerz an seinem Hinterteil. Und wer konnte sich nicht mal richtig aufsetzten, weil es so weh tat.
„Heilige-", stöhnte er dann und versuchte aufrecht zu stehen, „Was war gestern Abend los?"
Rasputin stoppte und sah zu ihm hin. Sein Blick verdunkelte sich und wirkte eine Sekunde lang kalt, bevor er entschuldigend grinste und von seiner Hose abließ, „War wohl zu viel Sommerwein..."

Vincent lachte und stemmte dann eine Hand gegen die Wagenwand. Sein Blick wanderte nach draußen, wo die warme Sonne Marbolos hinein schien.
„Wir sollten jetzt zum Essen oder?", sprach Rasputin weiter und zog sich ein braunes Hemd an. Er nickte ließ seine Schultern kreisen und sah dann an sich herunter.
Einen Schritt nach dem anderen lief er vom Bett zum Flur und wurde dann von Rasputins Hand gestoppt.
„Vergiss nicht Vince", sagte er dann mit erhobenen Finger, „Der Sommerwein ist unser Geheimnis, niemand darf es wissen..."
Benommen sah er seinen Cousin an.
„Vince?"...

„...-Vince!", rief Cailan erneut. Erschrocken sah der Ältere ihn an und blinzelte, bevor er realisierte wo sie standen.
Am Fluss, hinter Platz 13. Die großen Tannen wogen im Wind leicht hin und her, wie bedrohliche Wächter der Nacht, die am Fluss entlang patrouillieren.
„Was ist denn?", fragte er dann und sah seinem Bruder ins Gesicht. Hinter ihm stand Aries Wilde, den Vincent noch nie ausstehen konnte und beobachtete ihn mit kritischen Blick.
Cailan seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Ein kalter Wind wehte und der Mond blickte streng auf sie hinunter.
Als würde er beobachten wollen, dass sie ja nichts Falsches taten.
„Ich habe dich gefragt ob alle sin Ordnung ist", wiederholte Cailan dann und sah ihn dann etwas besorgt an.
Sein Bruder konnte nie wirklich sauer auf ihn sein. Manchmal hatte er das gefühl, Cailan wäre der ältere von ihnen.
Vincent nickte abgesägt und zog dann die Augenbrauen zusammen, „Natürlich, warum nicht?"
Der jüngere schwieg und sah nur zum Fluss hin.
„Weil wir gerade Rasputins Leiche versenkt haben", antwortete stattdessen Aries und trat einige Schritte vor. Seine Hände waren tief in den Jackentaschen vergraben und Vincent fragte sich warum.
Als er dann aber auf Cailans Finger blickte und schließlich auf seine, wusste er die Antwort. „Ist das...?", wollte er fragen, brachte es aber nicht zu ende.
„Hör auf Vince", sagte Cailan nur und nahm ihn am Arm, „Bitte, ich kann nicht mehr."

Der ältere sah von seinem Bruder zu Aries hin und dann wieder zum Fluss. Hatte den niemand daran gedacht, dass Rasputin nicht schwimmen konnte?
„Lasst uns schlafen gehen", beschloss Aries dann und deutete zu dem Wagen hin. Cailan stimmte ihm nickend zu und sah zu seinem Bruder hoch.
Wie konnten sie schlafen gehen, wenn Rasputin noch im Fluss war.
„Aber Putin is-"„Bei Varuna, Halts deinen Mund bevor ich dich auch schwimmen schicke", unterbrach Cailan ihn und sah ihn müde an. Seine Augen hatten dunkle Ringen und waren gerötet.
Und während er in seine Augen sah, dachte er an den süßen Geschmack von Sommerwein...

...Rasputins Konturen verschwammen und überlappten sich, Vincent blinzelte einige male, bevor er nur noch einen einzelnen Putin vor sich sah.
„Vince hast du verstanden?", fragte er erneut.
Vincent blinzelte, lauschte der Stimme von Rasputin, die merkwürdig halte.
Seine Hand klammerte sich an der Fensterbank fest und die Sicht verschwamm. Rasputins Mund bewegungen stimmten nicht mit seinen Worten überein, und alles wirkte zeitlich verzerrt.
„Vincent!", hallte es erneut und eine Hand umfasste ihn an der Schulter. Er mochte nicht die Art wie er zugriff und versuchte sie abzuschütteln. Aber jede Bewegung die er tat, schmerzte ihm und machte sich in all seinen Gliedern bemerkbar.
Er spürte wie seine Kehle sich zuschnürte und versuchte Rasputin in die Augen zu sehen. Und fast dachte er etwas wie Panik und Angst in ihnen zu erkennen, aber nur fast.
Denn Putin hatte nie Angst.

„Niemand darf von dem erfahren, was wir tun, verstanden?", fragte Rasputin dann erneut, und schüttelte ihn kurz.
Vincent nickte grob und schob dann die Hände seines Cousins weg. Irgendwas in ihm wollte etwas sagen. Er hatte ein schlechtes Gefühl, konnte es aber mit keiner Erinnerung in Verbindung setzen.
„Warum dürfen sie das nicht?", fragte er dann und sah zu dem älteren. Dieser schüttelte bloß den Kopf.
„Sie würden es nicht verstehen, niemand würde es verstehen."

Vincent nickte und blickte dann aus dem Fenster, hinüber zu der großen Sonne die dort oben ganz alleine im Himmelszelt stand
Wie ein einsames Schiff im großen unendlichen Meer.

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Fact: Im Kapitelnamen haben wir wieder David Bowies 'Life on Mars'; Sunken Dreams=Versunkene Träume
"So she walks through her sunken dream" In Bowies Song stellt der versunkene Traum die Realität dar, da das Schiff, welches ihre Träume symbolisierte, versunken war.

¹=Die Art wie Putin den Knopf nach links und rechts drückt um das Loch größer zu machen, ist die selbe Art mit der Vincent versucht hat, das Loch in Rasputins Stirn größer zu machen.

-Und wie immer: Das Rätsel um Sommerwein

Musik: "Some Velvet Morning", von Nancy Sinatra und Lee Hazelwood. Habe irgendwie ein komisches Bild im Kopf, von einem Karussell, das sich bei Lees Part ganz schnell dreht, und bei Nancy wie in Zeitlupe. Irgendwie ist es eine surreale Szene, von einem älteren Mann, der mit seinem Zirkus durch die Stadt zieht und Kinder unterhält. Und auf diesem Karussell sieht man viele Kinder sitzen, aber dann wenn Nancys Part kommt verlangsamt sich das Karussell, und man merkt dass all diese Kinder tot sind.
Es sind kleine Mädchen in geblümten Kleidern, der dort mit geradem Rücken sitzen, manche lächeln, andere weinen.
Aber sie alle sind Tot. Und der Mann ist in Wahrheit ein Kindermörder, der die Kinder mit der Musik und den Lichtern des Karussells lockt.

NovemberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt