Kapitel 10

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Nachdenklich ließ ich meinen Blick über Ivan schweifen.
Er hatte sich in eine Decke gewickelt und schlief auf der Couch.

Zum Glück begannen die Ferien heute und meine Eltern waren dieses Mal allein an die Ostsee gefahren.

Ich war nur kurz heruntergekommen um ein Glas Wasser zu trinken, doch mir wurde klar, dass es meine Gedanken waren, die mich nicht schlafen ließen.
Bald würde ich in einen grausamen Krieg gezogen werden und vielleicht selbst unter den Opfern sein.
Ich hatte das alles doch nie gewollt.

Verzweifelt schlug ich mir die Hände vors Gesicht und setzte mich auf den Sessel.
Ohne Ivan wäre ich schon lange in Grahams Gewalt und zu einem Leben im Schatten des Alphas verdammt.
Doch auch so hatte unsere Seelenverschwandtschaft mein Leben verändert.

Ich wahr nicht sicher, ob ich alles rückgängig machen würde, wenn ich könnte.
Was auch immer das zwischen Ivan und mir war, es war mir zu wichtig.

Ich sah zu dem Werwolf, der sich auf meiner Couch und ein bisschen auch in meinem Herzen ausgebreitet hatte.
Blonde Strähnen fielen ihm verschwitzt ins Gesicht und sein Atem ging schnell.
Ich war mir nicht sicher, was Ivan alles erlebt hatte, aber seine Albträume schienen heftig zu sein.

Vorsichtig stand ich auf und ging zu ihm. "Ivan", flüsterte ich. "Ivan."
Ich rüttelte seine Schulter, doch Ivan seufzte nur leise und drehte sich um.

Wenigstens schien er aus seinem Albtraum entkommen zu sein.
Sein Atem ging ruhiger und ich ließ mich auf dem Sessel nieder.
Ich würde nur kurz abwarten, ob er wieder einen Albtraum hatte, dachte ich und gähnte.
Nur kurz.

Am nächsten Morgen weckte mich der Geruch von gebratenen Eiern und eine unglaublich schräge Singstimme.
"She's a Maniac, Maniac-"

Ivan schreckte hoch als ich die Küche betrat.
"Wieso hast du auf dem Sessel geschlafen?", fragte er besorgt.
"Hast du oben etwas gehört?"

Ich schüttelte den Kopf und lachte leise.
"Nein, ich bin nur zum Trinken heruntergekommen."
Ich war nicht sicher, ob das schon eine Lüge war, aber ich fuhr fort.

"Aber du hattest einen Albtraum, also habe ich versucht dich zu wecken. Du bist zwar nicht aufgewacht, aber wenigstens wirktest du etwas ruhiger. Dann wollte ich noch kurz warten, ob du wieder einen Albtraum hast und den Rest kennst du."

Ivan schmunzelte und gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn.
"Danke. Ich habe geschlafen wie ein Stein."

Er schwieg kurz, um dann auf die zwei Teller neben sich zu zeigen.
"Willst du Spiegeleier?"

Begeistert nickte ich und für einen Moment rückte das Chaos in meinen Gedanken in den Hintergrund.
Ich schaufelte mir sofort ein Stück in den Mund.

"Oh mein Gott, wieso kannst du das so gut? Ich bin eine furchtbare Köchin", gab ich zu.

Ivan lachte, doch bevor er selbst einen Bissen nehmen konnte, gab es einen lauten Knall.
Ein Glasregen ging auf uns nieder.

Für einen Moment meinte ich Panik in Ivans Augen aufblitzen zu sehen und ein lautes Knacken und Krachen ertönte, als seine Kleidung zerriss.
Der Werwolf sackte zusammen und nahm seine Tierform an.
Erst jetzt wagte ich es, mich umzudrehen.

Hinter mir stand ein schwarzer Wolf.
Er war deutlich kleiner als Ivan, also war es vermutlich nicht Graham.
Glas hing in seinem Fell.
Er war wohl durch das Fenster gebrochen.

Auch hinter mir knurrte es nun und ich spürte Fell gegen meine Beine drücken.
Ivan schien mir Sicherheit geben zu wollen.
Im nächsten Moment hatte er sich jedoch schon vor mich geworfen und in den Wolf verbissen.

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