Von Tag zu Tag wurde es draußen immer kälter. Die Bäume hatten schon fast keine Blätter mehr und die Temperatur sank langsam, aber sicher. Im Gryffindor-Gemeinschaftsraum waren alle in ihre Pullover eingehüllt, kuschelten sich in ihre Decken oder tranken haufenweise Tee, der sie warm hielt. Oliver und ich machten das Gleiche. "Fährst du an Weihnachten nach Hause?", fragte mich der gutaussehende Quidditch-Spieler. "Wahrscheinlich, du?" Er zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich." Mehr hatten wir uns nicht zu sagen. Seit dem wundervollen Tag bei mir zu Hause sprachen wir nicht viel miteinander. Eigentlich wollten wir darüber reden, was sich zwischen uns entwickelt hatte, taten es allerdings nicht. "Was hast du in Geschichte für Zauberei geschrieben?", erkundigte sich Oliver. Es schien, als versuchte er verzweifelt ein Gesprächsthema zu finden, schließlich unterhielten wir uns fast nie über Schulnoten. "Ich hab ganz gut abgeschnitten. Es war ein leichter Test." Mehr wagte ich nicht zu sagen. Die Situation zwischen uns war angespannt. Dafür gab es nicht mal einen richtigen Grund. Eigentlich wollte ich Oliver sagen, was ich für ihn empfand, aber ich konnte nicht. Ich schweifte mit meinen Gedanken ab, sodass ich etwas verwirrt war, als Oliver weiter über seine Noten redete. "Ich fand den Test schwer. Ich hab ihn zwar bestanden, aber nur knapp." Nachdem ich nicht antwortete, sondern einfach vor mich hinstarrte, seufzte Oliver schwer und fragte: "Bella, wieso reden wir jetzt über den nervigen Test? Du meintest, wir reden über..." "Ja ich weiß!", würgte ich ihn ab. "Entschuldigung, das sollte nicht so harsch klingen. Ich weiß nur nicht, was du hören willst." Er schwieg kurz, dann fasste er sich ein Herz und antwortete: "Ich will mit dir zusammen sein." Überraschung machte sich auf meinem Gesicht breit, weil ich nicht erwartet hatte, dass er so direkt sein würde - und so ehrlich. "Ich kann dir darauf jetzt keine Antwort geben", erwiderte ich nur und verließ schnell den Raum.
"Professor McGonagall, haben Sie kurz Zeit?" "Sicher, was gibt's Ms. Clarks?", fragte sie mit einem freundlichen Lächeln. "Wäre es möglich, dass ich heute oder auch morgen nach Hause darf? Es gab einen Notfall in meiner Familie." Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. "Sie und Mr. Wood waren doch erst kürzlich bei Ihrer Familie." "Ich weiß, aber es ist wirklich dringend. Bitte. Ich würde auch nicht lange wegsein." Sie überlegte kurz, dann gab sie nach. "Also gut. Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um einen Notfall handelt ist es in Ordnung. Ich werde das natürlich erst noch mit dem Schulleiter besprechen, aber er wird sicher nichts dagegen einzuwenden haben. Warten Sie hier."
Nach wenigen Minuten kam Professor McGonagall zurück. Sie berichtete: "Der Schulleiter hat es gestattet. Er wird für die Abreise sorgen." "Vielen Dank!" Ich war im Begriff zurück zu meinem Schlafsaal zu gehen, um mein Zeug zu packen, da sagte McGonagall: "Professor Binns erzählte mir von Ihrem überaus guten Testergebnis. Sind Sie daran interessiert sich auch nach Ihrer Schulzeit mit Geschichte der Zauberei auseinanderzusetzen?" "Wie meinen Sie das?" "Beruflich, meine ich. Es könnte sicher nicht schaden, sich darüber Gedanken zu machen." "Ich weiß nicht. Wie kommen Sie darauf? Nur weil ich in dem einen Test besser abgeschnitten habe als meine Mitschüler?" "Es geht nicht nur um diesen einen Test. Professor Binns sagte mir, dass Sie bisher in ausnahmslos jedem Test überdurchschnittlich gut waren." Das war mir gar nicht so bewusst, doch jetzt wo sie es sagte, wurde mir klar, dass sie recht hatte. Ich konnte mich an keinen schlechten Test in Geschichte der Zauberei erinnern. "Danke, aber ich weiß nicht, ob das was für mich ist." "Also haben Sie sich noch keine Gedanken darüber gemacht, was Sie nach Ihrer Zeit in Hogwarts machen werden?", bohrte Professor McGonagall nach. "Naja, ich bin erst in der 3.", entgegnete ich lächelnd. "Natürlich, ja. Aber sollten Sie sich doch mit Ihrer Zukunft auseinandersetzen wollen, dann sagen Sie mir Bescheid. Ich sehe in Ihnen ein großes Potential." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und ließ mich erstaunt zurück.
Es war bereits Nachmittag, als ich zu Hause ankam. Dad, der mich sofort begrüßte war überrascht mich zu sehen. "Ich dachte, du wärst in Hogwarts. Ist was passiert?" "Ich würde lieber erst richtig ankommen und dann mit Mum und dir darüber reden", erwiderte ich und zog meinen Schal aus, der mit den Gryffindor-Farben versehen war. "Okay. Das hört sich ja ernst an. Ich hol mal deine Mum", sagte Dad und verschwand aus dem Zimmer, sodass ich zur Ruhe kommen konnte. Nachdem meine Eltern das Wohnzimmer betreten hatten, fragte ich: "Ist James in der Schule?" Mum nickte und setzte sich neben Dad auf die Couch mir gegenüber. "Also Bella, was ist los?", erkundigte sich Mum. "Professor McGonagall hat mir erlaubt herzufahren. Ich hab ihr gesagt, es wäre ein Notfall. Und ich halte es auch ehrlich gesagt für einen", begann ich. "Was für ein Notfall?", fragte Dad nach und auch Mum schien nicht zu wissen, worauf ich hinauswollte. "Natürlich geht's um James. Naja, ihr seid ganz schön hart zu ihm und auch, wenn er mich umbringen würde, wenn er wüsste, dass ich hier seine Schlachten schlage, finde ich ist es meine Aufgabe als große Schwester für ihn da zu sein. Er hat nämlich nichts Schlimmes getan. Gut okay, schon schlimm, aber er verdient es nicht, wie ihr mit ihm und der ganzen Sache umgeht", fuhr ich energisch fort. "Was meinst du? Wir haben doch beschlossen, dass er bleiben darf", meinte Dad. "Ja, aber ich meine die ganze Situation. Gut, er hat in der Schule geklaut, aber was soll's? Jeder macht mal Dummheiten und ich glaube ehrlich nicht, dass Noah James da mit reingezogen hat, sondern eher andersrum. Die Beiden haben doch schon viel Dummes angestellt und das habt ihr James auch durchgehen lassen. James den Kontakt zu Noah zu verbieten, obwohl er wahrscheinlich nicht mal daran Schuld war finde ich einfach unnötig. Ich weiß, dass euch eure Regeln sehr wichtig sind, aber es reicht auch irgendwann mal. Die Beiden haben doch eingesehen, dass es falsch war. Mum und Dad schwiegen, was wohl bedeutete, dass sie mir zustimmten und einsahen, dass sie zu weit gegangen waren. Dad zögerte, doch letztlich gelang es ihm mir zu antworten: "Ich gebe zu, wir haben es übertrieben, aber James hat sich so verändert, seit das passiert ist. Er macht Dinge, die er früher nicht getan hat und missachtet unsere Regeln." "Dad, James wird einfach älter. So ist das nun mal. Er kommt halt jetzt einfach in dieses Alter, wo er nur Mist baut." "Du bist fast im selben Alter", erwähnte Dad, aber ich ignorierte diesen Einwurf. "An James Verhalten ist niemand Schuld, nicht er, nicht ihr und auch nicht Noah. Ihr könnt nichts dagegen tun. Das heißt nicht, dass ihr ihn mit allem durchkommen lassen sollt, aber wenn ihr ihn nicht unterstützt, hilft das kein bisschen. Im Gegenteil. Er stellt nur noch mehr an und wir haben Glück, dass er nur, in Anführungszeichen, geklaut hat. Er hätte auch Drogen nehmen können oder sonst was und im Großen und Ganzen ist ja jetzt alles gut. James ist gut in der Schule, hat endlich Freunde gefunden und hat aus seinen Fehlern gelernt. Und Dad, du kannst ihn nicht davon abhalten älter zu werden und dummes Zeug anzustellen, indem du ihn hier einsperrst. Gebt ihm doch auch die Chance selbst aus seinen Fehlern zu lernen. Wisst ihr, ich glaube, James hat seine Lektion gelernt. Ihr solltet eure lernen. Dass ihr ihn einfach wegschicken wolltet, kann ich immer noch nicht fassen. Auch wenn ihr es nicht mehr vorhabt. Ich finde, ihr schuldet ihm eine sehr große Entschuldigung." Ich atmete tief durch, nachdem mir aufgefallen war, dass ich kaum Luft geholt hatte während meines Vortrages. Mit den Gedanken war ich wieder bei Oliver. Seine Eltern waren auch hart zu ihm gewesen und er fühlte sich dadurch schrecklich. Ich wollte nicht, dass es James auch so ergeht. Außerdem waren unsere Eltern ganz anders. Olivers Dad sah immer noch nicht ein, dass er professioneller Quidditch-Spieler werden wollte, aber unsere Eltern unterstützten jeden unserer Träume. Sie waren immer für uns da und ließen uns nie im Stich. Doch im Moment sahen Mum und Dad betreten zu Boden, weil sie einsehen mussten, dass sie James und mich sehr enttäuscht hatten. Jemand schloss die Tür auf und anschließend hörte man einen schweren Gegenstand auf den Boden krachen. Es war offensichtlich James, denn was als nächstes folgte war ein lautes Türknallen, was mich vermuten ließ, dass er wütend in sein Zimmer gestiefelt war. "Ist er immer so drauf?", überlegte ich. "So gut wie, seit wir ihm den Kontakt zu Noah verboten haben." Ich sah meine Eltern streng und erwartend an. "Schon gut, ich rede mit ihm", murmelte mein Dad und ging aus dem Zimmer. Mum lächelte mich an. "Ich finde es gut, dass du dich so für deinen Bruder einsetzt." Ich zuckte mit den Schultern und lächelte zurück. "Wie geht es denn Oliver?", fragte sie mich. "Gut, denke ich." Um ehrlich zu sein wusste ich nicht genau wie es ihm ging, schließlich beschränkten sich unsere Gesprächsthemen in letzter Zeit auf Schule, Ferien und irgendwelche unwichtigen Dinge. "Es tut mir leid, dass er gerade hier war, als die ganze Sache mit deinem Bruder aus dem Ruder gelaufen ist. Er hält uns bestimmt für irre", vermutete Mum, doch ich glaubte nicht, dass Oliver das dachte. "Alles gut", antwortete ich knapp. "Was hat er denn an Weihnachten vor? Er könnte uns besuchen kommen", schlug Mum vor. "Ich werd's ihm ausrichten, aber ich glaube, er wird eher bei seiner Familie sein." "Verstehe. Ich dachte nur, weil er sich doch nicht so gut mit seinen Eltern versteht..." "Er und seine Mum haben sich wieder vertragen. Es ist nur sein Dad, mit dem er nicht klarkommt", erklärte ich. "Warum will sein Dad denn unbedingt, dass er mit dem Quidditch aufhört?", hakte Mum nach. "Er hält es für Zeitverschwendung." "Das ist echt traurig. Interessiert ihn denn gar nicht, was sich sein Sohn wünscht?" Ich zuckte erneut mit den Schultern. "Scheinbar nicht." "Ich würde euch das nie antun. Ich hoffe, das wisst ihr", betonte Mum. Ich nickte. "Danke." Danach umarmte ich sie, was mir wieder bewusst machte, dass sie mir sehr fehlte. Hogwarts und die Schüler dort sind zwar toll, aber manchmal wünschte ich mir etwas mehr Zeit zu Hause.
Nachdem Dad die Unterhaltung mit James beendet hatte, gingen Mum und ich zu ihm. "Heute bin ich anscheinend sehr beliebt", meinte James lachend. Er sah viel besser aus als bei meinem letzten Besuch. Er war zwar noch blass, aber er grinste wieder bis über beide Ohren, so wie er es schon lange nicht mehr getan hatte. Anscheinend lief sein Gespräch mit Dad gut. Mum entschuldigte sich ebenfalls bei meinem kleinen Bruder für ihr Verhalten, schließlich trug sie mindestens genauso viel Schuld an der ganzen Sache wie Dad. Es war zum Beispiel ihre Idee gewesen, dass James zu Amelia zieht. "Danke für die Entschuldigung Mum." "Du solltest dich auch bei Bella bedanken. Sie hat deinem Dad und mir die Augen geöffnet. Du hast Glück eine Schwester zu haben, die sich so für dich einsetzt." Mum war froh sich versöhnt zu haben und verließ glücklich das Zimmer. Mein Gesicht verdunkelte sich jedoch. "Entschuldige, ich wollte mich nicht einmischen, aber ich musste einfach etwas machen." "Ist schon gut, Bella. Aber das nächste Mal überlässt du mir die Sache. Ich kann mich selbst verteidigen." "Du bist mein kleiner Bruder. Es ist meine Aufgabe auf dich aufzupassen." James rollte mit den Augen. Er regte sich immer darüber auf, dass ich ihn wie das kleine Kind der Familie behandelte, was mich zum Lachen brachte. Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und umarmte ihn. "Zum Glück ist zwischen euch alles wieder gut. Ist es doch, oder?" James löste sich aus der Umarmung. "Ja. Ich darf Noah wiedersehen und mein Hausarrest wurde aufgehoben. Aber erzähl mal, was ist mit dir los?" Ich legte die Stirn in Falten. "Was meinst du? Ich hab doch gesagt, dass ich mich freue." "Ja, aber dein Gesicht sagt was anderes. Du hast wieder diesen Trauerblick. Wie, als dir Mum und Dad erzählt haben, dass sie d..." "Es ist alles gut", schnitt ich ihm das Wort ab. Jetzt war er es, der die Stirn in Falten legte. "Sag schon", drängte er und ich lies mich darauf ein. "Oliver will mit mir zusammen sein." "Uuund du weißt nicht, ob du mit ihm zusammensein willst?" "Ich will schon, aber ich kann einfach nicht." "Du meinst, weil du ihn nicht verletzten willst, falls... Naja, du weißt schon." Ich nickte. "Was hast du ihm gesagt, als er dich gefragt hat?" "Dass ich darüber nicht reden kann und dann bin ich gegangen", erzählte ich erst jetzt begreifend wie sich das für ihn wohl angefühlt haben muss. "War bestimmt hart für ihn", meinte James, "aber hey, ich versteh dich. Hör zu, ich bin kein Beziehungsratgeber, aber ich weiß, dass man manchmal einfach Risiken eingehen muss. Vor allem für Menschen, die einem wichtig sind. Du weißt ja, wie das bei mir abgelaufen ist. Ich hatte auch extrem Schiss Mum und Dad alles zu erzählen, aber für sie war es voll okay, und auch Oma und Opa wissen davon, also war es das Risiko wert. Was ich damit sagen will, ist dass du manchmal einfach über deinen Schatten springen musst, um glücklich zu werden." "Aber was, wenn das unsere Freundschaft zerstört?" "Ja, was wenn das eure Freundschaft zerstört? Was wenn er alles zurücknimmt und sagt, dass er doch nicht mit dir zusammensein will? Was wenn ein Raumschiff mit Außerirdischen auf die Erde kracht und uns Aliens so lange gefangen nehmen bis wir verhungern oder verdursten? Hör doch auf dir diese Was-wäre-wenn-Fragen zu stellen. Du kannst nicht alles kontrollieren. Und deine Angst ist überflüssig. Tu's doch einfach. Fahr nach Hogwarts und sag Olli, was du für ihn empfindest. Er ist ein echt guter Typ und war immer gut zu dir und am allerwichtigsten: Er ist total in dich verknallt. Das wusste ich schon bei unserem ersten Treffen. Er hat doch nur Augen für dich - und du auch für ihn, also was kümmert dich deine Angst? Du magst ihn und er dich. Die Situation ist nicht kompliziert, außer du machst sie dazu. Mal ganz davon abgesehen bist du doch 'ne Gryffindor, also sei mutig." Ich lächelte und legte meinen Kopf auf seine Schulter. "Du bist ein echt guter Beziehungsratgeber James."
Am nächsten Tag war ich wieder in Hogwarts und ging entschlossen zu Oliver, als ich ihn sah. Er sprach gerade mit Professor Snape. Bei ihnen angekommen, sagte Oliver "Hallo", aber anstatt es ihm gleichzutun, küsste ich ihn. Er war sichtlich überrascht, doch das machte ihm anscheinend nichts aus. Ich ging ein paar Schritte zurück und schwieg. Überwältigt von meiner plötzlichen Aktion machte auch er einen Schritt zurück. Erst dachte ich, er wäre sauer, doch es war nur der Schock. Oliver atmete tief ein und aus, dann machte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit. "Wow. Äh. Wow ähm. Heißt das, du willst mit mir zusammen sein?", fragte er mit errötetem Gesicht. Ich grinste. "Wahrscheinlich." "Ach komm schon." Oliver lachte. "Bei Merlins Bart, natürlich will ich." Er streichelte meine Wange und küsste mich, diesmal sanft und bestimmt. Professor Snape ging ohne eine winzige Bemerkung.
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Oliver Wood - Quidditch: Sieg oder Niederlage
FanficDie Geschichte handelt von Oliver Woods ersten Schuljahren in Hogwarts. Seit er denken kann träumt dieser davon einmal Quidditch-Spieler zu werden. Mithilfe von gut durchdachten Strategien, dem richtigen Team und Kapitän, versucht er sich immer meh...