Kapitel 23

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Yoongi POV

Es herrscht eisige Stille im Auto, während Taehyung und ich auf dem Weg in den Feierabend sind. Schon auf dem Weg zur Arbeit haben wir kaum ein Wort miteinander gewechselt und auch auf der Arbeit haben wir nur das nötigste miteinander besprochen. 

„Yoongi," beginnt Tae leise und ich kann die Reue in seiner Stimme höre. Dennoch unterbreche ich ihn sofort.
„Nein! Ich will nichts davon hören, Taehyung. Er ist mein Bruder! Ich dachte du würdest da wenigstens ein bisschen Rücksicht drauf nehmen und ihm nicht, wie jedem anderen daher gelaufenem Typen, das Herz brechen."
„Aber ich hab doch gar nicht ..."
„Noch nicht!," erwidere ich verbittert. „Du magst mein bester Freund sein, aber wir wissen doch beide, wie das sonst mit dir und den Typen läuft. Es läuft nämlich nicht. Verdammt! Aber was machst du!? Du ..."

Weiter komme ich leider, oder auch zum Glück?, nicht. Vielleicht ist es besser so, ansonsten hätte ich Taehyung früher oder später wohl noch Dinge an den Kopf geworfen, die ich vielleicht gar nicht so meine. Dennoch grimmig, wegen der Unterbrechung, nehme ich den Anruf an und kurz darauf schallt schon die Stimme meiner Mutter durch die Lautsprecher des Autos.

„Hallo Yoongi Schatz. Sag mal, habt ihr auf der Baustelle gerade viel zu tun?," kommt meine Mutter auch mehr oder weniger direkt zum Punkt.
„Es geht. Für heute haben Tae und ich schon Feierabend gemacht," erwidere ich und nehme ein erleichtertes Seufzen von der anderen Seite der Leitung wahr.

„Es tut mir Leid, aber ich muss euch um einen Gefallen bitten."
„Worum geht's?"
„Ich wurde gerade von Jungkooks Direktor angerufen. Er hat wohl einen seiner Mitschüler geschlagen und jemand soll ihn abholen. Könntet ihr das bitte machen? Ich kann gerade nicht von der Arbeit weg und ich erreiche euren Vater nicht."
„Er hat sich geschlagen?!," frage ich schockiert nach. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass anscheinend auch Tae die Worte fehlen, denn er verfolgt unser Gespräch mit offenem Mund. 
„Ich kann es ja selbst kaum glauben, aber das wurde mir gerade am Telefon gesagt."
„Verstehe. Okay, dann fahren wir jetzt zur Schule."
„Super, danke Jungs. Ich rufe schonmal den Direktor an, damit er Bescheid weiß, dass ihr Jungkook abholt. Bis später dann."
„Bis später," erwidere ich lahm und lege auf. Dann ist es erneut still. Bis wir bei der Schule ankommen, sagen weder Tae noch ich ein Wort. Selbst auf dem Weg zum Direktorat nicht. Eine Sekretärin bringt uns zum richtigem Raum, in welchem sich schon einige Menschen versammelt haben. Doch welche mir direkt auffallen, sind der Direktor, welcher mit zusammen gefalteten Händen an seinem Schreibtisch sitzt und die beiden Schüler, die vor ihm sitzen. Jungkook hat seine Unterlippe leicht vorgeschoben, aber ansonsten sieht er eigentlich unverletzt aus, während sein Mitschüler sich ein Taschentuch an die Nase hält, auf welchem sich schon ein deutlicher Blutfleck abzeichnet. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass sich noch eine Frau im Raum zu befinden scheint. Doch interessiert mich diese Tatsache gerade eher weniger. Ich bleibe hinter Jungkook stehen und mustere den Direktor fragend, welcher seine Aufmerksamkeit nun von seinen Schülern zu mir lenkt.

„Sie sind Jungkooks Bruder?"
Ich nicke und frage: „Was ist passiert?"
„Tjaaa, das würde wir auch gerne wissen," antwortet er mir gedehnt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. „Frau Choi," er deutet auf die Frau, welcher ich nun doch einen kurzen Blick zuwerfe, „ ... hat gesehen, wie Ihr Bruder Minhyuk geschlagen hat. Das ist alles, was wir wissen. Was genau vorgefallen ist, wollen uns die Beiden allerdings nicht erzählen. Oder haben es sich die Herren inzwischen vielleicht anders überlegt?"
Synchrones Kopfschütteln folgt und ich seufze gefrustet. Das kann doch nicht wahr sein. Jungkook war in der Pubertät nie besonders auffällig oder kompliziert. Wieso fängt er also gerade jetzt an zu rebellieren? Erst die Sache mit Taehyung und jetzt fängt er an sich zu Schlagen. Das kann doch nicht wahr sein. Soll sich nachher noch herausstellen, dass er betrunken eine seiner Mitschülerinnen geschwängert hat?! Wenn er zu viele falsche Entscheidungen trifft, wird er sich noch in sein eigenes Verderben stürzen. Und wie soll ich ihm dabei helfen, wenn ich im Moment das Gefühl habe, dass wir uns nicht ganz so nahe stehen, wie wir es sonst immer taten? Ich will doch nur, dass es meinem kleinen Bruder gut geht und er nicht verletzt wird ...

„Was für Konsequenzen wird das Ganze für Jungkook haben?," frage ich schließlich nach.
„Über die Konsequenzen wird Frau Choi nochmal mit Ihnen besprechen. Die Jungs wissen schon Bescheid. Damit würde ich Sie auch schon bitten zu gehen. Ich habe jetzt noch eine Besprechung mit dem Elternrat."
„Verstehe, dann noch einen schönen Tag," verabschiede ich mich mit einer Verbeugung.
„Ebenso," erwidert der Direktor und wirkt schon gar nicht mehr so anwesend. Auch der Rest verabschiedet sich von ihm und wir verlassen den Raum.

Auf dem Flur angekommen, wendet sich Frau Choi direkt mir zu: „Minhyuk und Jungkook dürfen schon gehen. Ich würde gerne mit Ihnen unter vier Augen sprechen."
„Natürlich," nicke ich ihre Worte ab und reiche Taehyung den Autoschlüssel rüber. „Wartet so lange im Wagen, ja? Sollen wir dich nach Hause bringen, Minhyuk?"
„Nein, nein. Ich brauche nur zehn Minuten zu Fuß von hier. Aber danke," murmelt der junge Mann, verbeugt sich, wirft Jungkook noch einen schüchtern Blick zu, vorbeugt sich auch vor ihm leicht und macht sich schon wieder aus dem Staub. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen beobachte ich die Situation nur, sage  aber nichts weiter dazu.
Taehyung nickt meine Worte nur ab und bedeutet Jungkook dann, ihm zu folgen. Mit gemischten Gefühlen, schaue ich nun den Beiden einen Moment lang hinterher.

„Sollen wir?," werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich drehe mich um und schaue in das fragende Gesicht von Frau Choi. Erst jetzt fällt mir so richtig auf, dass ihr Gesicht mir bekannt vorkommt. Ob ich sie schon mal irgendwo gesehen habe? 
„Ja, gerne," antworte ich und folge ihr in einen der vielen Klassenräume. Sie lehnt sich ans Lehrerpult und ich bleibe einfach vor ihr, mit verschränkten Armen, stehen.
„Zunächst würde ich gerne klarstellen, dass das ein ungewöhnlicher Vorfall ist, da Jungkook bisher nie Probleme gemacht hat. Er ist ein wirklich guter Schüler und war bisher auch nie in Streitigkeiten verwickelt, weshalb wir davon ausgehen, dass er Minhyuk nicht ohne Grund geschlagen hat, was das ganze natürlich nicht entschuldigt. Aber im Anbetracht der Tatsache, dass er morgen seine erste Abschlussprüfung schreibt, wird es in diesem Fall keine großen Konsequenzen geben. Er wird nach seiner Prüfung morgen nur Hofdienstableisten müssen. Wir können leider nur von Tatsachen ausgehen, von denen wir wissen und da weder Jungkook, noch Minhyuk, uns erzählen wollten, was vorgefallen ist, wird es auch nur Konsequenzen für Jungkook geben. Wir hoffen nur, dass seine Eltern nochmal mit ihm reden, damit sowas an seinen letzten Tagen nicht erneut passiert."
„Verstehe. Sie gehen nicht davon aus, dass Minhyuk oder seine Eltern Jungkook wegen Körperverletzung anzeigen wollen?"
„Minhyuk hat überraschenderweise ziemlich deutlich gemacht, dass das nicht der Fall sein wird," erwidert Frau Choi auf meine Frage hin. „Wie gesagt, habe ich Jungkook in den letzten drei Jahren als wirklich guten und hilfsbereiten Menschen kennen gelernt. Vielleicht redet er mit Ihnen oder seinen Eltern darüber, was eigentlich genau vorgefallen ist."
„Ja, okay. Entschuldigen Sie den plötzlichen Themenwechsel, aber Sie kommen mir wahnsinnig bekannt vor," platzt es aus mir heraus. Es ist nicht nur Frau Chois Aussehen. Die Art und Weise, wie sie redet kommt mir auch seltsam bekannt vor. Doch als sie zu Lächeln beginnt, fällt es mir wie Schuppen von den Augen.

„Soona."

Does age matter? (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt