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„Was hältst du eigentlich davon, wenn ich meine Haare färben würde, ohne dass ich unseren Eltern davon erzähle?", fragte ich irgendwann, um ein neues Thema anzuschneiden. Allein an dem skeptischen Blick konnte ich erkennen, dass es wohl keine sonderliche gute Idee zu sein schien. Ich hatte mir, seitdem ich Hyunjin kennengelernt hatte, die Frage gestellt, ob es eine gute Idee sein würde. Meine Eltern würden mich schließlich nicht einfach so zum Friseur lassen, außer wenn ich mir die Haare schneiden lassen musste. Aber über Farbe haben wir nie gesprochen und irgendwie konnte ich mich noch vor ein oder zwei Jahren erinnern, als sich Rachel die Haare färbte. Da herrschte eine riesige Aufruhe wegen nichts und deswegen hatte ich diesen Gedanken immer, wenn er aufkam, ganz schnell beiseitegeschoben.

Jetzt, wo ich aber mit Hyunjin befreundet war, schien es vollkommen verlockend für mich zu sein von dem langweiligen braun wegzukommen.

„An sich bist du siebzehn und wenn du es möchtest, dann tue es. Aber ich glaube, sie werden dich zwingen deine Haare wieder in ihre Ursprungsfarbe zurückzufärben und damit wäre das Ergebnis futsch." Die Antwort war zwar ungefähr genau das Gleiche, was mir in meinem Kopf herumgeisterte und somit war ich eben auch nicht schlauer als vorher. „Fragen wir mal so, welche Farbe möchtest du denn haben?"

Nervös biss ich mir auf die Lippe. Es würde eine ziemlich drastische Veränderung sein und irgendwie war ich mir dabei auch absolut nicht sicher, ob ich Hyunjin dahingehend vertrauen kann, ob mir die Haarfarben standen, die er mir vorschlug.

„Hyunjin meinte, mir würde blond stehen, Pastellfarben oder orange... Nur weiß ich nicht, ob es wirklich so ist.", murmelte ich leise vor mich hin, biss mir erneut auf die Lippe und atmete dann erst einmal tief durch. Ich wusste nicht einmal so ganz, weswegen ich so aufgeregt war. Es war keine beschlossene Sache und wenn dem so wäre, würde es wohl noch einige Zeit dauern, ehe ich mich dazu wirklich traute. Es war nur meinen Eltern geschuldet, dass ich mich nicht dazu traute, wobei meine Klassenkameraden auch eine gewisse Rolle spielten. Aber egal wie ich aussah, sie würden immer etwas an mir auszusetzen haben.

„Das ist definitiv eine krasse Typveränderung und sie werden darüber nicht erfreut sein... Aber wenn du es wirklich machen möchtest, tue es. Wenn es so sein soll, kann ich mich dann auch mit ihn anlegen, damit sie Ruhe geben..." Natürlich würde Rachel wieder alles auf sich nehmen und mich vor den Worten und Taten unserer Eltern beschützen, aber ich würde mir auch etwas dümmlich dabei herüberkommen. Sie war eben nur zwei Jahre älter als ich und mit meinen siebzehn Jahren sollte ich es langsam mal auf die Reihe bekommen für mich selbst einzustehen. Ich weiß, dass sie es nur gut meinte, aber so würde ich nie etwas allein hinbekommen, wenn ich unbewusst dachte, dass mir meine Schwester am Ende wieder einmal aus der Patsche helfen würde. Das war eben auch nicht Sinn und Zweck des Ganzens.

„Mal sehen... Vielleicht mache ich es... Vielleicht auch doch nicht. Aber es würde dann erst nächstes Jahr werden, denke ich. Dieses Jahr möchte ich irgendwie noch in Frieden beenden können, ohne dass sie mich hassen."
„Sie hassen dich nicht, Lix.", wollte mich Rachel besänftigen mit ihren Worten. Dass ich mir wie das unerwünschte Kind der Familie herüberkam, war keinesfalls ein Geheimnis gewesen. Ich überlegte mir oft, woran es lag und manchmal gab ich einfach die Schuld mir selbst. Immerhin hätte ich mein ganzes Leben bisher verdrängen können, dass ich kein Junge sein wollte. Es hätte vieles für sie einfach gemacht und vielleicht wäre ich eben auch offener gewesen in einigen Dingen. Daran hätte ich zwar einen viel größeren, psychischen Schaden nehmen können, als es schon damals der Fall war. Keine Frage. Aber solang alle anderen glücklich waren, würde sich dieser Schmerz lohnen, nicht?

Manchmal hasste ich es wirklich, dass ich ausgerechnet eine der Personen sein musste, die sich durch den Alltag zu quälen hatten und mehr kämpfen mussten als es andere taten. Natürlich hatte jeder seine eigenen Probleme, aber mir kam es so vor, als würde mein Leben bisher nur daraus bestehen, wie ich am besten nicht aufflog, damit man mich akzeptierte, wie ich war und eine tickende Zeitbombe wegen einzelnen Wörtern war, die jeder Zeit hochgehen konnte, wenn man nicht aufpasste.

„Es ist schwer zu glauben, wenn sie ständig an einem etwas auszusetzen haben und wegen unnötigen Dingen einen Streit anfangen. Aber am Ende sorgen sie sich um uns alle auf ihre eigene Art und Weise. Bei dir sind sie eben besonders vorsichtig, weil sie nicht an dich herankommen, obwohl sie es am liebsten würden... Ich weiß, wie schwer es für dich ist ständig damit konfrontiert zu werden... Aber wir schaffen das alles, okay?"

Mit großen Augen sah sie mich an und breitete ihre Arme aus, um mir zu verdeutlichen, dass sie mich umarmen wollte. Zwar war ich gerade nicht ganz so bereit dafür, aber ich wusste auch, dass es nicht fair sein würde. Also zog ich sie in eine Umarmung und spürte, wie sie ihre Arme sachte um mich legte.

„Danke, Rachel"

𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt