Etwas geschockt betrachtete ich mein Spiegelbild und wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Meine Haare kamen mir vor wie eine Perücke, die ich jederzeit absetzen konnte. Als ich aber mir vorsichtig durch die Haare fuhr und langsam begriff, dass sie keinesfalls unecht waren, musste ich erst einmal schlucken. Je öfter ich mir aber durch die Haare fuhr, umso bewusster wurde mir, wie trocken sie waren. Die Veränderung hatte eben auch seine Nachteile und ich würde wohl nun etwas mehr Pflege einplanen müssen.
Und auch wenn ich ziemlich geschockt war, bereute ich es keineswegs dies getan zu haben.
„Ich kann deine Haare wieder wellig machen, wenn du möchtest.", schlug mir der Blonde vor, dem ich abwesend zustimmte. Als er also auf dem Weg war sein Glätteisen zu holen, hörte ich, wie jemand an der Tür klingelte. Es würde wohl Rachel sein, die sich angekündigt hatte und die wird den Schock ihres Lebens bekommen, wenn sie mich so sehen wird. Nur hatte ich verlangt, dass die anderen beim Auswaschen nicht dabei sein durften und sich gedulden müssten, bis ich fertig war. Und weil Hyunjin sich heute als mein persönlichen Stylist ernannt hatte, konnte dies etwas länger dauern, als nur die Haare zu föhnen.
„Du siehst so viel besser aus mit kupfernen Haaren, Lix!", schwärmte Hyunjin und strubbelte noch einmal meine trockenen Haare durch, ehe er sie mit seinen Fingern kämmte und wartete bis das Glätteisen auf der entsprechenden Temperatur war. „Chan wird ich freuen, wenn er dich sieht! Wenn er dir nicht bald seine Liebe erklärt, dann fang ich an, an ihm zu zweifeln!"
Meine Augen wurden riesig. Es schien mir, als hätte ich mich verhört, zumindest die Worte falsch verstanden, die Hyunjin gesagt hatte. Chan war mein bester Freund und ich würde niemals denken, dass er sich tatsächlich in mich verlieben würde. Schließlich steckte ich voller Selbstzweifel, dass es für mich unmöglich erschien, dass mich jemand auch nur im Ansatz lieben könnte, als nur freundschaftlich. Es klang in meinem Kopf absurd und somit ratterte auch mein Kopf immens, weil ich es schlicht und ergreifend nicht wahrhaben konnte.
„L-Liebe erklären?", wiederholte ich sicherheitshalber noch einmal, damit ich mich nicht täuschte. Doch fing Hyunjin einfach nur dabei an zu kichern und zauberte die ersten Wellen in meine nun orangenen Haare, ohne darauf wirklich einzugehen. Im Spiegel konnte ich erkennen, wie er breit lächelte. Doch fixierte ich mich selbst sehr schnell wieder im Spiegel und wurde erneut sehr unsicher. Was war, wenn ich ihm nicht gefiel und er braun zigmal besser an mir fand? Eigentlich war ich für einen kurzen Moment sogar selbstsicher und nicht in totale Selbstzweifel gestürzt, aber jetzt, dass es im Raum stand, Chan würde mich lieben, fühlte ich mich so, als würde ich ihm gefallen müssen. Dabei tat ich die Veränderung für mich, weil ich nicht mehr Felix sein wollte, sondern Lix. Ich wollte nicht mehr der typische Junge sein, wie man es von mir erwartete.
„Er hat dich sehr gern... Aber mach dir keinen allzu großen Kopf darum. Ich hab es nicht ernst gemeint. Es war eher ein kleiner Scherz, um die Stimmung aufzuheitern." Leider bewirkte sein kleiner Spaß das genaue Gegenteil. Ich triefte wieder einmal vor Selbstzweifel und wusste nicht, wie ich mir helfen konnte, außer zuzusehen, wie Hyunjin immer mehr Strähnen mit einer einfachen Handbewegung wellig machte. Als er damit fertig war, schminkte er mich noch ein klein wenig, was jedoch nicht allzu sehr Zeit in Anspruch nahm, wie es bei mir der Fall war, wenn ich jemanden schminkte. Ich wusste nicht, woran es genau lag. Ob ich einfach nur total langsam war oder ob Hyunjin viel mehr Übung als ich hatte.
Ein letztes Mal sah ich in den Spiegel und schenkte mir selbst ein aufmunterndes Lächeln. Mein Make-up war an meine Haare angepasst und weil Hyunjin einen Tag vorher mich besucht hatte, mir Sachen herausgelegt hatte, trug ich einen schwarzen Rollkragenpullover und eine ebenso schlicht schwarze Jeans. Ich wirkte auf mich selbst schon ein bisschen anders, nur fehlte mir eben das nötige Selbstbewusst sein, um mich in diesen Sachen akzeptieren und wohlfühlen zu können.
„Du kannst schon mal runtergehen, ich mag doch schnell alles wieder ordentlich machen. Ich mag keine Unordnung bei Chan verbreiten.", meinte er. Kurz nickte ich und überlegte, ob ich fragen sollte, dass ich ihm helfen könnte. Recht schnell schob er mich aber aus dem Badezimmer raus und verdeutlichte mir, dass er keinerlei Hilfe anscheinend brauchte. Umso nervöser wurde ich, als ich die Treppenstufen nach unten lief und hörte, wie Chan mit Seungmin und meiner Schwester redete. Als sie alle aber hörten, wie ich leise die Stufen heruntertapste, verstummten ihre Worte und sehr schnell wurde es still. Umso stärker schlug mein Herz gegen die Brust, weil mir Hyunjins Worte einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte.
Als ich also um die Ecke ging, spürte ich alle drei Augenpaare auf mir und unsicher setzte ich mich einfach auf den Stuhl neben Seungmin. Natürlich hätte ich auch hier irgendeinen Spruch drücken können, aber mir entfielen jegliche Worte. Ich war unfähig zu sprechen und somit herrschte eine sehr unangenehme Stille. Wenn es schrecklich aussah, hätten sie es mir sofort sagen können. Damit konnte ich viel besser leben als ein Schweigen, welches von keinem der Drei gebrochen werden wollte.
„W-Was s-schweigt i-ihr alle? I-Ist e-es so h-hässlich?"
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𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIX
FanfictionFelix ist immer der Junge gewesen, wie man es ihm vorgegeben hat. Ein Rollenbild, welches sich in seinem Kopf noch so falsch anfühlt, während er zu ängstlich ist zu sagen, wieso er am liebsten alles dafür tun will, dass ihn seine Mitmenschen nicht m...