Machtspiele und Selbstvertrauensübungen

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Entsetzt sah ich zu Oliver, er sah völlig zugerichtet aus. An der linken Seite seines Gesichtes prangten große rote Wunden und blaue Flecken ohne Ende. Sein Ohr war vollkommen angeschwollen, es hatte einen bläulichen Farbton, in den sich ein leichtes Lila mischte. Doch da er meterweit gefallen war, hatte er sich somit auch einige Knochen- und Rippenbrüche zugezogen. Oliver war anscheinend irgendwie mit den Ellbogen aufgekommen, da diese -nach seinem Gesicht- am Schlimmsten aussahen. Sie waren nicht nur aufgeschürft, sondern dermaßen beschädigt, sodass sogar ein wenig Blut herausfloss. Einige der Zuschauer verzogen allein beim Anblick der Wunden schmerzhaft das Gesicht. Oliver selbst war bewusstlos und bekam glücklicherweise nichts davon mit. Um ihn herum tauschten sich die Schüler über seine Verletzungen aus und überlegten, ob er überleben würde. Darüber machte ich mir keine Gedanken, aber ich verstand warum die anderen es taten, da immerhin Olivers gesamter Körper von jeglichen Blutwunden geradezu übersät war. Madam Pomfrey kämpfte sich schimpfend durch die Menge an Schülern: "Aus dem Weg! Aus dem Weg! Ich muss hier durch!" Die Gryffindors versuchten den Weg frei zu machen, doch ich stand nur wie erstarrt da. Mein ganzer Körper zitterte, obwohl sie zuverlässig all seine Wunden so gut es ging versorgte, während sie alle dazu aufforderte hinaus zu gehen. Ich war nach wie vor wie gelähmt und mir gingen die unheimlichsten Gedanken durch den Kopf. Was wenn seine Verletzungen dermaßen schlimm waren, dass er nie wieder Quidditch spielen könnte? Quidditch bedeutete ihm alles. Wie würde er das verkraften? Stopp! Ich unterbrach meine Gedankengänge, indem ich heftig den Kopf schüttelte. Noch ist er nur bewusstlos, noch heißt es: Quidditch bedeutet ihm alles! Madam Pomfrey sagte mir, ich solle aus dem Weg gehen, doch ich blieb solange stehen, bis sie mich einfach wegschubste. Erst nach einiger Zeit, konnte ich mich wieder rühren und fragte sie panisch, ob alles wieder gut würde. "Er wird schon wieder. Die nächsten Stunden sind entscheidend und ich muss sicher stellen, dass keine Amnesie vorliegt, ganz besonders keine dauerhafte", erklärte sie. Madam Pomfrey sah in mein erschrockenes und angsterfülltes Gesicht, daraufhin seufzte sie laut und versicherte mir: "Ms. Clarks, ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis er aufwacht, aber es wäre sicher besser, wenn sie wieder hinaufgehen und sich etwas ausruhen würden. Sie können hier eh nichts tun." Madam Pomfrey lächelte mich aufmunternd an. Ich widersprach jedoch: "Bei allem Respekt, aber ich kann mich gerade nicht ausruhen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich also gern hier warten, bis er aufwacht." Sie zögerte, willigte dann aber doch ein. Ich atmete leicht auf und setzte mich langsam neben Olivers Bett. Ich nahm seine Hand und umschloss sie in meiner eigenen. Ich betete, dass er sein Bewusstsein wieder erlangen würde, doch nichts geschah. Plötzlich rasten ein paar Jungs in roten Umhängen und Besen in der Hand in den Krankenflügel, darunter Charlie Weasley und der Kapitän der Quidditchmannschaft. Ich ließ erschrocken Olivers Hand los und drehte mich zu ihnen um. Charlie schoss nach vorne und fragte, weitaus panischer, als ich selbst zuvor, wie es Oliver ging: "Wie geht es ihm? Wird er wieder gesund?" Charlie setzte sich an die andere Seite seines Bettes und begutachtete seine Wunden. Ihm stand der Mund offen und man konnte sein schweres Atmen hören, während er versuchte nach Luft zu schnappen. Ich versuchte ihn zu beruhigen: "Madam Pomfrey hat alles im Griff. Er wird wieder, aber sie will davor noch sichergehen, dass keine allzu schlimmen Verletzungen vorliegen." "Keine schlimmen Verletzungen? Er hat einen Klatscher gegen den Kopf gekriegt und liegt bewusstlos im Krankenhaus! Wie soll er da bitte keine schlimmen Verletzungen haben?" Charlie sah mich angsteinflößend an, dann sagte er wütend: "Und wo warst du eigentlich? Ich konnte nicht vom Spielfeld runter und musste mir das ganze Spiel lang Sorgen machen, wenigstens du hättest bei ihm sein sollen!" Ich war überrascht, so sauer hatte ich ihn noch nie erlebt, ich wollte etwas entgegnen, doch der Kapitän schaltete sich ein, bevor das ganze außer Kontrolle geriet: "Weasley! Beruhig dich, jetzt können wir daran nichts mehr ändern. Wood wird es besser gehen und dann kann er schauen, wie er mit unserer heutigen Niederlage umgeht, immerhin ist es seine Schuld!" Charlie stand energisch auf und schrie ihn an: "Seine Schuld? Wood hat alles richtig gemacht! Es war ein Treiber. Aus der anderen Mannschaft, der ihn außer Gefecht gesetzt hat. Er kann nichts dafür!" Der Kapitän machte zwei bedrohliche Schritte nach vorne und sah Charlie tief in die Augen: "Wood hätte sich nicht so weit von den Toren entfernen dürfen, kein Wunder, dass ihn ein Klatscher getroffen hat." Charlie hatte sich immer noch nicht eingekriegt und ging weiter auf seinen Trainer los: "Wood konnte das nicht erwarten und wenn er zu weit draußen war, dann bestimmt nur, weil er versucht hat, sich einen Überblick über das Spiel zu verschaffen. Vermutlich war er einfach zu nervös und hat nicht richtig aufgepasst, so wie letztes Mal." Der Kapitän begann nun ebenfalls ärgerlich zu werden: "Wie oft sollen wir denn deiner Meinung nach noch verlieren, nur weil ein Anfänger zu nervös ist, um seine Rolle als Hüter ernst zu nehmen, Weasley?!" Er wurde mit jedem Wort lauter und schritt immer näher an den zwei Köpfe kleineren Charlie Weasley. "Jetzt hör mal zu, Weasley. Ich lass mich nicht verarschen, weder von dir, noch von Wood. Wenn der Kleine nicht vor dem nächsten Spiel 'ne Lösung findet, wie er mit seinen Problem umgehen kann, dann schmeiß ich ihn aus der Mannschaft!" "Das kannst du nicht machen!", wehrte sich Charlie, doch sein Kapitän zog die Augenbrauen hoch und flüsterte ihm warnend zu: "Du vergisst, dass du kein Kapitän bist, Weasley und wenn du weiter meine Autorität untergräbst, kannst du dir ziemlich sicher sein, dass du es auch nie werden wirst. Wenn ich Wood rausschmeißen will, dann kann ich das. Was ihn gerade noch davor bewahrt, bist du, denn du warst es, der mir versichert hat, er wäre ein Gewinn für das Team, also, ich rate dir,  Weasley, um deinet- und seinetwillen, sei still, verschwinde von hier und wage es nie wieder dich in meiner Gegenwart so zu verhalten, wie gerade eben! Hast du mich verstanden?" Charlie nickte, doch ich konnte sehen, wie gern er den Kapitän genau hier und jetzt angreifen würde. Er trat langsam vom Kapitän zurück und ging dann energisch aus dem Zimmer. Der Kapitän sah die anderen Spieler herausfordernd an: "Hat hier irgendeiner von euch noch was dazu zu sagen?" Ein großer, breitgebauter Junge mit schwarzen Haaren schüttelte schnell den Kopf und der Kapitän schritt schnell hinaus. "Geh'n wir, na los!" Die restliche Mannschaft trottete ihm her, wie ein Haufen Hühner und verließen ebenfalls den Raum, bis nur noch ich zurückblieb.

Oliver Wood - Quidditch: Sieg oder NiederlageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt