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„Sag mal, du machst Musik?", fragte mich Sandra, als ich gerade an der Imbissbude angekommen war und mir einen Lappen schnappen wollte, um die Tische abzuwischen. An einem der Tische saßen zwar noch Udo und sein Kollege, mittlerweile, kannte ich ein paar der Hafenarbeiter bei Namen und Udo war einer der nettesten, aber sie würde es nicht stören, wenn ich schon mal anfing sauber zu machen.

„Wie...? Woher...?", fragte ich ungläubig und starrte in Sandras überlegen grinsendes Gesicht. Kurz überlegte ich, wie gut ihre Internetstalking-Fähigkeiten sein mussten, schließlich hatte meine Band eine schrottige Facebookseite mit nur 35 Likes.

„Mutti-Buschfunk", zwinkert sie mir zu und musste über mein verwirrtes Gesicht lachen, „Deine Mutter hat meiner Mutter erzählt und so weiter", erklärte sie.

„Achso. Schlimmer als die Stasi." Ich verdrehte die Augen. Meine Mutter war ein richtiges Plappermaul.

„Also eine richtig coole Rockband, ja?", imitierte sie anscheinend die Stimme ihrer Mutter.

„Nee. Punk. Da muss man die Töne nicht treffen, verstehste?"

„Achso, hätte ich mir ja bei den blauen Haaren denken können. Und seid ihr gut?"

„Nein."

„Cool, spiel mir doch mal was vor. Aber nicht jetzt, ich muss nämlich los", verkündete sie mit einem Blick auf ihr Handy und verabschiedete sich schnell. Woraufhin ich verdattert zurück blieb und mich kurz ärgerte. Es war mittlerweile Freitag und ich hatte vergessen nach meinem Gehalt zu fragen. Der Ärger verflog aber, als ich in den Imbisswagen ging und einen Umschlag mit Geld auf dem Tresen liegen sah. Ich schaute kurz rein und stellte fest, dass sie mir sogar eine Art Bonus dazugetan hatte.

Als ich zuschloss entschied ich mir noch ein Feierabendbier zu gönnen. Ich wollte nicht in alte Hamburg-WG-Muster zurückfallen, aber ein Bier? Aber vor der Imbissbude wollte ich mich nicht hinsetzen aus Angst es könnte doch noch Kundschaft vorbeikommen und etwas von mir wollen und auf dem Fahrrad ließ es sich schlecht trinken, außerdem wollte ich eine rauchen. Deshalb entschied ich mich zu dem Platz an der Hafenkante zu gehen, an dem ich vor ein paar Tagen mit Finn gesessen hatte.

Dort angekommen sah ich aber schon von weitem eine Gestalt an der Kante sitzen und in die Ferne starren. Es war Finn, ich erkannte ihn an seiner Schiebermütze. Zuerst wollte ich wieder umdrehen, doch er musste meine Schritte gehört haben und drehte sich um. Seine finstere Miene hellte sich etwas auf, als er mich sah und er winkte mir leicht zu. Ich wusste immer noch nicht so ganz, was ich von ihm halten sollte, schließlich war er mit daran schuld gewesen, dass ich verprügelt wurde. Auf der anderen Seite hatte es mir echt imponiert, dass er zurückgekommen war, um sich zu entschuldigen. Ich weiß nicht, ob ich an seiner Stelle dafür die Eier in der Hose gehabt hätte.

„Bist du mir fremdgegangen?", lachte ich als ich näherkam und ein Bier neben ihm stehen sah. Ich deutete darauf.

„Nein, stand noch im Lager von der Arbeit", sagte er viel zu ernst. Anscheinend war er nicht gut drauf. Ich blieb kurz verunsichert stehen. Da fiel mir auf, dass ein Buch auf seinem Schoß lag. Ich setzte mich mit etwas Abstand neben ihn an die Hafenkante und ließ die Beine baumeln.

„Was liest du da?", fragte ich interessiert und deutete auf das Buch. Vorsichtig musterte ich ihn von der Seite. Er sah irgendwie fertig aus.

„Nietzsches Also sprach Zarathustra."

„Alter Schwede", sagte ich halb beeindruckt halb verstört, „war der nicht irgendwie ein Nazi oder so?"

„Weiß nicht, mal schauen, ob ich es herausfinde." Jetzt umspielte ein leichtes Lächeln seine Mundwinkel.

Wenn dann das hierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt