Meine Finger zitterterten, als ich Ivans Nummer eintippte.
Ich hatte seinen Kontakt gelöscht, doch die Zahlenreihe hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt.Mein Herz machte einen unerwarteten Sprung als ich ich Ivan hörte. Er hatte tatsächlich abgenommen.
"Jule?" In seiner Stimmen lag ein Gefühl, das ich nicht zuordnen konnte.
"Kannst du mich abholen?", fragte ich und schloss die Augen. Ivan war meine letzte Chance, doch das Vertrauen zwischen uns war mehr als nur angeknackst.
"Bin auf dem Weg."
Erleichterung machte sich in mir breit und ich gab ihm eilig die Adresse.
Die Wartezeit fühlte sich nach Stunden an, doch Ivans Auto bog nach weniger als fünf Minuten auf den Kiesplatz ein.Schweigend nahm ich auf der Beifahrerseite Platz und bemühte mich, Ivan nicht anzustarren.
"Was tust du hier?", fragte er rau und umklammerte das Lenkrad fester. "Bei Graham."
Erschrocken sah ich auf.
Ich hatte Ivan nie erzählt, wen ich besucht hatte."Ich war hier schon einige Male", erklärte er und fast glaubte ich, dass er mein erschrockenes Gesicht gesehen hatte, doch sein Blick heftete starr auf der Straße.
"Eigentlich wollten wir ins Kino gehen, aber Graham musste auf seine Schwester aufpassen", meinte ich schließlich.
Ivan schüttelte fast unmerklich den Kopf. "Er hat dir nichts erzählt oder?", fragte er, scheinbar mehr zu sich selbst.
"Wir haben nicht viel geredet", antwortete ich verwirrt und ließ meinen Blick über Ivan gleiten.
Erst als eine Muskeln verkrampften fiel mir auf, wie leicht meine Aussage doch falsch zu verstehen war."Nein, nein", ich schüttelte den Kopf und hob beschwichtigend die Hände, "wir haben einen Film gesehen."
Ivan schien meine Antwort nicht zu registrieren und schwieg nur.
Erst als wir vor meinem Haus angekommen waren, sah er zu mir und ich schnappte nach Luft.Ivans Bindehäute waren rot und Augenringe zogen sich wie breite Gräben durch sein Gesicht.
Ich hatte ihm die ganze Zeit von meinem Abend erzählt, obwohl er vielleicht viel größere Sorgen hatte."Ivan, was ist passiert?"
Seine Züge wurden weicher und er schüttelte den Kopf."Es ist alles in Ordnung."
Ich betrachtete ihn einige Sekunden. Das Licht der Straßenlaternen erzeugte harte Schatten auf seinem Gesicht, die ihm etwas dramatisches verliehen.Plötzlich weiteten sich meine Augen. "Bist du eifersüchtig?"
Meine Stimme war leise, doch Ivan presste mir geschockt eine Hand auf den Mund."Sag das nie, nie wieder."
Seine Stimme war eiskalt.Er sah mir ernst in die Augen und nickte mir schließlich zu.
"Du solltest gehen."Verwirrt öffnete ich die Autotür und lief zu meiner Haustür. Bevor ich aufschloss warf ich einen letzten Blick zurück, doch Ivans Wagenlichter verschwanden bereits in der Dunkelheit.
Ein leises Seufzen entkam mir und ich wünschte einfach nie auf der Party gewesen zu sein.
Ich hatte in der Nacht kaum Schlaf gefunden und wachte am nächsten Morgen völlig müde auf.
Der ganze Schultag zog wie in Nebel gehüllt an mir vorbei.
In der Pause saß Ivan nicht an seinem gewohnten Platz, doch ich bemerkte es kaum.Erst als ich den blonden Jungen auf dem Pausenhof bemerkte, wurde ich stutzig.
Niemand hielt sich freiwillig dort auf.
Meine Augen glitten über sein Gesicht und augenblicklich fiel mir ein notdürftig mit Pflasterstreifen versorgter Cut auf.
Eine typische Boxerverletzung.
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Astheneia
WerewolfWas ist wahre Liebe? Jule hat einen Plan vom Leben, doch als Graham plötzlich in ihr Leben tritt, gerät ihre Welt ins Wanken. Und dann trifft sie Ivan wieder. Ivan, der vor zwei Jahren unter mysteriösen Umständen verschwunden ist und dabei Jules Her...