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Als ich am Abend über meiner Unilektüre saß, klingelte mein Telefon. Das Gespräch mit Finn hing mir noch im Kopf und ich musste immer wieder darüber nachdenken, wie unterschiedlich Lebensrealitäten sein konnten. Im Vergleich zu ihm hatte ich es gut. Ich konnte einfach zurück nach Hamburg fahren, zu meinem eigentlichen Leben. Wo ich ich sein konnte oder wenigstens eine Version von mir, die ich lieber mochte, als die, die sich dumme Sprüche von Vater und Bruder anhörte und versuchte die Klappe zu halten. Und er schien hier bei seinem Vater festzuhängen und musste mit ihm arbeiten, bis er seine Ausbildung beginnen konnte.

„Hallo du, wir müssen reden", kam Helena am anderen Ende der Leitung direkt zur Sache.

„Ja, denke ich auch"

„Ich hab keinen Bock darauf, dass es so zwischen uns ist. Nur hin und wieder eine Nachricht von dir und ansonsten ignorierst du mich?" Helena konnte so etwas echt gut. Ihre Gefühle und Gedanken auf den Punkt bringen und einem gleichzeitig ein schlechtes Gewissen machen.

„Ich habe viel zu tun und ...", wieder brach meine Stimme ab, ich wusste nicht, wie ich das sagen sollte, was ich wollte, ohne sie zu verletzen.

„Hör bitte auf mit den Ausreden Jannik. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, was los ist. Du bist überfordert und hast Angst."

„Ja, vielleicht", gestand ich.

„Das ist vollkommen okay. Ich wollte dir keinen Druck machen mit dem Zusammenziehen. Tut mir leid. Ich liebe dich doch." Ihre Stimme klang sanft. Mir huschte ein Lächeln übers Gesicht.

Erleichtert stieß ich die Luft aus und ließ mich auf mein Bett plumpsen auf dem Camus genüsslich vor sich hindöste und kurz den Kopf hob, als ich neben ihm landete. Der alte Hund liebte es auf meinem Bett zu schlafen, wenn ich zuhause war.

„Ich dich doch auch", flüsterte ich.

„Dann können wir doch an uns arbeiten"

„Ja."

„Ich mach dir keinen Druck mehr, versprochen. Denk einfach ganz in Ruhe darüber nach. Ich finde nur, dass es langsam an der Zeit ist für uns den nächsten Schritt zu tun, aber wenn es dir zu schnell geht, dann ist das auch okay", sagte sie so verständnisvoll und ruhig wie möglich. Ich konnte mir gut vorstellen, wie sie gerade in ihrem kleinen WG-Zimmer in Frankreich auf ihrem Bett saß und in das Telefon hineinlächelte.

„Danke", erwiderte ich.

„Okay", sie klang dennoch etwas verletzt. Wahrscheinlich hatte sie erwartet, dass ich einfach ihrem Plan zustimmte, nachdem sie mir mehr Verständnis entgegengebracht hatte.

„Ich brauch einfach noch etwas Zeit zum Nachdenken", sagte ich deshalb schnell, um sie nicht zu verärgern.

„Guuut", zog sie das Wort in die Länge und versuchte das Thema zu wechseln, „weißt du eigentlich schon was du zu deinem Geburtstag übernächste Woche machst?"

„Dich vermissen", versuchte ich süß zu sein und grinste.

„Blödmann", kicherte sie. Ich wusste, wie ich sie weich kriegte. Auch wenn sie überzeugte Feministin war, stand sie doch auf diesen ganzen romantischen Kitschkram.

„Ich hab noch keine Pläne, wahrscheinlich wird meine Mutter wieder Kuchen backen..."

„Bestell ihr liebe Grüße, ja?", fiel mir Helena ins Wort.

„Mach ich. Sie will dich bald wiedersehen, hat sie gesagt."

„Deine Mutter ist echt ein Schatz"

„Manchmal", schmunzelte ich.

„Ich vermisse dich und deine verwaschenen, blauen Haare."

„Meine Haare vermissen dich auch, wer soll sie denn nachfärben, wenn du noch so lange in Frankreich bist?", fragte ich mit gespielt verzweifelter Stimme

Wenn dann das hierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt