Kapitel 59

108 9 2
                                    

Ich schaute auf.

"Wie war das?" verließ es relativ leise meine Lippen. Von Beckett kam nur die Aussage "Ihr habt mich schon verstanden."

Erneut ließ ich mir seine Worte durch den Kopf gehen. Wie er versuchte mit meinem Verstand zu spielen. Doch vielleicht entsprach es der Wahrheit. Woher nahm ich mir das Recht von Familie zu sprechen. Was ließ mich denken es ginge hier allein um mich?

"Nun denn. Die Piraten einschließlich Sparrow können nicht mehr weit weg sein. Wir werden also zeitnah wieder aufbrechen. Das werdet ihr aber noch rechtzeitig mitbekommen." Beckett setzte zum Gehen an.

Ich wollte zunächst noch etwas sagen, doch ich schluckte es wieder runter.

"Oder ihr merkt es erst dann, wenn es bereits zu spät ist." Ergänzte er noch, als er sich kurz zu mir gedreht hatte und schließlich das Zelt verließ.

Wenn es zu spät ist.

Wenn was zu spät war? Schlimmer konnte es nicht werden. Ich wusste was er wollte. Er wollte Jack - wahrscheinlich erst noch lebend ehe er ihn dann töten würde. Hier ging es ganz sicher nicht um die Spanier und auch sicher nicht um irgendwelche Piraten - nicht für Beckett. Er war wie besessen von der Idee Jack zu schnappen. Dies schien etwas persönliches zu sein.

Nur hatte ich keine Ahnung wieso es so war

Oder eher gesagt WAS es war.

Vermutlich werde ich es auch nie erfahren. Von wem auch? Jack hatte mich verbannt. Und Beckett ist wirklich die letzte Person mit der ich ein Kaffeekränzchen halten könnte - trotz seiner scheinbar großen Vorliebe für Tee.

Nun saß ich dort. Allein.

Langsam verlor ich nicht nur die Hoffnung sondern den Sinn für all das hier. Gab es überhaupt noch einen Sinn? Alles schien mir von Sekunde zu Sekunde an Bedeutung zu verlieren. Natürlich könnte man behaupten: Du kannst immer noch das Richtige tun.

Jedoch hatte ich keinerlei Ahnung was das überhaupt war. Gab es in dieser Situation überhaupt richtig oder falsch? Und welchen Zweck hatte es überhaupt?

Allmählich gingen mir immer häufiger Becketts Worte durch den Kopf.

Er hatte Recht. Und so fragte ich mich wirklich woher ich mir das Recht nahm von Familie zu sprechen. Von Freunden zu sprechen.

Seit ich das erste Mal in Port Royal auftauchte kam mir alles zu meinen Gunsten. Ich wurde beinahe kommentarlos aufgenommen. War es wirklich nur großes Glück oder Schicksal? Komischerweise hatte ich schon immer das Gefühl ich hätte meist mehr Glück als Verstand. Als würde sich alles irgendwie von selber wieder gerade biegen und das ohne, dass ich mich großartig dafür bemühen musste.

Ich habe mich geradezu in diese 'Abenteuer' hineingeworfen, ohne sie je gut durchdacht zu haben. Weil ich Jack helfen wollte. Weil ich den anderen helfen wollte. Weil ich mir vorstellte wir gehörten alle zusammen. Wir wären eine Gemeinschaft. Doch beachtete ich die Schattenseiten dabei nicht - Ich ließ sie ganz außer Acht.

Und jetzt?

Was sollte ich jetzt noch tun?

Ich seufzte, lehnte meinen Kopf dabei nach hinten gegen den Pfahl. Mein Blick war nach oben gerichtet, während ich stumm wahrnahmen konnte wie sich das Geschehen außerhalb dieses Zeltes zu beruhigen schien. Wo vorhin noch lauter Stimmen, Rufe, Befehle ertönten, so wurden diese immer weniger.

Genauso langsam wie die Stimmen verstummten, so dunkler wurde es.

Ein weiterer Tag auf dieser verdammten Insel neigte sich dem Ende zu.

Schleichend machte sich die Erschöpfung in meinem ganzen Körper bemerkbar. Nachdenklich beobachtete ich wie das lodernde Feuer der Fackeln außerhalb durch den Stoff des Zeltes schienen. Dies war wieder einer dieser Momente in denen man jegliches Zeitgefühl verlor. Sekunden fühlten sich an wie Minuten, Minuten fühlten sich an wie Stunden.

Meine Augenlider wurden schwerer doch versuchte ich wach zu bleiben. Ich konnte und wollte nicht schlafen. Wobei man es wahrscheinlich eh nicht als richtigen Schlaf gelten lassen könnte. Wie sollte man in solch einer Situation erholsam schlafen können während dort draußen Chaos herrscht.

Neben der steigenden Erschöpfung, stieg auch die Verzweiflung. "Verdammter Mist" zischte ich leise vor mich her. Ich rutschte unruhig auf dem Boden umher.

Nichts tat sich.

Draußen tat sich nichts.

Nur vereinzelte Schritte von Soldaten.

Und ich war hier gefangen. Konnte nichts tun.

Ich war angekettet an diesen Pfahl.

Zumindest dachte ich das bis zu jenem Moment.

"Verdammt" fluchte ich weiter vor mich hin, als sich die Ketten um meine Handgelenke plötzlich ungewöhnlich locker anfühlten. Stirnrunzelnd drehte ich meinen Kopf, sah über meine Schulter.
"Was zum.." kam es leise über meine Lippen.

Ein kurzes Rütteln und die verschlossenen Eisen sprangen auf. Nunja, wirklich verschlossen scheinen sie ja offensichtlich nicht gewesen zu sein. Ich musste selbstverständlich nicht lange überlegen, um zu verstehen was hier geschehen ist.

"Groves, du verdammter Idiot" murmelte ich vor mich hin.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 24, 2023 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Bones - Ewige Jugend Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt