12. Man sollte sich nicht mit Rot anlegen

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Schon mehr als einen Monat waren sie jetzt in Sumpfloch, doch Viego war immer noch nicht zurückgekehrt. Der Unterricht nahm seinen Lauf und sie hatten fast keine Zeit noch einmal über das Netz zu reden. Das mit Hyldas Traum und den Dingen die Wolf gehört hatte, konnte kein Zufall sein. Irgendwer versuchte sie zu warnen oder ähnliches.

Rot hatte keine Ahnung und genau deswegen verfolgte es sie Tag und Nacht: Abends konnte sie nicht schlafen, im Unterricht konnte sie sich nicht konzentrieren (das störte sie am wenigsten) und wenn ihre Freundinnen ihr etwas erklärten war sie nicht richtig bei der Sache.

Heute war es wieder so. "Rot! Komm! Wir gehen aufs Dach und lernen für Naturkreisläufe!", rief Elisabeth ihr zu.

In den letzten paar Wochen hatte Rot gemerkt, dass Elisabeth diese Stunden mit ihr auf dem Dach brauchte. Sie musste an der frischen Luft sein um zu lernen. Hier im Zimmer konnte sie sich nichts merken und Elisabeth machte es glücklich mit Rot auf dem Dach zu sitzen, denn sie waren jetzt beste Freundinnen! Davon war zumindest Rot überzeugt.

Also kletterte sie zu Elisabeth aufs Dach, doch diese hatte nicht einmal ihr Buch mitgebracht und sah auch nicht so aus als ob sie es vermisste.

"Ääh, wolltest du nicht oder ich mein...wollten wir nicht lernen?" , fragte Rot.

"Nee, ich wollte mit dir etwas besprechen" , antwortete Elisabeth.

"Okay...und was?"

"Also...mir geht seit Tagen dieses Gefühlnetz nicht aus dem Kopf. Ich kann abends nicht einschlafen und mich nicht richtig konzentrieren, daher wollte ich dich fragen ob es dir genauso geht und was du dazu denkst..."

Rot war froh darüber, dass sie nicht die einzige war, der es so ging.

"Oh ja! Mich beschäftigt das auch! Ich weiß nichts und komm auch nicht richtig weiter. Das einzige was ich herausgefunden habe ist, dass irgendjemand versucht, uns zu warnen und wir müssen herausfinden wer und vor was."

"Jetzt haben wir einen ersten Schritt" , meinte Elisabeth. "Ich geh zu den anderen und erzähle es ihnen."

"Okay! Ich würd nochmal in den Garten gehen, der ist so schön"

"Okay..." Elisabeths Ton war skeptisch und sie zog die Augenbrauen hoch.

Eigentlich wollte Rot wie fast jeden Nachmittag in den Garten gehen , um ihre Kräfte auszuprobieren, aber das war ihr Geheimnis.

Sie kletterte hinunter in ihr Zimmer, nickte Lori zu, die auf ihrem Bett lag und las, und ging zur Tür hinaus.

Draußen im Gang (Anmerkung einer der Autorinnen: HIHI, Gang) war es noch kälter als im Zimmer und Rot erinnerte sich daran, dass der Winter nahte.

Rot hassliebte diese Jahreszeit. Es war dunkel und kalt, konnte aber auch schön sein.

Sie stieg die Treppe herunter und als sie um die nächste Ecke bog, sah sie Wolf und Lulu, die sich umarmten.

Wolf genoss es. Vor zehn Minuten hatte er noch gedacht, Lulu hätte ihn vergessen.

Doch dann war sie plötzlich bei ihm aufgetaucht und hatte ihm erst einmal irgendetwas erzählt über Gefühle oder so was. Irgendwann hatte sie innegehalten und gesagt: "Wolf ich....ich.....ich mag dich wirklich sehr oder noch ein bisschen mehr. Es tut mir leid, dass ich dich an diesem Abend so versetzt habe."

Wolf war daraufhin knallrot geworden und hatte verzweifelt nach einer Antwort gesucht, aber das war nicht mehr nötig gewesen, denn Lulu war schon zu ihm gerannt und hatte ihn umarmt.

So waren sie jetzt immer noch. Er vergrub sein Gesicht in ihrem wunderschönem, weichem, weißblonden Haar. Lulu roch nach Zimt, wodurch Wolf richtig hypnotisiert war.

"Ich mag dich auch.....sehr und ein bisschen mehr" , flüsterte er ihr ins Ohr. Daraufhin drü.ckte sie ihn nur noch fester an sich. Wärme durchflutete den Körper des Jungen. Er wünschte sich, dass dieser Moment niemals aufhörte, doch auch die schönsten Augenblicke gehen irgendwann zu Ende.

Als er seinen Kopf hob, sah er wie Rot um die Ecke kam. Er erschrak, doch Lulu ließ ihn nicht los. Als Rot sie sah stiegen ihr Tränen in die Augen.

Nein! Nein! Das konnte doch nicht wahr sein! NEIN! Das DURFTE nicht wahr sein!

Gerade ging es ihr super und dann kam diese miese kleine......ARGH!

"Jetzt bloß nicht weinen", dachte sie sich. Rot rannte weg, doch da sie die Gänge von Sumpfloch noch nicht kannte und einfach ziellos umherlief, hatte sie sich schnell verirrt.

Sie setzte sich auf eine Treppenstufe und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie weinte lange...oder zumindest kam ihr das lange vor. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.

Irgendwann wischte sie sich die Tränen weg und stand auf. Genug geheult! Sie war nicht so wie Viola oder ihre anderen Schwestern! Sie war Rot! Sie war sie selbst, und sie selbst war anders!

Plötzlich hörte Rot Schritte. "Oh nein! Wenn das Wolf ist, bin ich aufgeschmissen!", dachte sie sich. Schnell zog sie sich ihre Kapuze tief ins Gesicht, sodass man ihre Augen nicht sah, doch es war nicht Wolf, der um die Ecke kam ,sondern Herr Bartik. Auch das noch!

Rot zog ihre Kapuze herunter ,um stolz ihr Gesicht zu zeigen. Zu spät bemerkte sie, dass man ihre verheulten Augen sah.

"Hahahahaha", Herr Bartik lachte. "Haben die Herrschaften Kummer? Uiuiuiuiuiui, das ist aber gaaaaanz schlecht. Hier in Sumpfloch gibt es keine Mami, die die kleine Rot trösten kann..."

Er schaute sie gespielt mitleidig an, doch er hatte schon ins Schwarze getroffen. Ihre Mutter. Das machte Rot schwach. Wenn man ihre Mutter erwähnte. Herr Bartik hatte gar nicht beabsichtigt sie dadurch zu verletzen aber Rot wurde wütend. Sie erinnerte sich an die vielen Streits mit ihrer Mutter. An die verhasste Art, wie sie sie immer angeschaut hatte, wenn Rot mit ihren etwas seltsameren Kräften spielte. Ihr Vater hatte immer nur versucht ihr zu helfen, aber ihre Mutter. NEIN.

Als Herr Bartik ihr erschrockenes Gesicht sah, lachte er. Das machte Rot so wütend, dass der Hass auf Herr Bartik, ihre Mutter und Lulu in ihr aufstieg. Er war wie ein Luftballon, der zu zerplatzen drohte.

Sie schmiss einen Teil der Samen, die sie immer in der Hosentasche trug, auf den Boden und diese begannen binnen Sekunden zu wachsen.

Zu spät bemerkte Herr Bartik wie ihm geschah und die Pflanzen fesselten ihn an die Wand.

Rot spuckte vor ihm auf den Boden und sagte: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten." Dann ging sie.

Sie war froh, dass sie ihre Wut an etwas auslassen konnte, denn jetzt war sie verschwunden. Sie fühlte sich leicht.

Plötzlich kam ihr Bruder angerannt. "Rot! Wo warst du? Wir suchen dich alle", rief er.

"Ich? Oh ich hab Herr Bartik an die Wand gefesselt. Wieso, was ist denn los?" , fragte sie.

Fallais erwiderte: "Alle Schüler werden in den Hungersaal gerufen."

Die Magie der Niemandsländer- Dämmerlicht und SumpfgeflüsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt