Kapitel 2

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Jungkook POV

Kaputt von dem langen Tag, schließe ich die Haustür hinter mir und werde von einem „Jungkook? Bist du das?" meiner Mutter begrüßt.
„Ja, Eomma!," rufe ich zurück und kurz darauf erscheint sie schon in der Wohnzimmertür. Sie hat sich schon was Bequemeres angezogen, als die Kleidung, die sie normalerweise zur Arbeit trägt. Ziemlich kaputt sieht sie auch aus.

„Ist Appa noch nicht da?," frage ich, da sie schließlich nachgefragt hat, ob ich es wäre.
„Nein. Er hat mir heute Mittag geschrieben, dass er heute Abend noch eine Konferenz rein bekommen hätte und nicht genau wüsste, wann er zu Hause ist. Essen steht in der Mikrowelle. Wenn du magst, kannst du dich zum Essen ja zu mir setzen."
Ich nicke die Worte meiner Mutter ab und bekomme von ihr noch einen Kuss auf die Wange gedrückt, ehe ich in die Küche verschwinde, um mir mein Essen warm zu machen. Anschließend setze ich mich wirklich zu meiner Mutter ins Wohnzimmer, um bei ihr zu essen.

Sie schaut sich gerade eines der Dramen an, die sie so gerne hat. Den Namen vergesse ich immer wieder, aber ich weiß, worum es ungefähr geht. Ich esse öfter nach der Schule im Wohnzimmer, während meine Eomma sich ihre Serien anschaut. Irgendwie ist das schon fast zu einer kleinen Tradition geworden. Ich weiß, dass sie und Appa früher etwas strenger waren und meinen Hyung nie im Wohnzimmer vor dem Fernseher haben essen lassen. Aber das ist wohl der Vorteil der Zweitgeborenen. Die Eltern werden lockerer. Noch dazu bin ich, meiner Meinung nach, schon fast wie ein Einzelkind aufgewachsen. Ich erinnere mich kaum an die Zeit, in der mein Hyung noch zu Hause gewohnt hat. Er ist schon kurz vor meiner Einschulung ausgezogen, damals war ich gerade mal fünf Jahre alt, während er schon angefangen hat zu studieren. Wahnsinn, dass ich inzwischen auch fast bei diesem Alter angekommen bin.

Jedenfalls wohnt mein Hyung noch immer in Seoul und hat leider nur selten Zeit mal nach Busan zu kommen. Aber man muss ihm anrechnen, dass er bisher keinen meiner Geburtstage verpasst hat. Er gibt sich wirklich Mühe bei den wichtigeren Ereignissen immer dabei zu sein, auch wenn er bei seinem Job wohl viel um die Ohren hat. Außerdem weiß ich, sollte jemals etwas sein, er immer für mich da wäre. Ich könnte immer zu ihm fahren oder ihn jederzeit anrufen, selbst wenn es mitten in der Nacht sein sollte. Er ist zwar kein sonderlich emotionaler Mensch, zumindest wirkt es immer so, aber er ist immer bemüht mir ein guter großer Bruder zu sein. Aber auch ein Vorbild, zu welchem ich aufschauen kann.

Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich meinen Hyung inzwischen seit fast acht Monaten nicht mehr gesehen. Zuletzt an meinem Geburtstag. Das war am Anfang meines letzten Schuljahres und inzwischen haben wir April. Normalerweise hätten wir uns Weihnachten und Neujahr gesehen, aber dieses Mal hat er es leider nicht zu uns geschafft. Weihnachten nicht, weil er die Feiertage mit seiner Freundin verbringen wollte und Neujahr wegen der Arbeit nicht.

Ich mochte seine Freundin ehrlich gesagt nicht wirklich. Sie war vielleicht ganz hübsch und hat sich immer bemüht nett zu sein, dennoch kam sie mir aber furchtbar unsympathisch und falsch vor. Sie hat einfach nicht zu meinem Hyung gepasst. Zwischen den Beiden ist es aber auch seit einer Weile wieder vorbei. Hyung meinte, dass er nach und nach immer mehr Dinge an ihr bemerkt hätte, die ihn stören würden und mit denen er nicht leben könnte. Generell ist die Beziehung nicht so gelaufen, wie sie es sich beide vorgestellt hätten.
Ich denke, mein Bruder bräuchte jemanden, der nicht allzu aufgedreht ist, ihn aber motiviert auch mal was zu unternehmen und ihm zeigt, wie sehr er geliebt wird. Wer will das denn nicht gezeigt bekommen?

Zumindest im gesundem Maße. Denn wenn ich so an meine letzte Beziehung denke, sollte man es damit vielleicht auch nicht übertreiben. Der Kerl mit dem ich vor einem Jahr zusammen war, hat mich regelrecht erstickt. Das war einer der Gründe, wieso diese Beziehung nicht lange gehalten hat. Am Anfang habe ich es geliebt, wenn er mich gesagt hat, er fände mich hübsch und würde mich lieben. Aber irgendwann wurde es komisch. Er war schon fast krankhaft eifersüchtig und seiner Meinung nach hatte ich mich jedes Mal, wenn ich etwas mit meinen Freunden unternahm, erstmal bei ihm abzumelden und natürlich um seine Erlaubnis zu bitten. Das war definitiv nicht die Art Liebe, die man sich in einer Beziehung wünscht. Nachdem ich mit ihm Schluss gemacht hatte, er aber der Meinung war, ich könnte so was nicht tun, hatte meine Mutter ihm ordentlich die Leviten gelesen. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Ich glaube nicht, dass ich alleine mit dem klar gekommen wäre. Das war schon gruselig. Ohne meine Mutter wäre ich wirklich verloren gewesen. Das ist das erste und letzte Mal gewesen, dass ich dankbar dafür war, wie sehr sie einem Angst machen kann, wenn sie wütend ist.

Immerhin war die Beziehung, die ich vor ihm hatte, wesentlich schöner. Es war meine erste Beziehung und ich war wahnsinnig verknallt. Wir hatten traumhafte drei Monate zusammen und dann musste er umziehen. Das war vor knapp zwei Jahren. Mein erster Liebeskummer, da wir uns gegen eine Fernbeziehung entschieden hatten. Naja, eigentlich eher er. Ich hätte es gerne versucht, aber ich kann auch die Gründe verstehen, aus denen er es lieber lassen wollte. Hyung war extra über ein Wochenende nach Hause gekommen, um mir Trost zu spenden.

Ich frage mich immer noch, wie es sein kann, dass er noch in einer Junggesellen Bude mit seinem besten Freund lebt und nicht schon längst verlobt ist. Andererseits scheint Hyung das Leben mit seinem besten Freund zu genießen. Ich frage mich, was er wohl für ein Mensch ist. Hyung erzählt zwar immer wieder von ihm, doch wirklich kennen tue ich ihn nicht. Klar, es gibt Fotos von ihnen, als sie noch recht jung waren und als ich klein war und bei Hyung zu Besuch war, hatte ich ihn schon getroffen. Doch erinnern kann ich mich daran nicht wirklich. Wenn ich, als ich älter wurde, Hyung mal in Seoul besuchen war, hatte sein bester Freund sich immer in sein Zimmer zurück gezogen oder Hyung und mir die Wohnung überlassen und bei einem ihrer Freunde geschlafen. Insbesondere am Anfang der Pubertät war ich wahnsinnig schüchtern und mir waren viele Dinge unangenehm und peinlich, bei denen ich gar nicht mehr weiß, wieso eigentlich. Hyungs bester Freund wollte wohl einfach Rücksicht darauf nehmen, damit ich schöne und entspannte Tage mit meinem Bruder habe und mich auch wirklich wohl fühle.

Ich glaube, zuletzt habe ich ihn mal mit zehn gesehen, aber selbst daran kann ich mich nicht wirklich erinnern. Von da an war ich aber auch immer seltener zu Besuch. Als Teenager hat man halt besseres zu tun. Oder man glaubt es zumindest. Nur das er super nett zu mir war, und eben auch wirklich rücksichtsvoll, weiß ich noch. Aber so, wie Hyung von seinem besten Freund redet, kann er aber nur ein guter Mensch sein.  

Does age matter? (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt