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Ich bekam keine Luft mehr. Irgendetwas schnürte mir die Kehle zu. Panisch riss ich die Augen auf und schreckte hoch aus einem unruhigen Schlaf. Sofort bekam ich wieder Luft, als Finns Arm von meinem Hals herunterrutschte. Kurz erschrak ich, bis mir wieder einfiel, warum ein völlig fertig aussehender Finn neben mir im Bett lag. Er hatte sich ausgebreitet und alle Gliedmaßen von sich gestreckt. So war wohl auch sein Arm auf meinem Hals gelandet. Während eines seiner Beine noch quer über meinen lag, versuchte ich mich etwas aufzurichten und rieb mir über das Gesicht.

Ich hörte Finn neben mir aufstöhnen. Schnell schaute ich zu ihm rüber und beobachtete ihn dabei, wie er langsam versuchte die Augen aufzubekommen. Unwillkürlich nutzte ich diesen stillen Moment, um ihn zu mustern, ohne, dass er etwas davon mitbekam. Die morgendliche Sonne schien durch mein Fenster und ließ seine Haut nicht mehr so fahl aussehen, wie letzte Nacht. Ich betrachtete sein markantes Kinn, die feinen, dunklen Bartstoppeln und dann die kleine Narbe rechts über seiner Oberlippe. Ich zuckte etwas zusammen und fühlte mich ertappt, als ich bemerkte, dass seine Augen schon längst offen waren und er mich verschlafen anschaute. In seinem Kopf schien es zu rattern.

„Oh", stieß er schließlich aus. Seine Stimme klang rau und ließ mir einen kleinen Schauer über den Rücken jagen. Ohne, dass er etwas davon mitbekam, versuchte ich etwas Abstand zwischen uns zu bringen, was sich als schwierig herausstellte, da sein Bein noch immer über meinem lag. Jetzt im Tageslicht, war es mir unangenehm ihm nach unserem Streit so nah zu sein. Obwohl etwas in mir das Verlangen hatte sich wieder neben ihn zu legen.

„Moin. Hast'n Kater?", fragte ich etwas schadenfroh, um den unangenehmen Moment zu überbrücken.

„Hmhm", brummte Finn zustimmend und fasste sich instinktiv an den Kopf. „Sag mal, hasst du mich jetzt? Wegen dem Streit und weil ich hier aufgetaucht bin...", nuschelte er in die Stille hinein, während ich noch versuchte wach zu werden und zu mir zu kommen, um die Situation begreifen zu können. Ich musste schlucken. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken umher. An unseren Streit und an die Küsse. Mir wurde heiß.

„Woher wusstest du eigentlich, wo ich wohne?", versuchte ich schnell so zu tun, als hätte ich ihn überhört und starrte auf meine Hände. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Finn mich ansah, immer noch auf dem Rücken liegend. Vorsichtig zog er sein Bein von mir runter, um sich ein wenig in meine Richtung zu drehen.

„Habe betrunken Piet angerufen. Das war übrigens keine Antwort auf meine Frage", sagte er schnell, aber bestimmend. Mein Blick huschte zu ihm.

„Hasst du mich denn?", fragte ich schließlich seufzend zurück.

„Ich glaube, wir sind beide Idioten", murmelte Finn und fuhr sich fahrig durch die Haare, während er sich in meinem Zimmer umsah. Es war ziemlich unordentlich, aber ich hatte schließlich auch nicht mit Besuch gerechnet. Seine Worte lösten irgendwie eine Wärme in mir aus.

„Glaube auch", erwiderte ich, „Ich hasse dich nicht." Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Vorsichtig versuchte ich seine Reaktion abzuschätzen.

„Ich dich auch nicht." Er klang erstaunlich ruhig.

„Tut mir leid, wegen dem was ich gesagt habe."

„Mir auch." Er zog einen Mundwinkel zu einem halben Lächeln hoch und mir war, als würden seine Augen einen wärmeren Farbton annehmen.

„Kannst du mir jetzt verraten, warum du hier aufgetaucht bist? Gestern war nämlich nichts mehr aus dir rauszubekommen."

„Oh ja shit, tut mir leid. Das war eine total dumme Idee hierherzukommen." Er schnaubte kurz über seine eigene Dummheit und ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass seine Worte mir einen Stich versetzt hatten.

Wenn dann das hierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt