„Hab mich schon gefragt, wann du dich endlich meldest", war Helenas unfreundliche Begrüßung.
„Tut mir leid", sagte ich reflexartig das, was ich gefühlt öfter zu ihr in unserer Beziehung gesagt hatte, als alles andere. Ich versuchte meine Angst hinunterzuschlucken und nahm ein weiteren Schluck Bier. „Du hast dich auch nicht gemeldet", schob ich hinterher und bereute meine Worte sofort, nachdem sie meinen Mund verlassen hatten.
„Tja, nachdem du dich das ganze Wochenende so scheiße verhalten hattest, sah ich mich selbst, da nicht wirklich in der Bringschuld." Ihre Stimme klang so selbstbewusst wie immer, doch ich wusste, dass ich sie gekränkt hatte. Mein Herz zog sich ein wenig zusammen, weil ich sie auf einmal so gerne Lachen hören wollen würde, ihre Stimme, die sagt, dass alles gut sei und sie sich darauf freue mich bald wieder zu sehen. Doch das passierte nicht.
„Ich...", setzte ich an und mit einem Mal war mein Kopf wie leergefegt. Ich fand keine Worte, die auch nur ansatzweise beschrieben hätten, was ich ihr gerne sagen wollte. Eine Zeit lang war es still.
„Dachte ich mir", hörte ich Helena leise in den Hörer sagen, dann meinte ich zu hören, wie sie leise schniefte und auch meine Augen fingen zu brennen an.
„Helena, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll", versuchte ich meine Worte wiederzufinden, doch mehr kam nicht aus meinem Mund.
„Jannik, ich weiß nicht was bei dir los ist, aber so geht es nicht weiter", sprach Helena quasi meine Gedanken aus.
„Ich weiß", flüsterte ich und spürte, wie meine Wangen nass wurden.
„Ich habe das Gefühl, dich gar nicht mehr zu kennen."
„Ich mich auch nicht", gestand ich.
„Ich gebe dir noch eine Chance mir jetzt zu sagen, was zum Teufel, dein Problem ist." Ihre Stimme klang kalt, was mir einen weiteren Stich verpasste.
Ich schluckte und betrachtete meine leicht zitternde Hand in meinem Schoß, dann schaute ich in den Himmel. Die Sonne ging langsam unter und ich fragte mich, ob sie wohl aus ihrem Fenster in Frankreich, den gleichen Sonnenuntergang sehen konnte.
„Siehst du auch gerade diese rosa Wolken?", presste ich hervor und hörte mich selbst jämmerlich schluchzen.
„Jannik, ich glaube es ist besser, wenn wir eine Pause machen. Von all dem hier, von uns." Sie klang kühl, aber ihre Stimme zitterte.
Mir wurde schlecht. Die Tränen verschleierten meine Sicht auf die pinken Wolken dieses absurd romantischen Sonnenuntergangs.
„Was heißt das?", hörte ich mich selbst sagen, obwohl es mir längst klar war.
„Dass wir eine Pause machen. Uns sammeln und schauen, wie wir alleine klarkommen", ich hörte sie einmal tief, zitternd einatmen, „Ob wir uns vermissen."
„Ja, okay", presste ich langsam zwischen den Tränen hervor und hasste mich selbst, meine passive, ängstliche Art. Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte und eigentlich wusste ich gar nichts mehr. Mein Kopf war eine dunkle, leere Wolke.
„Melde dich erstmal nicht mehr bei mir, wir brauchen Abstand", sagte sie schnell und hatte in der nächsten Sekunde schon aufgelegt. Langsam ließ ich meine Hand sinken und starrte auf das Handydisplay, auf dem noch immer ihr Anruf-Erkennungsbild zu sehen war. Es war eines meiner Lieblingsfotos von uns. Aufgenommen vor einigen Monaten. Helenas Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen sitzt sie im Schneidersitz auf einer Wiese, während mein Kopf in ihrem Schoß liegt und ich zu ihr nach oben schaue.
Ich wusste nicht, wie lange ich so dagesessen hatte und auf das mittlerweile dunkel gewordene Handydisplay starrte. Irgendwann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Es war Piet, der mir wortlos aufhalf und mich zurück nach drinnen brachte.
Breathe in
Run fingers over scarred skin
Let the guilt rain down all over me
Try to justify my hypocrisy
And breathe out
Watch the words as they fall from your mouth
They sound pretty sharp, and they probably sting
About how I've been distant lately
It's quiet now and you're waiting on me
Could you repeat yourself? I wasn't listening
Save yourself, I'm not worth the time
This failure is built deep into my design
Is there something wrong with me?
This doubt is deafening
'Cause you were gold but I'm colorblind
Colorblind - Movements
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Wenn dann das hier
RomanceEgal, wie ehrlich und aufrichtig ich versuchte zu sein, es führte trotzdem nicht zu meinem Happy End. Die kleine, graue Hafenstadt, die Jannik sein Heimatkaff nennt, liegt an der Nordsee, doch fühlt sich für ihn wie eine andere Welt an, im Gegensatz...