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⚠️ Triggerwarnung: Wunsch nicht mehr leben zu wollen ⚠️

Flashback

Anstatt ihm eine Erklärung zu geben, brach ich endgültig in Tränen aus. Ich war schwacher, als ich angenommen hatte. Die ganze Zeit hatte ich mir vorgestellt, wie es sein würde. Wie ich mich verhalten würde. Wie sich die Person verhalten würde, der ich es erzählte. Die ganze Zeit hatte ich mir eingeredet, dass es für mich nicht ganz so schlimm sein würde. Vor allem nicht bei meinem besten Freund. Aber meine Gefühle hatten mich eines besseren belehrt. Ich war total überfordert, weil ich nicht wusste, wie ich es ihm erklären sollte. Dass man dem Druck nicht mehr standhalten konnte, die andere an einen hatten. Ich wusste nicht einmal, wie ich überhaupt auf den Gedanken kam, dass ich mich als non binary abstempelte. Denn eigentlich war ich durch und durch ein Junge. Keine Frage, nur wollte mein Kopf aus irgendeinem Grund keiner sein und weil ich es immer vor mich hergeschoben hatte und mir eingeredet hatte, dass es nur eine Phase war, es besser werden würde, je älter ich wurde, schien es viel eher schlimmer zu werden als besser. Es gab allerdings nie einen wirklichen Auslöser, dass ich vom einen auf den anderen Tag aufwachte und beschloss, kein Junge mehr sein zu wollen. Es wuchs mit dem Alter, den ständigen Druck meiner Mitmenschen, besonders den meiner Eltern, sowie meinen wachsenden Hass gegen meinen eigenen Körper.

Ich hasste meinen Körper und ich wünschte nichts mehr, als nie wieder aufwachen zu wollen. Ständig drehten sich meine Gedanken darum, dass es unerträglich war und ich jeglichen Möglichkeiten aus dem Weg ging, um ihn nicht sehen zu müssen. Aber besonders wollte ich, dass andere meinen Körper nicht sahen, weil er falsch war an allen Ecken und Enden. Einige Worte waren Trigger, besonders mein eigener Name. Dabei sollte ich dankbar sein, dass mir meine Eltern diesen Namen gegeben hatten. Eigentlich gab es keinerlei Gründe, um etwas an diesem auszusetzen. Noch nie wurde ich wegen diesem geärgert oder aufgezogen. Jedoch hatte ich ganz andere Probleme damit, weil er ein Jungenname war und alles andere als neutral schien. Ich hatte schließlich von keinem Mädchen gehört, welches so hieß. Und wenn, gab es weibliche Formen davon, wie Felicia, Felicitas oder Felice.

Ganz zu schweigen davon, dass es mich extrem einengte, wenn Leute immer zu von ihm sprachen, wenn sie mich meinten.

„I-Ich will d-diesen Kampf n-nicht mehr f-führen, Chan.", krächzte ich zwischen meinen Schluchzern. Doch meine Gefühlslage verbesserte sich noch lang nicht dadurch. Ich traute mich einfach nicht zu sagen, was mit mir los war, weil ich Angst hatte, dass man mich verurteilen könnte, wie ich war. Natürlich war es nur ein Bruchteil der Menschen, die wirklich so waren. Indirekt unterstellte ich meinem besten Freund auch damit, dass er auch solch einer war, obwohl es alles andere als meine Intention war.

„Atme tief durch und versuche ruhig zu erklären, was genau du mit Kampf meinst." 

Nur war es nicht nur ein einziges Mal, dass ich tief durchatmete. Es wären bestimmt fünf Mal, wenn sogar mehr, ehe ich eine Verbesserung spürte, ohne das Gefühl zu haben, dass ich keine Luft mehr bekam. Mir war klar gewesen, dass meine Stimme nicht auch nur im geringsten fest war und eher einen kleinen Piepsen glich.

„I-Ich wach  jeden Tag auf u-und ich h-hasse meinen Körper. I-Ich möchte kein J-Junge sein. M-Mein Körper ist a-abstoßend. Aber ich tue j-jeden Tag so, a-als wäre alles mit mir o-okay, damit alle g-glücklich sind.", stammelte ich und rang erneut nach Luft, obwohl ich mich weiter irgendwie erklären wollte. Nur erwies sich das eben als schwerer, als es mir recht war. Denn in mir schrie es, dass es ein großer Fehler, den ich dabei war zu begehen. Ich würde es bereuen, wenn ich nicht sofort damit aufhören würde. Aber es würde mir am Ende auch nichts bringen, wenn ich weiterhin auf stark tat, obwohl die Menschen um mich herum sahen, wie kaputt ich eigentlich war.

„I-Ich will nicht, dass Menschen meinen K-Körper sehen, weil er f-falsch ist. W-Wenn ich in den Spiegel sehe, fühle ich m-mich erbärmlich, eklig, w-wertlos, weil ich f-falsch bin. Ich bin t-total falsch... M-Mein Körper, m-mein Kopf, mein ganzes V-Verhalten. D-Die aus meiner K-Klasse meinten, ich mache alles aus A-Aufmerksamkeit, weil sich n-niemand um mich Zuhause k-kümmert. S-Sie ärgern mich b-beim Sport, dass i-ich mich wie ein Mädchen v-verhalte. S-Sie äffen mich n-nach, wenn ich e-etwas sagen muss, w-weil ich meine Stimme anhebe und sie höher d-deswegen ist, sodass ich mich nicht einmal mehr t-traue zu antworten im Unterricht. I-Ich will dieses Leben nicht mehr so l-leben."

Währenddessen, dass ich ihm viel zu emotional meine Gedanken und Gefühle präsentierte, hatte er mich in den Arm genommen und blieb weiter stumm. Und weil ich eben emotional handelte, passierte es sehr schnell, dass ich nicht über meine Worte nachdachte, die wohl für meinen besten Freund nicht gerade einfach waren zu verdauen.

„I-Ich bin so falsch... Alles an mir ist f-falsch und ich halte es nicht mehr aus. Wieso muss ich gerade einer der Menschen sein, die sich in in ihrem Körper  f-falsch fühlen?" Allerdings wollte ich genauso wenig einen Mädchenkörper haben. Ich würde mich in diesem vielleicht noch viel schlimmer fühlen. Irgendwie machte mir der Gedanke auch Angst, wenn ich in einem anderen Körper war, als meinem eigenen. „W-Wieso fühlt es sich so falsch an, w-wenn man merkte, dass man w-weder Junge, noch Mädchen sein will? W-Wieso gibt es diese Einteilung, wenn sie für e-einige nur Schmerz bedeutet?"

Ich spürte, wie mich Chan näher an sich zog, weil er merkte, wie schlecht es mir ging. Zugleich merkte ich auch, dass er selbst gerade eher mit sich zu kämpfen hatte, mit den Worten, die ich ihm gab. Der Macht, war ich mir nicht einmal bewusst gewesen, was ich nicht nur in mir, sondern auch in ihm auslöste. Zwar fühlte es sich minimal besser an, jetzt wo ich meine Gedanken ausgesprochen hatte, aber ich wusste auch, wie schwer es für Chan sein musste.

Einige Minuten redeten wir gar nichts, was mich nur noch mehr in Panik verfrachtete und es mich bereuen ließ, dass ich gerade überhaupt darüber gesprochen hatte. Es war zu viel. Viel zu viel. Aber als ich spürte, wie der Brünette nach Luft rang, um endlich Worte hervorzubringen, wusste ich auch, dass es ihn nicht ganz so kalt ließ.

„Es tut mir so leid, dass ich es nie gesehen habe, dass du dich unwohl in deinem Körper fühlst, dass du keine Junge sein willst... Manchmal hatte ich die Vermutung, aber ich dachte die ganze Zeit, dass es nichts zu bedeuten hatte... Ich hätte so viel besser machen können."

𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt