9 - Demütigung

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Total aufgelöst stürmte ich durch das ganze Schloss. Der Weg aus den Kerkern vom Zaubertränkeunterricht bis in den Krankenflügel kam mir schrecklich lang vor. Außerdem hatte ich schon einige komische Blicke erhalten. Es ist ja nicht so, als wüsste ich nicht, dass ich wahrscheinlich einen eher verwirrenden Anblick abgeben musste.

Auf der Hälfte des Weges war ich schon schrecklich geschafft, denn die Kombination aus durch die Gänge rennen und krampfhaft zu versuchen, nicht loszuheulen, war tatsächlich anstrengender, als man es sich vorstellen würde.

So konnte ich mich nicht mehr länger zurückhalten und mir entwich ein Schluchzen. Dennoch bewegte ich mich zielstrebig weiter und strengte mich an, die Tränen, die meine geröteten Wangen benetzten, weitestgehend zu ignorieren, denn stoppen konnte ich sie sowieso nicht mehr.

Je näher ich dem Krankenflügel kam, desto mehr Tränen rannen über mein Gesicht und ich wollte nun nur noch zu meinem besten Freund. Auf die Anwesenheit der anderen Patienten könnte ich zwar wirklich verzichten, aber daran ließ sich leider nichts ändern.

Wie ich es mir schon denken konnte, hatte der Klatscher Harry voll und ganz erwischt. Bei ihm war wohl gestern irgendein Botenstoff in der Reiz-Reaktions-Kette nicht dort angekommen, wo er hin sollte. So war er leider vom Besen gerutscht und mehrere Meter auf den Boden gefallen, was mir nur weiter verdeutlichte, wie gefährlich die Bewegung auf einem Besen doch sein konnte.

Folglich hatten wir einen bewusstlosen Harry vom Boden auflesen müssen, und irgendwie zu Madam Pomfrey in den Krankenflügel bringen müssen. Eine Erfahrung, auf die ich auch gerne hätte verzichten können.

Dort hatte sie mehrere unschöne Knochenbrüche diagnostiziert, die leider nicht mit einem schnellen Zauber behoben werden konnten, sodass wir nun einen weiteren Patienten hatten, der seinen Aufenthalt nur seiner Unaufmerksamkeit oder Dummheit zu verschulden hatte. Somit musste ich nun auch Harry ekelerregende Tränke einflößen.

Der einzige Unterschied zu Malfoy war, dass mir Harry sichtlich leid tat, ich mit ihm mit litt und er deutlich besser mitarbeitete als unser blonder Mitschüler.

Als ich endlich um die letzte Ecke bog und einen Seite der schweren Doppelflügeltür aufstieß, stellte ich mit Erleichterung fest, dass Harry der einzige war, welcher bei Bewusstsein war. Malfoy lag schlafend in seinem Bett und so bot sich ihm keine weitere Möglichkeit, mich aufzuziehen.

Alle anderen Patienten schien Madame Pomfrey bereits geheilt und anschließend genesen entlassen zu haben. Auch von der Krankenschwester selbst war weit und breit keine Spur. Höchstwahrscheinlich erstattete sie Dumbledore wieder Bericht über die Lage der Verletzten, wie sie es, so hatte ich bereits gelernt, jeden Tag tat.

Als ich es bis zu Harrys Bett geschafft hatte, blickte dieser mir sehr beunruhigt entgegen. Aufgrund meiner Erscheinung konnte ich ihm das jedoch beim besten Willen nicht übel nehmen. Ich ließ mich auf der Bettkante nieder und sank direkt in Harrys Arme. Ich war wirklich froh, einen so guten Freund wie ihn zu haben. Ich war sowieso der Meinung, dass platonische Freundschaften und Beziehungen so viel wichtiger waren, als romantische, sodass ich für Harry umso dankbarer war.

Nachdem mir Harry eine Weile lang beruhigend über den Rücken gestrichen hatte, fühlte ich mich schließlich in der Lage, ihm von den Ereignissen im Zaubertrankunterricht zu erzählen. Dieser Bericht dauerte einige Zeit an, da ich mich wie gewohnt in Rage redete und irgendwann das Gefühl hatte, ohne Punkt und Komma zu reden und es ein Wunder war, dass Harry mir offenbar noch folgen konnte.

Als ich schließlich mit meiner Erzählung geendet hatte, schaute ich in Harrys Augen, die mich durch seine Brillengläser musterten.„Hermione, wie oft muss ich dir denn noch sagen, dass du dringend damit aufhören solltest, dich über solche Kleinigkeiten so stark aufzuregen? Die Meinung von Leuten wie Snape musst du einfach ignorieren. Du bist schließlich eine sehr tolle Hexe!" redete er mir zu.

„Aber es ist ja auch nicht nur das. Snape macht mich ja ständig so fertig und blamiert mich vor der gesamten Klasse, was so schrecklich unangenehm. Und außerdem haben wir ja noch mit den Slytherins Unterricht und Malfoy lässt keine Gelegenheit vergehen, ohne mich bloßzustellen. Und in Zaubertränke hat er dafür ja auch immer die besten Voraussetzungen, da Snape nicht die geringsten Anstalten macht, ihn zurechtzuweisen. Und auch wenn Malfoy heute nicht im Unterricht war, haben die anderen seinen Job ganz hervorragend übernommen und werden ihm garantiert später alles haargenau berichten. Dann wird er nur noch mehr Sachen haben, die er gegen mich verwenden kann und ich werde mir neben den üblichen verletzenden Worten bezüglich meines Blutstatus auch noch diese Dinge anhören müssen." Ich geriet erneut ins Stocken und spürte, wie die Tränen erneut über meine Wangen liefen, „ich weiß einfach nicht, wie ich all das noch weiter aushalten soll. Ich hatte ja immer Hoffnung, dass das mit der Zeit langsam aufhören würde, aber die habe ich langsam wirklich aufgegeben. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie schrecklich das ist?"

Harrys Antwort nahm ich nur noch unbewusst wahr, da ich wieder schrecklich anfing zu schluchzen und mich weiter an seiner Brust vergrub.

Dort war ich so vertieft in meine Gedanken, dass ich gar nicht mitbekam, wie die Augen eines gewissen Slytherins verräterisch zuckten...

𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐞𝐰 𝐂𝐡𝐨𝐬𝐞𝐧 𝐎𝐧𝐞 (𝐃𝐫𝐚𝐦𝐢𝐨𝐧𝐞 𝐅𝐅)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt