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Still betrachtete ich im Dunkeln die Zimmerdecke und lauschte dem ruhigen Atem von Chan. Die leichten Lichtstreifen, die den Raum erhellten, waren das Einzige, was in diesem Moment interessant waren. Die Uhrzeit schätzte ich auf vier Uhr, vielleicht war es auch früher oder später. Mein Zeitgefühl hatte mich dahingehend schon längst verlassen. Seither hatte ich aber nicht schlafen können, was ich den Kopfschmerzen zu verdanken hatte. Sobald ich beinahe eingeschlafen war, stach mein Kopf immens und weckte mich somit aus dem Halbschlaf. Nichts vollkommen Neues, mit was ich konfrontiert wurde und ich war wirklich empfindlich gewesen, was sämtliche Schmerzen anging. Nur traute ich mich dummerweise nicht einmal nach Tabletten zu fragen, weil ich am liebsten darauf verzichten wollte.

Vorsichtig drehte ich mich zu Chan, welcher friedlich schlief und unbeschwert schien, als würde er in seinen Träumen nicht von irgendetwas Schlimmen heimgesucht werden. Der Großteil seiner blonden Haare verdeckte seine Augen, während sein Lippen einen kleinen Spalt geöffnet waren. Sein Atem ging langsam und regelmäßig. Wenn ich ehrlich war, sah er schon aus, wie ein kleiner Engel, der auf die Erde gekommen war und dem ich so viel zu verdanken hatte, dass ich es ihm niemals wieder zurückgeben konnte.

Sanft strich ich ihm einzelne Locken aus dem Gesicht, weswegen er sein Gesicht ein wenig im Schlaf verzog. Seine Stirn runzelte sich kurz, doch war er mindestens genauso friedlich wie zuvor und hatte nicht mitbekommen, dass ich ihn gedankenverloren angesehen hatte. In mir stieg dieses dringende Bedürfnis seine Haare wegzustreichen zu wollen, um sein Gesicht im Dunkeln begutachten zu können. Auch wenn mir sämtliche Details verwehrt wurden und ich ein klein wenig darüber enttäuscht war. Oft hatte ich eben das Problem jemanden für eine gewisse Zeit ins Gesicht zu sehen. Es wurde mir unangenehm, aber jetzt, wo Chan schlief, musterte ich die Umrisse seines Gesichts mitsamt den Schatten, die es in der Dunkelheit warf.

Auf einmal überkam mich das Gefühl mich bedanken zu wollen für alles, was er jemals für mich getan hatte. Auch wenn er meine Worte nicht hören konnte und sie somit eben nur in einem Selbstgespräch endeten. Chan war der perfekte beste Freund, den man sich vorstellen konnte. Selbst wenn er auch seine Macken hatte, manchmal ein bisschen zu überfürsorglich war und aus dem Nichts derartig ernst sein konnte, dass ich das Gefühl bekam, etwas falsch gemacht zu haben, machte es ihn definitiv zu keinem schlechteren Menschen. Immerhin machten ihn diese Eigenschaften zu demjenigen, der er war und ich würde ihn auch niemals eintauschen wollen. Auch wenn er mich mal verletzte. Sowas gehörte zu einer Freundschaft dazu, ganz egal, ob man immerzu Rücksicht nahm. Auch permanente Rücksicht konnte einen verletzen.

„Du solltest schlafen.", hörte ich den Blonden grummeln, was mein Herz derartig zum Rasen brachte. So tief, wie ich dachte, dass er schlief, schien es nicht zu sein. Weil ich so perplex von den Worten war, verweilte ich in meiner Position und konnte erkennen, wie sich die Augen meines Gegenübers langsam öffneten und mich recht verschlafen musterten. Nervös biss ich auf meiner Lippe herum und versuchte ruhig zu atmen.

„Ich weiß, dass du die ganze Zeit nicht geschlafen hast und wachlagst... Aber Schlaf ist auch wichtig..."
„Hab Kopfschmerzen", gab ich knapp als Ausrede von mir und sah, wie er Schwierigkeiten hatte seine Augen überhaupt offenzuhalten. Jedoch fuhr er schnell herum und kramte in seiner Nachttischschublade. In binnen weniger Sekunden hielt er mir eine Tablette entgegen und ein halbvolles Glas Wasser, welches ich nicht ausgetrunken hatte, während er seinen Blick abwartend auf mir behielt. Seinen Oberkörper stützte er mit seinem rechten Arm ab, bis ich das Glas komplett ausgetrunken hatte. Ein plötzlicher Anflug an Reue überfuhr mich und als ich ein bisschen widerwillig die Tablette mit dem Wasser herunterschluckte, überfuhr mich ungewollt ein Schauer, der nicht wirklich angenehm war.

„Tut mir leid...", grummelte ich leise vor mich hin, obwohl ich mich nicht einmal genau wusste, wieso ich mich genau entschuldigte. Es kam einfach hoch, als hätte ich nicht nachgedacht. Vorsichtig nahm er mir das Glas wieder aus der Hand und drückte mich sanft zurück auf die Matratze, während sein Daumen sachte meine Wange auf und abstrich. Es verstrichen einige Sekunden bis er ansetzte, um etwas zu sagen: „Du hast nichts falsch gemacht... Versuch einfach zu schlafen und ich werde solang auf dich aufpassen bis du wirklich eingeschlafen bist, Lix... Es ist schon wirklich spät." Seine Mundwinkel zuckten nach oben, deuteten ein Lächeln an, ehe ich nach einigen weiteren Sekunden meine Augen wieder einmal schloss und hoffte, dass ich endlich einschlafen konnte.

Ich wollte immerhin Chans Schlaf nicht rauben.

𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt