Kapitel 20

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Taehyung POV

Erschrocken zucke ich zusammen, als ich höre, wie Yoongi seinen Eltern etwas zu ruft. Völlig benebelt fahre ich mir mit den Händen übers Gesicht und brauche tatsächlich einen Moment, bis ich weiß, welchen Tag wir heute haben und wo ich mich überhaupt befinde.

Sonntag, Yoongis Elternhaus, im Gästezimmer mit Jungkook. Scheiße ...

Mit großen Augen schaue ich neben mich, wo der Jüngere tatsächlich friedlich schlummernd liegt. Würde ich in diesem Moment nicht so eine Panik verspüre, wäre dieses Bild vor mir wirklich schön anzusehen. Doch so habe ich einfach nur Angst, dass Yoongi jeden Moment rein kommt und mich mit seinem kleinen Bruder im Bett vorfindet. Das könnte ich ihm nicht erklären, ohne das er vor Wut in die Luft geht. Die Tatsache, dass ich nicht mit Jungkook geschlafen habe, würde es nicht besser machen. Denn letzten Endes haben wir irgendwie was miteinander am Laufen, das lässt sich nicht abstreiten, selbst wenn es nichts ernstes ist.

„Jungkook," flüstere ich, während ich leicht an seiner Schulter rüttle. Doch bis auf ein Brummen kommt keine Reaktion.
„Jungkook, du musst in dein Zimmer," versuche ich es erneut. Aber anstatt aufzustehen und zu gehen, dreht er sich auf die Seite und kuschelt sich an meine Brust. Ein warmes Gefühl durchströmt mich, als ich ihn dabei beobachte, wie er sein Gesicht an meinen Oberkörper drückt, anscheinend auf der Suche nach Wärme. Er ist schon süß, so verschlafen.

„Jungkook," hauche ich sanft und streiche ihm durch die Haare. Für einen Moment ist die Angst, erwischt zu werden, verschwunden. Ich streiche Jungkook noch einige Male durch seine weichen Strähnen, während ich zu ihm herunter schaue. Es ist schon lange her, dass ich neben jemanden aufgewacht bin. Wenn ich mit Männern was am Laufen hatte, bin ich selten über Nacht geblieben. Bei mir war sowieso nie jemand, da ich den Gedanken, Yoongi könnte uns hören, nie als besonders erstrebenswert empfunden habe.

Ein Poltern auf der Treppe holt mich aus meinen Gedanken zurück. Okay, Jungkook muss hier jetzt wirklich raus. Jahrelange Freundschaft hin oder her, Yoongi wird mich köpfen, wenn er auch nur von den Küssen erfahren sollte, die ich mit Jungkook geteilt habe. Was für ein Arschloch an Freund bin ich eigentlich? Yoongi sagt mir deutlich, dass ich nichts mit seinem Bruder anfangen soll. Und was mache ich? Knutsche so lange mit Jungkook rum, dass ich mich nicht mal daran erinnern kann, wann wir eigentlich eingeschlafen sind. Reiß dich zusammen Taehyung! Wenn du deine Bedürfnisse befriedigen willst, gibt es genug andere Männer, die zur Verfügung stehen würden und bei denen deine längste Freundschaft nicht auf dem Spiel stehen würde. Ich muss die Finger von Jungkook lassen. Jetzt aber wirklich.



Leider gerät mein Entschluss schon am Abend wieder ins Wanken. Denn so gerne ich es auch abstreiten würde, der Jüngere wirkt einfach wahnsinnig anziehend auf mich.

Am Morgen habe ich Jungkook tatsächlich irgendwie aus meinem Zimmer bugsiert bekommen. Ich glaube, er hat nicht mal richtig mitbekommen, was eigentlich los ist und sich in seinem Zimmer einfach wieder hin gehauen und weiter geschlafen. Zumindest habe ich ihn bis zum Mittagessen nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Doch vor wenigen Minuten ist Jungkook ins Wohnzimmer gekommen, in welchem ich mit Yoongi gerade eine Partie Schach gespielt habe, um mich darum zu bitten, ihm bei einer seiner Matheaufgaben zu helfen. Im ersten Moment war ich froh über die Unterbrechung, denn mir war klar, dass Yoongi nach wenigen Zügen gewonnen hätte. Doch nun, wo ich gemeinsam mit Jungkook am Küchentisch sitze, bin ich nicht mehr ganz so froh darüber. Ein aufgeregtes Kribbeln durch fährt meinen Körper, dabei berühren wir uns im Moment nicht mal. Ganz im Gegenteil sogar, wir sitzen zwar nebeneinander und beide über Jungkooks Schulheft gebeugt, doch ich erkläre ihm tatsächlich nur, wie er bei der Aufgabe vorgehen sollte. Was mir dabei vor allem auffällt, ist, dass Jungkook echt ein schlauer Kerl ist. Er steht zwar im ersten Moment etwas auf dem Schlauch, doch er begreift recht schnell, was ich meine und schon kurze Zeit später sind wir zur Lösung gekommen.
Dennoch würde ich ihm am liebsten immer wieder durch die Haare streichen, wie ich es heute morgen getan habe. Ihm einfach wieder so nahe sein.

Nachdem Jungkook sich mit einem Lächeln bedankt und sich wieder nach oben verzogen hat, schlurfe ich mit einem Seufzen wieder ins Wohnzimmer und lasse mich zu Yoongi und Miga auf die Couch fallen. Miga schenkt mir ein dankbares Lächeln und sofort macht sich ein neues Gefühl in mir breit. Schuldgefühle. Und mir wird klar, dass ich jetzt definitiv etwas tun sollte. Am besten fürs erste einen One Night Stand suchen, damit ich meine Triebe hoffentlich wieder etwas in den Griff bekomme. Dann sollte ich mir vielleicht lieber doch ein Hotelzimmer nehmen, denn wer hat schon gerne einen Mann im Haus, der sich an den Sohn ran macht, der beinah noch ein Kind ist?

Natürlich ist Jungkook in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Doch in seinem Alter trifft man oft unüberlegte Entscheidungen, bei denen man sich im Nachhinein fragt, was man sich da eigentlich gedacht hat. Für Jungkook wäre ich vermutlich auch nichts weiter als eine Jugendsünde. Aber als erwachsener Mann, sollte ich es eigentlich sein, der die Verantwortung über nimmt und die richtigen Entscheidungen trifft. Vor allem sollte ich aber erstmal einen klaren Kopf bekommen. Meine eigenen Gedanken machen zum Teil einfach keinen Sinn und verwirren mich einfach nur.



Ob Jungkook sich am Abend zuvor auch so gefühlt hat?, frage ich mich, während ich das weiß lackierte Holz vor mir betrachte. Vermutlich nicht. Der kleine hat echt viel Mumm und scheint, im Gegensatz zu mir, zu wissen, was er will. Selbst wenn er manchmal schüchtern wirkt, weiß ich, dass er es eigentlich nicht ist.

Wie er schon am Abend zuvor, öffne ich die Tür nur einen Spalt, anstatt anzuklopfen. Schon durch diesen Spalt, kann ich Jungkook, mit seinem Handy in der Hand, auf dem Bett sitzen sehen.

Ich öffne die Tür weiter und schlüpfe in den Raum, was Jungkook schließlich überrascht von seinem Handy aufschauen lässt. Fragend legt er den Kopf schief, ehe sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legt.
„Bist du hier, um dir deinen Gute-Nacht-Kuss zu holen?," fragt er neckend und für einen Moment bleibe ich doch etwas verdattert mitten im Zimmer stehen.
Scheinbar amüsiert beobachtet Jungkook meine Reaktion und klopft schließlich auf den freien Platz neben sich. „Komm her," fordert er mich auf und ich folge seiner Aufforderung, ohne groß drüber nachzudenken.
„Jungkook," beginne ich schon, denn eigentlich bin ich nicht wegen eines Kusses hier, sondern um mit ihm darüber zu reden, dass wir das ganze beenden sollten, bevor noch mehr zwischen uns passiert.

Doch weiter komme ich gar nicht, denn auch Jungkook ergreift, wesentlich entschlossener, als ich es bin, das Wort.
„Taehyung, was ist eigentlich deine Lieblingsfarbe?"
„Meine was?," frage ich verwirrt durch die scheinbar völlig aus der Luft gegriffenen Frage.
„Deine Lieblingsfarbe. Ich bin einfach neugierig. Meine ist schwarz."
„Schwarz?," wundere ich mich, woraufhin Jungkook kräftig nickt.
„Und deine?"
„Grün."
„Und dein Lieblingsessen?"
„Japchae."
„Was ist mit ..."

Dieses Frage und Antwort Spiel geht eine Weile so weiter und sorgt dafür, dass ich schon nach kurzer Zeit nicht mehr weiß, was ich eigentlich von Jungkook wollte. Viel zu abgelenkt bin ich von den ganzen Fragen, die der Jüngere zu haben scheint und den ganzen Informationen über sich, die er mir zuspielt. Irgendwann enden die Fragen und wir reden einfach über Gott und die Welt und alles, was uns einfach in den Sinn kommt. Und obwohl am nächsten Tag die neue Woche startet, scheinen wir beide keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass es irgendwann auch mal Zeit wäre, zu schlafen.

Während Jungkook begeistert davon erzählt, wie er Jimin kennen gelernt hat, schließe ich meine Augen und höre ihm einfach zu. Ich mag den Klang seiner Stimme. Bisher habe ich gar nicht richtig darauf geachtet, doch er hat wirklich eine schöne Stimme. Nicht nur das. Er ist ein wirklich offener und ehrlicher Mensch. Es gibt so viele hinterhältige und falsche Menschen. Menschen wie Jungkook sind wirklich ein wahres Geschenk. Ich hoffe, dass er sich das auch nicht nehmen lässt und so bleibt, wie er ist. Ich mag es, wie er in anderen Menschen immer nur das Gute zu sehen versucht. Oder wie er beim Reden seine Nase immer wieder kräuselt. Echt niedlich.

Erst jetzt sind mir all diese Dinge so richtig aufgefallen, wie mir gerade bewusst wird. Natürlich habe ich manches schon vorher mitbekommen, immerhin wohnen wir im Moment quasi zusammen. Doch habe ich mir über solche Dinge bisher gar keine richtigen Gedanken gemacht. Ich habe nur darauf geachtet, ob Jungkook mir ebenfalls heimliche Blicke zu wirft oder daran gedacht, wie gerne ich ihn wieder küssen würde. Doch in diesem Moment habe ich das Gefühl Jungkook auf eine ganz andere Art und Weise nahe zu sein.



Does age matter? (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt