Kapitel 12

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Lesenacht 2. Teil

Meine Arme brannten nach dem Schießtraining.

Ivan hatte mich nicht in Ruhe gelassen, bevor ich nicht mit allen Waffen in die Tanne traf.
Letztendlich hatte ich mich aber für eine einfache Pistole entschieden, mit der ich mich hoffentlich verteidigen konnte.

"Ich möchte dich jemandem vorstellen", meinte Ivan, als ich mich frischgeduscht auf der Couch nieder ließ.

"Der Alpha des Rudels aus Frankreich wollte mich gerne wiedersehen und wir wollten unsere Strategie besprechen.
Ich habe vorgeschlagen, dass wir essen gehen."
Erwartungsvoll sah er mich an.
"Das Restaurant in der Nähe bietet private Sitzplätze für Geschäftspartner ein", fügte Ivan noch an und warf mir einen weiteren Bettelblick zu.

"Ich will dort nicht allein hin."

Seufzend verdrehte ich die Augen. Eigentlich hatte er mich schon weichgeklopft.
"Meinetwegen."

Ich hasste Restaurants und schon der Gedanke an ein Geschäftsessen mit einem Alpha trieb mir den Schweiß auf die Stirn.

"Der Termin ist heute Abend", murmelte Ivan und ich warf ihm einen geschockten Blick zu.

"Was?", quietschte ich aufgebracht. "Ich weiß noch nicht einmal was ich anziehen soll."

Der Werwolf vor mir verdrehten die Augen und ich stürmte die Treppe herauf.

Als kleines Kind hatte ich immer von einem aufregendem Leben voller Tanzbälle und Dinnerabenden geträumt.
Und heute?
Heute brach mir bei der Kleiderwahl für ein Abendessen der Schweiß aus.
Nachdenklich strich ich über die Stoffe im Schrank.
Ich besaß kaum Abendkleider.

Trotzdem hatte ich nach ein paar Minuten zwei Outfits zusammengestellt und zog mir eines über.
"Wie findest du es?", fragte ich nachdenklich und drehte mich vor Ivan um die eigene Achse.
Ich trug einen weitgeschnittenen rosafarbenen Jumpsuit mit tiefem Rückenausschnitt.

"Du siehst immer toll aus", meinte Ivan und legte sein Smartphone aus der Hand.

"Aber das Outfit ist wirklich schön."
Er stand auf und drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn.

"Ich hab noch ein Kleid", fügte ich hinzu und ging wieder nach oben.

Das nächste Outfit war etwas eleganter und schlichter.
Ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid mit Beinschlitz.
Ich schlüpfte in meine Pumps und machte mich auf den Weg zu Ivan.

"Ist das besser?"

Der Werwolf legte die Arme um mich und sah an mir herunter.
"Nun, ich mochte den Jumpsuit fast mehr, aber ich denke, dass du darin bei Werwölfen besser ankommst", erklärte er nachdenklich.
"Das Kleid wirkt klassischer."

Ich nickte.
Dass Werwölfe Probleme mit Diskriminierung hatte, wusste ich bereits.

"Danke", murmelte ich und küsste Ivan.
Ganz konnte ich es immer noch nicht glauben.
Vor einem Jahr hatte ich unter Tränen mit Ivan abgeschlossen und nun küsste ich ihn.

"Ich sollte mich jetzt fertig machen", unterbrach er plötzlich und hauchte mir noch einen letzten Kuss auf die Lippen.
Ich nickte und lief ins Bad um mich zu schminken.
Bereits in wenigen Stunden mussten wir im Restaurant sein.

Beruhigend legte Ivan mir eine Hand auf den Rücken.
Meine Nervosität musste wohl aufgefallen sein.
Ständig glitt mein Blick durch den Raum, suchte nach dem Werwolf, der uns gleich besuchen sollte.
Außer uns war nur ein altes Ehepaar hier.

Als Ivan sich gerade vorbeugen wollte, öffnete sich die Tür.
Ein junger Mann trat herein.
In seinem Arm lag seine Freundin.
Die beiden gaben ein hübsches Paar ab, doch es wäre töricht sich von Äußerlichkeiten täuschen zu lassen.
Unter dem edlen Anzug verbarg sich ein Wildtier.

AstheneiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt