„Ey, kiekt euch den mal an!", rief eine raue Männerstimme, die nach zu vielen Zigarette und billigem Whiskey klang.
Ich wollte doch nur eine Runde in Frieden spazieren gehen, um mich vor meiner Hausarbeit zu drücken. Nachdem Sandra den Imbiss zugeschlossen und sich verabschiedet hatte, ging ich nicht zu meinem Fahrrad, sondern in Richtung der Lagerhallen, um mich umzusehen. Eigentlich mochte ich diese Industrieromantik. Als ich die Männer sah, die mit Flaschen in der Hand vor einer Halle an einem Container lehnten, musste ich schlucken. Schnell bereute ich den Spaziergeh-Plan. Es waren 4 breite Typen und sie sahen echt finster aus. Eigentlich wollte ich den Kopf einziehen und schnell umdrehen, doch es war zu spät. Sie hatten mich schon bemerkt und kamen jetzt bedrohlich auf mich zu.
„Na, hast dich wohl verlaufen, du Tunte!", rief ein anderer. Ich wollte mich gerade umdrehen, da hatten sie mich schon eingekesselt.
„Ey Leute, ich will echt keinen Stress!", stieß ich hervor und hob beschwichtigend die Hände. Die Situation schnürte mir den Hals zu. Ich war zwar relativ groß, doch hatte kaum Muskeln. In den wenigen Prügeleien, an denen ich bis jetzt beteiligt gewesen war, hatte ich immer den Kürzeren gezogen.
„Wat willst du hier, Zecke!", stieß jetzt der bullige Typ wieder aus.
Mist, ausgerechnet heute hatte ich mein refugees welcome Shirt an.
„Ich – Ich wollte nur spazieren gehen, ehrlich." Ich hörte, wie meine eigene Stimme zitterte und machte instinktiv ein paar zögerliche Schritte rückwärts.
Dann spürte ich, wie mich einer der Vier nach vorne schubste und ich geriet ins Stolpern. Bevor ich stürzen konnte schubste mich ein anderer vor mir zurück in ihre Mitte. Erst da fiel mir auf das dieser ein gutes Stück jünger war als die anderen, wenn nicht sogar jünger als ich. Er hatte ein jungenhaftes Gesicht mit Grübchen, aus dem heraus er mich abschätzig ansah. Alles in mir schrie mich an wegzurennen, doch ich war wie festgefroren. Ich hörte nur noch das Blut in meinen Ohren rauschen. Die Situation war auf einmal sehr viel beängstigender als noch vor ein paar Sekunden.
„Hast dich wohl verirrt, was?", fragte der bullige Rädelsführer, während er bedrohlich auf mich zu kam, „sowas wie dich mögen wir hier nicht!", spuckte er aus und verpasste mir einen unvorhergesehen starken linken Haken. Mir wurde schwarz vor Augen und ich geriet ins Taumeln, ehe ich den Asphalt unter mir spürte. Glühender Schmerz durchzuckte meine Gesichtshälfte. Wie in Zeitlupe landete ich schmerzhaft auf der Seite, konnte mich gerade noch so mit den Armen abfangen. Als ich die Augen öffnete sah ich wieder den bulligen Typen, diesmal über mir, anscheinend lag ich schon auf dem Boden, wie er mit dem Fuß ausholen wollte. Ich wusste nicht mehr wo oben und unten war, wollte mich gerade ducken, da hörte ich eine jüngere Stimme.
„Komm lass gut sein Jürgen, der hat seine Lektion gelernt. Hauen wir ab, bevor wir noch Ärger mit dem Vorarbeiter bekommen!"
Als ich wieder halbwegs geradeaus sehen konnte, richtete ich mich etwas auf und sah nur noch, wie der jüngere den, der mich gerade zu Hackfleisch verarbeiten wollte, am Arm wegzog. Die anderen folgten ihnen. Der bullige rief noch über seine Schulter: „Lass dich hier nicht mehr blicken!"
Welcome to Germany.
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Wenn dann das hier
RomanceEgal, wie ehrlich und aufrichtig ich versuchte zu sein, es führte trotzdem nicht zu meinem Happy End. Die kleine, graue Hafenstadt, die Jannik sein Heimatkaff nennt, liegt an der Nordsee, doch fühlt sich für ihn wie eine andere Welt an, im Gegensatz...