Er verstummte.
Seine Augen erschienen sturmgrau und in seinem Blick sah ich nur noch Schuld und Reue.
Tränen verschleierten meine Sicht."Nein", hauchte er und ging vor mir in die Hocke.
"Das habe ich nicht gewollt. Sie hätten dir Bescheid sagen sollen."Ich schüttelte nur den Kopf.
"Niemand hat etwas gesagt. Ich habe es von deiner Ex erfahren. Veronica. Sie hat mir Bilder von deiner Weltreise gezeigt."Ivan schüttelte verzweifelt den Kopf und ich meinte ein geflüstertes "Nein" zu hören.
Inzwischen bahnten sich die Tränen den Weg über meinen Wangen.Vorsichtig, fast ängstlich, hob Ivan die Hand und wischte sie weg. "Jule, das war der schlimmste Fehler meines Lebens. Ich schwöre dir..." Seine Stimme erstarb.
"Vielleicht war er das."
Ich griff nach seiner Hand, die immer noch über mein Gesicht strich und schob sie herunter.
Etwas zu sanft vielleicht, doch ich fühlte meine alte Stärke zurückkommen."Ich habe darüber ohnehin zu viele Gedanken verschwendet."
Ohne ihn nochmal anzusehen, stand ich auf und lief ins Schulgebäude.Erst drinnen fiel mir auf, dass auch Graham mich beobachtete und seine Miene seltsam gefroren wirkte.
Er knurrte heiser, was meinen Puls noch ein ganzes Stück höher schießen ließ. Das Geräusch war nicht menschlich.Obwohl ich ihn gerne als Freak abstempeln wollte, machte mir der gelbe Glanz seiner Augen Angst.
Meine Schritte beschleunigten sich.
Musste nicht schon die nächste Stunde beginnen? Wo war Eve nur?Jemand packte mich am Arm und fast hätte ich begonnem zu schreien, doch Eve umarmte mich.
"Was ist passiert?", fragte sie schließlich und ließ mich wieder los.
"Ivan hat mit mir gesprochen. Er hat gemeint, dass er das nicht gewollt hat damals."
Ich verstummte, denn Even würde mir die Sache mit Graham nie abnehmen.
Ich glaubte mir selbst nicht mehr."So schlimm?", fragte sie plötzlich und ich erkannte das Misstrauen in ihrer Stimme.
"Wenn er dir irgendetwas anderes getan hat, dann töte ich ihn."Ich schüttelte nur den Kopf und dankte innerlich dem Schulgong, der mir Eves Fragen ersparte.
Der Schulalltag half mir die Vorfälle zu vergessen, doch am Nachmittag kam alles wieder hoch.
Ich nahm mein Essen hoch in mein Zimmer und verkroch mich schließlich im Bett.
Meine Eltern arbeiteten viel, mein Vater war Notfallsanitäter und meine Mutter betrieb einen Lebensmittelladen in der Altstadt.
Sie waren selten zuhause, aber heute genoss ich die Stille.
Die Gedanken in meinem Kopf waren ohnehin zu laut.Ich griff nach meinem Handy.
Graham wartete auf meine Nachricht.
Meine Finger schwebten über dem Display und ich knabberte unentschlossen an meiner Unterlippe.
Was sollte ich ihm schreiben?Ich tippte einige Versuche, doch löschte die Texte wieder, um mich für ein einfaches "Hey" zu entscheiden.
Nur Sekunden später kam eine Antwort. "Hey, freut mich, dass du geschrieben hast :)
Hast du diesen Samstag Zeit?"Ich wurde nervös.
Wieso ging das alles so schnell?
Ich hatte erst eine echte Beziehung gehabt, doch ich erinnerte mich noch an das ewige Hin und Her unserer Nachrichten.
Das Knurren kam mir wieder in den Sinn und ich fröstelte.
Wollte ich das wirklich?Andererseits würde es mich von Ivan ablenken und das hatte ich grade dringend nötig.
Kurzentschlossen schrieb ich Graham zurück. "Ja :)"
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Astheneia
WerewolfWas ist wahre Liebe? Jule hat einen Plan vom Leben, doch als Graham plötzlich in ihr Leben tritt, gerät ihre Welt ins Wanken. Und dann trifft sie Ivan wieder. Ivan, der vor zwei Jahren unter mysteriösen Umständen verschwunden ist und dabei Jules Her...