Throwback
„Guck mal Felix, da warst du so ein süßes Kind!"
Wieder einmal blätterten meine Eltern durch die Fotoalben, als wäre es ihr liebstes Hobby gewesen. Und trauriger Weise musste ich es über mich ergehen lassen, weil Olivia und Rachel im selben Boot saßen. Mit jedem weiteren Bild, welches meine Eltern zeigten, wurde mir wieder einmal bewusst, wie wichtig ihnen Rollenklischees waren. Während meine Schwestern immer rosa, pink und rot trugen, fand ich mich oftmals in blauen Sachen wieder, obwohl ich mich an eine Szene genauestens erinnern konnte, als ich meinte, dass ich auch rosa tragen wollte und es unfair war, nur weil ich ein Junge war. Nur hatten meine Eltern gelacht und gemeint, dass nur Mädchen rosa tragen durften und es andere nicht mögen würden, wenn ich solch eine Farbe trug. Dabei dachte man im Kindesalter nicht einmal darüber nach. Es waren einfach Farben, sie waren bunt und Kinder mochten bunte Dinge. Nur verblieben genau solche Aussagen im Kopf der Menschen und man würde eben sowas immer in Geschlechter trennen.
Blau war für Jungen. Rosa für Mädchen.
„Aber manchmal frag ich mich, wo dieser Felix hin ist...", hörte ich meine Mutter hinter mir murmeln. Ein Grund mich schlecht zu fühlen. Den Fehler an mir zu suchen. Es schien auf einmal alles falsch an mir zu sein. Mein Arte, mein Verhalten, mein Aussehen, obwohl ich doch alles dafür tat, dass ich mich nicht anders verhielt, wie ich es sonst auch tat. Nur hasste ich mich eben ein Stück mehr, meine Eltern in dieser Hinsicht enttäuscht zu haben, obwohl sie es nicht einmal so gemeint hatten.
„Aber so wie er jetzt ist, ist er doch auch toll! Es ist schließlich nicht falsch sich zu verändern.", redete Rachel ihr sofort ins Gewissen. Mein Herz zog sich zusammen, weil ich es nicht mehr hören konnte. Worte wie er, Junge oder meinen eigenen Namen, verschlimmerten meine Gefühlslage und ließ es sich so anfühlen, als wäre sowas im Moment meine eigene Art von Gravitation; es zog mich auf den Boden und sorgte dafür, dass ich selbst mit dem größten Willen innerhalb eines Sekundenbruchteils mich wieder auf dem Boden befand.
Dabei hatte ich eigentlich jeglichen Grund, um mich gut zu fühlen. Seit langem war ich endlich wieder mit Positivität in mir aufgewacht, weil ich nicht dieses elendige Gewicht auf mir zu drücken spürte. Vorgestern hatte ich mir bei meinem besten Freund das Herz ausgeschüttet, weil ich realisierte, wie schmerzhaft die Verdrängung war, der ich mich täglich aussetzte. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, wie sehr ich es hasste in meinem Körper jeden Tag aufzuwachen, dabei wollte ich genauso wenig einen anderen haben, der eines weiblichen Geschlechts war. Ich hatte mir zwar vorgestellt, wie es war als Mädchen aufzuwachen, nur würden meine Probleme dadurch nicht verschwinden. Sie würden wohl genauso da sein, vielleicht wären sie sogar schlimmer. Und dieser Gedanke beängstigte mich nur noch mehr.
Aber nun verblasste die Euphorie in mir, weil ich noch lange nicht an meinem Ziel war. Wohl eher würde ich es nie erreichen können, weil ich einfach zu sehr Angst vor Abneigung hatte. Angst davor nicht akzeptiert zu werden und einen der wenigen Orte zu verlieren, wo ich mich relativ sicher fühlte. Auch wenn ich dafür in Kauf nehmen musste, dass diese Orte Schmerzen verursachen konnten.
„Natürlich ist es das nicht. Veränderungen können zwar nicht immer schöne Dinge mit sich bringen, aber sie gehören zum Leben. Und Felix hat sich definitiv nicht in eine falsche Richtung verändert! Er wird immer unser kleiner Sonnenschein bleiben, ganz egal, was auch passieren mag."
Wenigstens hatte der letzte Satz meines Vaters mir Kraft gegeben und gezeigt, dass es Chancen gab, dass sie mich akzeptieren würden, wenn ich mich outete. Das meinte er doch sicherlich mit »was auch passieren mag«, oder? Oder meinte er nur damit, dass es ihnen egal war, was ich für einen Blödsinn trieb und Ärger mit nach Hause brachte? Sofort erstickte dieses kleine Fünkchen an Hoffnung wieder und ich hatte mich entschieden, still schweigend auf mein Zimmer zu gehen. Ich wollte nicht in Tränen ausbrechen, weil ich mich so verzweifelt fühlte.
Denn dann hatte ich mich zu erklären und ich konnte ihnen nicht dieses Chaos in mir antun. Es würde sie wahrscheinlich zerstören und wenigstens der Rest sollte glücklich werden in dieser Familie.
DU LIEST GERADE
𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIX
FanficFelix ist immer der Junge gewesen, wie man es ihm vorgegeben hat. Ein Rollenbild, welches sich in seinem Kopf noch so falsch anfühlt, während er zu ängstlich ist zu sagen, wieso er am liebsten alles dafür tun will, dass ihn seine Mitmenschen nicht m...