James schwieg. Kein Wort verließ seine Lippen. Schnaufend wandte ich mich von ihm ab und lief im Zelt umher.
"Du wirst.." - "Ich werd. Ich werd. Ich werd gar nichts!" unterbrach ich ihn rasch. "Alles was ich tat, war um dich zu beschützen, Bones. Tief im Innern weißt du das auch." James warf mir einen Blick zu den ich zunächst nicht deuten konnte. Allmählich bemitleidenswert sah er mich an, während er näher an mich herantrat. Da lag noch etwas anderes in seinen Augen. Zumindest vermutete ich es. Oder erhoffte ich es mir einfach?
Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Liebe.
Das glaubte ich zu erkennen.
Liebe.
Ganz gleich ob auf romantische Weise oder auf freundschaftliche.
Doch so sehr ich versuchte mich einfach fallen lassen, mir gelang es nicht. Da war dieses bedrückende Gefühl, dieses beklemmende Gefühl - als stände stets eine Mauer zwischen uns. Als würde uns das Universum stets auseinander halten wollen. Vielleicht wollte es dies auch.
Und vielleicht war dies auch notwendig. Wir waren nicht nur zwei komplett verschiedene Leute - wir stammten aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen, aus verschiedenen Jahrhunderten.
„Ich wünschte..." kam es leise über meine Lippen und ich erwiderte seinen Blick. „Ich wünschte ich könnte dir Glauben schenken." - „Das kannst du." Behutsam nahm er meine Hände in seine. Diese Nähe, die vergangene Nacht so vertraut war, ließ mich nur zusammenzucken. "Was genau tust du da?" Fragend sag ich ihn an und schaffte schnell Abstand zu ihm.
"Bones. Du musst weg von hier." - "Schön. Dann lass mich gehen. Vielen Dank." Erwiderte ich teils sarkastisch und wollte mich an ihm vorbeidrängen. "Nein. Du musst weg. Weg von hier. Du musst in Sicherheit gebracht werden." - "In Sicherheit gebracht werden? Von wem?" Mein Gegenüber sah mich nur stumm an. "Von euch? Von der East India Trading Company? Tut mir leid, Norrington. Aber ich denke nicht, dass hier irgendwer auf dieser gottverdammten Insel mit dem Wort 'Sicherheit' in Verbindung gebracht werden kann."
Er wusste, dass ich Recht hatte. Und wie er das wusste. Es war ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
Er wusste, genau wie ich, dass niemand gänzlich für meine Sicherheit sorgen konnte.
Er wusste, genau wie ich, dass es ihm nie gelang.
Aber trotz alledem konnte ich es ihm nicht übel nehmen. Ich gehörte nicht hier hin; habe mich in das Geschehen - in diese Welt - eingemischt. Ich musste mit dieser Art Ideologie klarkommen und mich mit ihr abfinden. Dieses System richtete sich gegen Piraten und gegen all diejenigen die mit jenen kooperieren. Der Grundgedanke? Achtung des Gesetzes und das Wohlergehen der Bürger. War das denn nicht überall der Fall? Verbrecher werden bestraft, so sollte es überall sein. Aber was machte einen Verbrecher denn überhaupt aus? Eines stand fest: Nicht jeder Mensch der unangemessene Dinge tut ist grundsätzlich ein schlechter Mensch. Ebenso sind nicht alle Menschen, die vorgeben das Richtige zu tun grundsätzlich gute Menschen.
Und jetzt? Jetzt drohte das System auseinander zu brechen. Hier spielten emotionale Beweggründe eine viel bedeutendere Rolle. Es war egal ob ein gekränktes Ego oder der Wunsch nach Rache der Grund dafür war. Doch es musste mehr dahinter stecken. Denn wie verbittert und rachsüchtig konnte ein Mensch sein eigentlich sein? Mir erschien das völlig unmöglich. Menschen haben Emotionen, ja. Emotionen lassen sich auf Reizwahrnehmungen und -Überflutungen zurückführen, ebenfalls ja. Der Verstand und die Emotionen eines Menschen handeln oft getrennt und unabhängig voneinander.
Dennoch kann ich nicht nachvollziehen wie man soviel riskieren kann.
Soviel - und das alles wegen eines Mannes?
Jack war vieles wert, aber er war es bei weitem nicht wert, dass man so einen Aufstand um ihn macht. Weil ich ihn kenne. Ich weiß, dass er nicht die Art Mann war für die eine solche Aufrüstung militärischer Kräfte gerechtfertigt wäre.
Sämtliche Gedanken flogen mir durch den Kopf und ich wusste nicht welchem Gedankengang ich zuerst folgen sollte, welche Verbindungen ich ziehen könnte. Währenddessen ließ ich mich auf einen Hocker, einen Baustamm oder was immer es auch darstellen sollte, nieder. Meine Arme stützte ich dabei auf meinen Oberschenkeln ab und blickte stumm auf meine Hände.
„Du hast Recht. Niemand kann das." antwortete er mir doch noch verbal und durchbrach somit, wenn auch nur kurz, die sich unendlich anfühlende Stille. Das einzige was man nur hören konnte war der Trubel außerhalb dieses Zeltes. Ohne James auch nur eines Blickes zu würdigen, nickte ich. "Mh!" Ein kurzes Schnauben entwisch mir dabei und auch meine Mundwinkel zuckten einen Moment. Mein Blick lag weiterhin nachdenklich auf meinen Händen mit denen ich 'spielte' und sie immer wieder mal ineinander verhakte oder die Daumen drehte.
„Woher eigentlich der erneute Sinneswandel?" kam es mir über die Lippen. Einerseits weil ich eine erneute Stille vermeiden wollte, andererseits weil ich es wirklich wissen wollte. Ich sah es zwar nicht, aber mir war bewusst, dass ich James mit dieser Frage überrumpelte. „Wie..Was genau meinst du?"
Und ich behielt Recht. Ich seitlich hoch in sein verwirrtes Gesicht. Die Fragezeichen standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, auch wenn ich der Ansicht war er könnte ahnen worauf ich anspielen wollte. Entweder das oder er hatte wirklich keine Erinnerung daran. „Du.." begann ich meinen Satz und wandte meinen Blick wieder kurz ab. „Du sagtest, kurz bevor du..." Ich hielt inne, als ich daran zurückdachte. Zurück an all die Dinge die geschehen sind bevor wir Davy Jones besiegt hatten. "...bevor du gestorben bist. Du sagtest, dass du eine Seite wählst." Genau das hatte er behauptet. Zumindest soll er dies zu Elizabeth gesagt haben, als er sie befreit hatte.
"Ja, ich habe diese Worte nicht persönlich aus deinem Mund gehört. Dennoch, habe ich mitbekommen was du getan hast. Manchmal sagen Taten mehr aus als Worte. Du hast ihnen geholfen. Du hast Elizabeth und der Crew geholfen." Langsam stand ich auf und stellte mich ihm gegenüber. "Du hattest dich entschieden. Auch wenn es vielleicht nur für mich oder...Elizabeth war." Für eine Sekunde überkam mich ein merkwürdiges Gefühl als ihr Name meine Lippen verließ. Dies tat er nämlich schon lange nicht mehr. "Ich hatte mich entschieden, vielleicht." James Antwort ließ mich kurz zusammenzucken und riss mich aus meiner Erinnerung an Elizabeth. "Aber das ist wieder vorbei." führte er fort und machte nicht den Eindruck als wäre er weiterhin an dieser Unterhaltung interessiert, denn er musterte mich nur kurz und wandte sich von mir ab.
Er wollte das Zelt verlassen, doch rasch stellte ich mich ihm in den Weg und versuchte dies zu verhindern. Von seiner Seite kam jedoch nicht als der Versuch mich zur Seite zu schieben. "Wie kannst du dich so verändert haben. Es ist doch gerade mal ein oder zwei Monate her." - „Nein. Zwei ganze Jahre!"
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Bones - Ewige Jugend
FanfictionMonate vergingen nachdem sie in ihre Welt zurückkehrte.In all dieser Zeit hatte sie keine Zeichen aus dem 18.Jahrhundert bekommen, geschweigedenn hat sie darüber nachgedacht je nochmal die Möglichkeit zuhaben sich auf eine Reise zurück in die Karibi...