Todoroki Shoto ~ ,,Erzähl uns die Geschichte": Teil 3

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Unausgeschlafen schlage ich die Augen auf. Zwar habe ich besser und länger geschlafen, so ganz ohne Alpträume, und dennoch habe ich zu viel nachgedacht, um tatsächlich ausgeschlafen zu sein. Todoroki geht mir nicht mehr aus dem Kopf, was mir totale Sorgen macht. Auf der einen Seite fühle ich mich sehr sicher in seiner Nähe, aber ich kenne ihn erst seit kurzer Zeit, ist das also die richtige Entscheidung?
Ein Klopfen reißt mich aus den Gedanken. „Ja?", stöhne ich und setze mich verschlafen aus. Vorsichtig wird die Tür ein Stück aufgeschoben, als Ochaco ihren Kopf durch den Spalt steckt. „Guten Morgen, (Y/N). Gut geschlafen?", strahlt sie und schleicht zu meinem Bett. Freundlich nicke ich sie an und schwinge die Beine auf den Boden. „Gut, danke. Und dir? Freust du dich schon auf morgen?"
Ein Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen und sie streicht leicht mit den Fingern über mein Knie. „Und wie~" Ochaco wartet einen Moment, dann lehnt sie sich zu mir vor. „Sag mal, läuft da was zwischen dir und Todoroki?" Vor lauter Schreck lasse ich die Klamotten fallen, die ich mühsam gesammelt habe und drehe mich schwungvoll zu ihr um. Mit hochgezogener Augenbraue und defensiv gehobenen Armen wehre ich vergeblich alles ab, was man mir sowieso schon angesehen hat.
Überglücklich richtet meine Freundin sich auf und greift enthusiastisch nach meinen Händen. „Wahnsinn, echt?! Wart ihr schon auf einem Date?", schmunzelt sie und krallt ihre Finger in meine Haut. In der Hoffnung unangenehmen Fragen zu entkommen, winde ich mich aus ihrem Griff und streiche mir nervös über den Unterarm. „Ich muss mich umziehen.", versuche ich Ochaco loszuwerden, vergeblich. Statt vor der Tür zu warten, dreht sie sich beleidigt um und starrt gegen die Wand. „Ich gucke nicht!"
Seufzend fing ich also an, mir den Schlafanzug vom Körper zu streichen und die Schuluniform anzuziehen, während ich trotzdem von unzähligen Fragen bombardiert werde. „Wie lange läuft das schon?", „Habt ihr euch geküsst?", „Wie kam es dazu?" Wie soll ich ihr bloß antworten, wenn da überhaupt nichts läuft? Gut, vielleicht entwickle ich tatsächlich Gefühle für Todoroki, aber „was laufen" tut da noch lange nicht. Ich habe ihm ja noch nicht in irgendeiner Weise gestanden, dass er mir wichtig ist. Ganz zu schweigen davon, dass ich ihn noch überhaupt nicht lange genug kenne, um das mit Sicherheit sagen zu können. Ich möchte einfach nichts überstürzen, wo es mir gerade wieder besser geht.
Als ich fertig bin, fahre ich Ochaco über die Schulter und nehme sie mit in die Küche, in der wir dann zusammen frühstücken. Meine Klassenkameraden und Mitbewohner begrüßen sie herzlich, obwohl ich weiß, dass die A gerade bei ihren Parallelklassen nicht unbedingt die Beliebteste ist. Umso beruhigter bin ich, dass sie ihren Neid oder ihre Wut nicht so offensichtlich zeigen wie sie es vielleicht gerne tun würden.
Nachdem wir unser Geschirr weggebracht haben, schlüpfen wir in unsere Schuhe und machen uns auf den Weg. Nach einer Weile hakt die Braunhaarige sich bei mir ein und schmiegt sich an meine Schulter. „Meinst du, Todoroki steht jetzt bei euch vor dem Wohnheim und wartet auf dich?", witzelt sie ohne Hintergedanken und auch ohne zu vermuten, dass es tatsächlich sein könnte. Ohne lange darüber nachzudenken, vertraue ich darauf, dass irgendjemand ihn im Notfall zur Schule schickt. Ich meine, so schlimm wäre es ja auch nicht, hätte er da jetzt gestanden, bis ihn jemand einsammelt, oder? Dennoch mache ich mir Gedanken, ob ich auf ihn hätte warten sollen.


Kirishima, der uns auf halbem Wege einholt, reißt mich mit typischer Morgenmotivation aus meinen Gedanken und stößt mit seiner Schulter kräftig gegen meine. Reflexartig mache ich einen Schritt nach links, um nicht umzukippen und klammere mich fest an Ochaco. Verwirrt blickt er mich an und legt mir eine Hand auf die Schulter. „Ist alles in Ordnung, (Y/N)?", fragt er mit Unschuldsmiene. Wobei ich ihm tatsächlich zutraue, dass er nicht damit gerechnet hat, so eine Kraft aufzubringen. Ich möchte ihm kein schlechtes Gewissen machen, also nicke ich stumm, anstatt ihm eine sarkastische Antwort zu geben. „Sag mal, Kirishima, hast du Todoroki gesehen?" Grübelnd reibt er sich das Kinn, fährt sich anschließend einmal durch die Haare und wendet sich dann an seine Mitschülerin. „Nee, tut mir leid. Vielleicht ist er schon vorgegangen?"
Sie ist wirklich hartnäckig, wenn es darauf ankommt. Versucht Todoroki und mich zu verkuppeln, bevor sie selbst überhaupt mit Midoriya gesprochen hat. Unfassbar, ihr Selbstvertrauen, wenn es um die Beziehungen Anderer geht.
„Soll ich ihn anrufen?", bietet Kirishima an, was Ochaco innerhalb von Sekunden bejaht, als hätte sie auf dieses Angebot gewartet. Fix zog er sein Telefon auf der Hosentasche und tippte auf Todorokis Kontakt. Während er etwas in sich hinein nuschelt, hält er es sich ans Ohr. Ich kann es leise tuten hören und kurz danach auch seinen Gesprächspartner. „Ja?", erklingt es stumpf aus dem Handy. „Jo, Todoroki, bist du schon an der Schule?" Da er sich ein Stück wegdreht, kann ich nicht mehr verstehen, was sie sagen und wende mich daher wieder meiner Freundin zu. Das Telefonat dauert nur ein paar Minuten, dann klopft Kirishima mir beruhigend auf den Rücken und bestätigt, dass er schon in der Schule sei. „Er meinte, er sei von Mina gebeten worden, heute nicht auf dich zu warten." Schultern zuckend schaute er mich an, auf eine Reaktion wartend. Doch ich bin zu verwirrt, um einen klaren Gedanken zu fassen. Wieso hat Mina ihn gebeten, alleine zur Schule zu gehen, obwohl wir in den letzten Tagen immer zusammen gegangen sind?
Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Mit blitzenden Augen drehe ich mich zu Ochaco, die unwissend pfeift, und ziehe sie ein Stück näher zu mir. „Möchtest du mir etwas erzählen?" Ich biete ihr die Gelegenheit, ihre Geheimnisse zu beichten, allerdings entschließt sie sich eher dazu, mir nichts zu sagen, bis wir in der Klasse sind. Um keinen Aufruhr zu veranstalten, lasse ich von ihr ab und atme hörbar laut aus. „Was musst du ihr denn erzählen, Uraraka?" Fragend legt er den Kopf schief, woraufhin ich nur den Kopf schüttle und ihm einrede, dass es nichts sei. Ich erfahre es ja sowieso, sobald ich ihn sehe, wir waren auf den letzten Metern zur Schule.
Eine angenehme Brise fährt mir durchs Haar, als wir mit einer kleinen Gruppe von anderen Schülern durch das Schultor treten. Sobald wir im Gebäude sind, verabschieden wir uns und gehen danach getrennte Wege. Ich beschließe, in der Mittagspause mit Todoroki zu sprechen und ihm alles zu erklären. Ich bin sicher, dass er es verstehen wird. Zumal es ja grundsätzlich nichts wirklich Schlimmes war, er hätte also keinen triftigen Grund, es mir längerfristig übelzunehmen, dass ich an einem von zahlreichen Malen nicht da gewesen bin. Zumindest hoffe ich, dass wir auch in Zukunft morgens gemeinsam zur Schule gehen. Der Gedanke macht mich glücklich, wodurch ich unbewusst zu lächeln beginne.
Gerade, als ich die Tür zum Klassenzimmer aufschieben will, wird sie von innen aufgerissen und ein paar Jungs stürmen hinaus, wobei sie mich beinahe umrennen. Perplex mache ich einen Schritt zurück, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen und schleiche anschließend vorsichtig in den Raum. Nicht, dass ich nochmal über den Haufen gelaufen werde, überlege ich mit hochgezogener Augenbraue. Während ich freundlich den Rest meiner Mitschüler begrüße, schreite ich bis zu meinem eigenen Tisch. Mir rutscht fast meine Tasche von der Schulter, als ich sehe, was dort steht: eine Tüte vom Bäcker und ein Kaffee.
Noch immer baff hebe ich den warmen Pappbecher hoch, lange steht er da noch nicht. Verwundert schaue ich nach, ob irgendwo ein Name auf den Sachen steht oder ich am falschen Platz stehe, beides vergeblich. Mit den Fingern fahre ich über die glatte Stuhllehne, ehe ich mich auf die Sitzfläche fallen lasse, die Lebensmittel nicht aus den Augen lassend. Mittlerweile starre ich schon so lange auf den Becher, dass ich völlig das Zeitgefühl verloren habe. „Willst du den Kaffee nicht langsam trinken, (Y/N)?", mischt sich Shinso nach einer Weile ein. „Ich glaube, der steht da jetzt seit einer Weile. Aber mach, was du willst." Schultern zuckend wendet er sich wieder ab, ohne mir oder meinem zweiten Frühstück weiter Beachtung zu schenken. Hilflos blicke ich ihm hinterher, völlig überfordert mit der scheinbar so simplen Situation.
Zögernd nehme ich den ersten Schluck und nasche an dem Melonenbrötchen. Einen Teil lasse hebe ich mir für die Mittagspause und stecke ihn in meine Tasche, während ich den letzten Schluck Kaffee trinke und den Becher erschöpft wegschmeiße. Glücklicherweise schaffe ich es zurück auf meinen Stuhl, bevor die Stunde kurz darauf anfängt und unser Lehrer die Tür schwungvoll aufschiebt. Der Unterricht vergeht überraschend schnell, denn ich denke viel über die anonymen Geschenke nach und vergesse darüber ganz, dass ich nicht alleine im Raum bin. Vielleicht waren sie von Mina, die sich für ihre Schummeleien entschuldigen möchte. Oder von Ochaco, um mich zusätzlich für den Tag zu stärken.
So unrealistisch es auch sein mag, steckt möglicherweise Todoroki dahinter, aus irgendeinem Grund? Obwohl ich neugierig bin, weigere ich mich, weiter darüber nachzudenken, mir nutzlose Hoffnungen zu machen. Ganz egal, wie sehr ich es liebe, mich in Fantasien und Vorstellungen zu verlieren, ich darf mich nicht zu sehr im Optimismus verlieren und am Ende zutiefst verletzt werde. Deshalb zwinge ich mich, mich nicht zu weit in möglichen Ausgängen der Zukunft zu verlieren.

Mha/Bnha OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt