Kapitel 21

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Jungkook POV

Verwirrt schaue ich Hoseok hinterher, welcher soeben mit grimmiger Minie an mir vorbei gerauscht ist.
Was ist denn mit dem los?, denke ich mir und setze den restlichen Weg zur Bibliothek fort. Ob Jimin und er sich wohl gestritten haben?
Doch dem scheint nicht so zu sein, denn als ich auf unseren üblichen Stammtisch zuhalte, strahlt Jimin mir schon breit grinsend entgegen.

„Hoseok ist gerade an mir vorbei gelaufen. Was ist denn passiert?," frage ich, während ich mich gegenüber von Jimin und Junha hinsetze. Anscheinend hat Hoseok zuvor noch hier gesessen, denn die Sitzfläche ist noch ein wenig warm.
„Kein Ahnung," zuckt Jimin mit den Schultern. „Dem scheint 'ne Laus über die Leber gelaufen zu sein."
„Ok?," erwidere ich verwirrt, denn Jimin grinst mich weiterhin an, wie ein Honigkuchenpferd. Auch Junha schenkt ihm einen skeptischen Blick. Doch anstatt weiter darauf einzugehen, beginnt Jimin ein geschicktes Ablenkungsmanöver. Er fragt nach Taehyung.

„Wie ist es gestern noch gelaufen?," fragt er mich und wackelt dabei anzüglich mit den Augenbrauen. Auch Junha mustert mich nun neugierig.
„Wir haben geredet," sage ich, während ich meine Hefte auspacke. Jetzt, wo wir nur noch einzelne Nachhilfe Stunden in den Fächern haben, von denen wir glauben, dass wir es gebrauchen könnten, ist mein Rucksack doch wesentlich leichter, als er es sonst immer war.

„Mehr nicht?," fragt Junha überrascht nach.
„Mehr nicht," bestätige ich.
„Uuuund?," drängelt Jimin und bedeutet mir, weiter zu erzählen.
„Seine Lieblingsfarbe ist grün. Seine letzte Beziehung hatte er mit einer Frau vor eineinhalb Jahren. Und Yoongi hat in seiner Unizeit mehr Mist gebaut, als er vor Eomma, Appa und mir zugegeben hat."
„Er war mit einer Frau zusammen?"
Ich bestätige Junhas Frage mit einem Nicken.
„Also ist er bi?," will sie nun genauer wissen.
„Keine Ahnung, ehrlich gesagt habe ich nicht dran gedacht in diesem Moment nachzufragen," erwidere ich nachdenklich. „Aber er wird wohl kaum hetero sein."
„Glaubst du echt, dass mit euch beiden könnte passen?," fragt Jimin nun nach und ich kann ein wenig Besorgnis in seiner Stimme hören. Genau diese Besorgnis ist auch der Grund, weshalb er gestern eine kleine Krisensitzung mit Junha und mir einberufen hat. Und diese ist wiederum der Grund, weshalb ich dieses Gespräch mit Taehyung iniziiert habe. Denn irgendwie haben die Beiden schon recht. Bisher war alles, was ich mit Taehyung am Laufen hatte, rein körperlich. Doch so, wie ich mich in seiner Nähe fühle und ihn bisher kennen gelernt habe, will ich mehr als das. Ich könnte mir tatsächlich eine Beziehung mit ihm vorstellen, trotz des Altersunterschiedes.

Genau das scheint Junha und Jimin ein wenig Sorgen zu bereiten. Natürlich stehen sie voll hinter mir, dass haben sie mir bisher auch deutlich gezeigt, doch sie wollen nicht, dass ich mich in etwas verrenne, dass keine Zukunft hat.

Doch Probleme gibt es in jeder Beziehung. Es sind halt andere. Und ist das Alter am Ende nicht doch einfach nur eine Zahl? Es spielt doch keine Rolle, wie alt Taehyung ist. Es geht doch viel mehr darum, dass man sich zu schätzen weiß. Um die Gefühle, die man füreinander hat.
Wenn ich mit jemandem in meinem Alter was anfangen würde, gäbe es auch Unterschiede zwischen uns, genauso wie Dinge, die ich an der Person schätze und weniger schätze. Allgemein betrachtet ist es doch immer das gleich, nur von Beziehung zu Beziehung ein bisschen anders.

„Vielleicht," antworte ich schließlich wage auf Jimins Frage. „Ich hoffe es zumindest."
„Aber an sich habt ihr euch gut unterhalten? Taehyung war nicht genervt und wollte dich irgendwie dazu bewegen nur mit ihm rumzumachen?," versucht Junha mich weiter auszuquetschen.
„Wenn du so fragst, hört sich das an, als wäre er ein perverser, alter Sacke," lache ich leicht.
„Naja, wenn wir ganz ehrlich sind: Wenn er nicht so gut aussehen würde und du nicht auf ihn stehen würdest, dann wäre er genau das," überlegt Junha laut.
„Genau, stell dir vor, seine Beine würden so bleiben, wie sie jetzt sind, aber er hätte voll den Bierbauch. Die Hälfte seiner Haare wären ihm schon aufgefallen und wenn er von der Arbeit wieder kommt, sieht man jedes Mal noch Essensrest von seinem Mittagessen am Mundwinkel kleben. Und jedes Mal, wenn ihr zusammen mit deiner Familie esst, legt er unter dem Tisch seine Hand auf deinen Oberschenkel," führt Jimin Junhas Überlegung weiter aus.
„Oh mein Gott," lache ich und schlage mir die Hände vor's Gesicht. Die Vorstellung macht mich echt fertig. Aber sie haben schon recht. Wenn Taehyung nicht Taehyung wäre, würde ich vermutlich versuchen möglichst viel Abstand zwischen mich und diese Person zu bringen. Besonders, wenn sie auch noch versuchen würde, sich am mich ranzumachen oder aufdringlich werden würde.

„Alsooo," beginne ich und überlege, was Junha ursprünglich von mir wissen wollte. „Wir haben echt lange geredet. Eigentlich ist er sogar bei mir eingeschlafen. Es wäre echt schön gewesen, mit ihm zu kuscheln, aber ich hab ihn dann geweckt und er ist wieder rüber ins Gästezimmer. Und er hat sich echt so gar nichts versucht. Er schien am Anfang etwas verwirrt durch meine Fragen zu sein, aber dann hat er sich irgendwann zu mir gelegt und wir haben halt geredet. Das einzige, was er gemacht hat, ist, dass er irgendwann meine Hand genommen hat und mit meinen Finger gespielt hat."
„Dafür kriegt er schon mal ein plus," beschließt Jimin und Junha nickt zustimmend, wird dann aber wieder ernster.
„Du solltest aber langsam echt mal mit Yoongi reden."
„Ich weiß," seufze ich auf ihre Worte hin und raufe mir die Haare. „Ich weiß, aber ich hab irgendwie Schiss. Er war ja schon nicht begeistert, als ich ihm erzählt habe, dass ich in seinen besten Freund verknallt bin. Wie soll ich ihm dann sagen, dass ich mich in ihn verliebt habe?"
„Keine Ahnung, aber du schaffst das schon Kookie," lächelt Junha aufmunternd. „Sei einfach so ehrlich, wie du ihm gegenüber sonst auch bist."



Ich bin heute schon wieder recht spät nach Hause gekommen. Nach unserem Bibliothekstreffen waren wir noch was Essen und hinterher sind Jimin und ich wieder ins Fitnessstudio. Aron hat abgesagt, aber Hyunjin war wieder mit von der Partie. Nachdem ich nach Hause gekommen bin, hat Appa wieder mit der obligatorischen Schüssel Magerquark auf mich gewartet und mit mir zusammen das Wohnzimmer besetzt. Taehyung ist wohl nach dem Abendessen ins Gästezimmer verschwunden. Eomma meinte, sie wäre müde und würde nur noch ein wenig im Bett lesen, bevor sie schlafen geht. Yoongi Hyung war gerade unterwegs, um für Eomma die Einkäufe zu erledigen und hat sich dann zu Appa und mir gesellt, nachdem er wieder gekommen ist. Zusammen haben wir noch den Film bis zum Ende verfolgt, ehe wir uns alle zurückgezogen haben. Appa hat mir noch eine Gute Nacht gewünscht, ehe er sich zu Eomma gelegt hat, welche anscheinend schon am Schlafen war. Auch Yoongi hat noch kurz in mein Zimmer gelugt, bevor er sich hingehauen hat. Das ist inzwischen eine halbe Stunde her. Seufzend betrachte ich die Tür vor mir. Soll ich oder soll ich nicht? Ich habe ihn heute noch gar nicht gesehen. Aber was, wenn er schon am Schlafen ist, wie die anderen? Ich will ihn immerhin nicht wecken.

Doch wird mir die Entscheidung abgenommen, als ein sachtes Klopfen an meiner Tür erklingt, welches man schon fast überhören könnte. Sofort springe ich von meinem Bett auf, laufe zur Tür und öffne sie langsam, darauf bedacht, nicht zu viel Krach zu machen.
Taehyung steht im Türrahmen gelehnt und es kommt mir vor, als wäre er einem Film entsprungen, als er langsam aufschaut, direkt bei meinen Augen halt macht und mich schließlich anlächelt.

„Hallo Jungkook," flüstert er. Ich erwidere sein Lächeln und trete einen Schritt zur Seite, während seine Begrüßung stumm erwidere. Leise schließlich ich die Tür wieder, nachdem er eingetreten ist und in stummer Vereinbarung setzen wir uns nebeneinander auf mein Bett. Taehyung lehnt sich etwas zu mir und platziert einen Kuss auf meiner Wange und schließlich einen auf meinem Mund. Ganz sacht und unscheinbar, wie die ersten Küssen, die wir miteinander geteilt haben.

Eigentlich war ich darauf vorbereitet, dass jeden Moment mehr kommen würde, doch Taehyung lehnt sich zurück und fragt schließlich: „Wie war dein Tag?"
Ich bin überrascht. Positiv überrascht. Denn irgendwie hatte ich jetzt mit einer ausgiebigen Knutscherei gerechnet. Nicht, dass ich was dagegen einzuwenden hätte. Doch das es Taehyung scheinbar interessiert, wie mein Tag war, lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder mal durchdrehen.

Ich beginne zu erzählen, angefangen bei den Nachhilfestunden. Taehyung hört mir aufmerksam zu, erzählt schließlich auch von seinem Tag, als ich ihn danach frage. Irgendwann hat er schließlich seinen Arm um mich gelegt und ich habe meinen Kopf an seine Schultern gelehnt. Zwischendurch tauschen wir natürlich auch innigere Küsse miteinander. Es ist einfach ein schöner Ausklang für diesen, zum Teil doch recht stressigen, Tag.
Von mir aus könnten meine Abende öfter so aussehen.  

Does age matter? (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt