20 - Nachhilfe von Malfoy

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„Autsch.“ entfuhr es mir lauter als gewollt und ich blickte an mir herab auf meine Füße, die in blass rosafarbenen Ballerinas steckten und auf denen nun ein großer Schmutzfleck prangte, den Harrys schwarze Quadratlatschen dort hinterlassen hatten. Verlegen und mit einem entschuldigendem Blick fragte mein bester Freund, ob er mir wehgetan hatte und auch wenn meine Füße bereits seit ein paar Minuten, die ich mit ihm tanzte, schmerzten, verzog ich die Miene zu einem Grinsen, um Harry nicht zu blamieren. Schließlich waren einige Augenpaare gespannt auf uns gerichtet und verfolgen jeden Schritt und jede Drehung, die wir auf dem hölzernen Boden des Unterrichtsraumes hinlegten.

Was bei Professor McGonagall und Snape so edel und einfach ausgesehen hatte, schien nun mit Harry so viel schwerer und vor allem schmerzhafter. Erst dachte ich, dass Harrys Tanzkünste nur bescheiden waren, aber in den letzten Minuten hatte ich mit Bedauern feststellen müssen, dass ein Tanz mit ihm fast als lebensmüde bezeichnet werden konnte.

Unzählige Male war er mir nun schon auf die Füße getreten oder hatte vergessen, seinen Arm genau auf meine Hüfte zu legen. Stattdessen wanderte seine Hand häufig bedenklich weit nach unten und ich musste sie immer wieder nach oben ziehen, was mir die Röte in die Wangen trieb und mir unsagbar peinlich war. Wissend, dass Harry das keinesfalls böse meinte oder mich bedrängen wollte, fühlte ich mich trotzdem seltsam, wie ich da so in seinen Armen lag, mit ihm unbeholfen durch den Raum stolperte und jede Sekunde hoffte, nicht gegen eine Wand oder ein anderes Tanzpärchen zu laufen und mir somit komplett die Blöße zu geben.

Während Harry mich dicht an sich gedrückt hielt und so gut er konnte versuchte, die Tanzschritte durchzuführen, ließ ich meinen Blick erneut durch den Raum schweifen und beobachtete vorsichtig die anderen Paare. Ron hatte Lavender so nah an sich gezogen, dass sie von weitem wie eine Person schienen, die sich langsam schunkelnd über die Tanzflächen bewegte. Bei diesem Anblick musste ich grinsen und erntete einen fragenden Blick von Harry, den ich mit einem Augendeut in Richtung unseres Freundes beantwortete. Kaum hatte Harry die beiden entdeckt, stieß er ein leises Lachen aus, was jedoch eher hysterisch klang, da er sich panisch auf seine Tanzschritte konzentrieren musste, um mir nicht zum hundertsten Mal auf die Füße zu treten.

Bei Merlins Bart, ich konnte mir wohl gleich neue Schuhe für den Weihnachtsball besorgen, da meine Ballerinas das Tanztraining sicherlich nicht in einem Stück überleben würden. Ich malte mir bereits aus, wie ich nachher die übrig gebliebenen Stoffreste von Harrys Schuhen und meinen Füßen abklauben würde. Bei dem Gedanken entfuhr mir ein lautes Kichern, welches mich gleich darauf erröten ließ, als mein Blick den eines blondhaarigen Slytherins traf, der wahrscheinlich gerade Harrys mangelnde Tanzkünste mit seiner grinsenden Pansy im Arm auswertete.

Ohne es zu wollen, blieb mein Blick am schwarzen Umhang Malfoys hängen, der seine breiten Schultern umschmeichelte und einen deutlichen Kontrast zu seinem hell schimmernden Haar abgab. Innerlich wollte ich mich am liebsten dafür kneifen, dass meine Gedanken unweigerlich zurück an seinen warmen Körper im Schwarzen See kehrten. Wie angenehm es sich damals angefühlt hatte, in seinem Armen zu liegen und ein gewisses Gefühl von Sicherheit zu empfinden. Zur Hölle, wieso hatte ich bei Malfoy ein Gefühl von Geborgenheit erlebt? Es war MALFOY, verdammt. Er war der gemeinste und fieseste Mistkerl, den ich kannte und niemand, wirklich niemand fühlte sich in seiner Gegenwart wohl.

Was war verflucht nochmal mit mir los, dass meine Gedanken seit der Begebenheit im schwarzen See so häufig zu dem arroganten Blondschopf aus Slytherin schweiften und ich auch gerade meinen Blick nicht von ihm abwenden konnte. Schnell blickte ich jedoch weg, als mich ein Schmerz durchfuhr, der von meinem linken Fuß ausging und ich ins Stolpern geriet, hilflos mit den Armen ruderte und schließlich mit einem dumpfen Aufprall auf dem harten Boden landete und Harry sich mit entschuldigendem Blick über mich beugte, um mir aufzuhelfen.

Wie, verdammt nochmal konnte sich ein Mensch so grazil, elegant und federleicht auf einem Besen bewegen, aber beim Tanzen keinen einzigen Schritt auf die Reihe kriegen, ohne einem sämtliche Knochen zu brechen. Nur aus der Ferne drang ein lautes Gelächter an mein Ohr und ich machte ausfindig, dass es von ein paar Slytherins kam, die auf der Tanzfläche stehen geblieben waren, um den Augenblick auszukosten und Harry und mich zu belächeln. Doch während ich mich langsam, Harry an der Hand gefasst, aufrichtete, erhob Professor McGonagall die Stimme und rief mit Nachdruck: „Mr. Potter, wie ich sehe, haben sie noch einiges zu lernen und sollten vielleicht erst einmal von der Bank aus zusehen, bevor es hier in den nächsten Minuten noch Tote gibt.“.

Während Harry augenrollend und etwas verlegen die Tanzfläche verließ, nicht ohne mir entschuldigend zuzulächeln, machte McGonagall eine Pause und sprach kurz darauf mit langsamer Stimme weiter.
„ Mr. Malfoy, da sie es mal wieder für angemessen halten, ihre Belustigung über Mr. Potters Tanzkünste preiszugeben, schlage ich vor, sie schnappen sich Miss Granger und zeigen ihr, wie ein Walzer richtig getanzt wird.“
Meine gesamten Gesichtszüge versteinerten sich und ich richtete meinen Blick feindlich auf den grinsenden Slytherin, der selbstbewusst auf mich zustolzierte und die verdutzt und neidisch dreinblickende Pansy einfach stehenließ.

Mit jedem Schritt, den der Blondschopf auf mich zukam, wurde mir immer bewusster, wie passend der Name „Eisprinz" eigentlich für ihn war. Mit seinem hellen Haar und der edel wirkenden Haut glich er dem frisch gefallenem Schnee und in seinen hellgrauen Augen tobte ein Sturm, der jeden Moment zu eskalieren drohte. Malfoy – alles an ihm schien so kühl und distanziert, doch dann entdeckte ich wieder einen Funken Wärme in seinen Augen und das brachte mich irgendwie völlig aus der Bahn. 

Eine Hand, die meine Hüfte zu sich heranzog ließ mich aus meinen verbotenen Gedanken aufschrecken und sofort röteten sich meine Wangen, als Malfoy meine linke Hand ergriff und mich eindringlich musterte. Um keine weiteren Gedanken zu erlauben, versteifte ich mich und wandte meinen Blick von dem grauen Augenpaar ab, das vorher auf meine Lippen gerichtet war. Ich zischte ein leises „Was zur Hölle soll das, Malfoy?“, als er sein Gesicht belustigt etwas weiter zu mir neigte. Was dachte er sich eigentlich dabei, mich und meinen Freunde sonst nach Strich und Faden zu beleidigen und mir nun so verflucht nah zu kommen. Während dieser Gedanken hatte ich fast vergessen, dass wir tanzten, so leicht flogen meine Füße über das Parkett.

Eins musste man Malfoy lassen – tanzen konnte er. Und noch dazu verdammt gut. Hermione, ermahnte ich mich innerlich, du wirst ganz sicher nicht noch weiter in deinem Kopf dumme Komplimente an Malfoy geben. Dieser Kerl ist abstoßend und ein absoluter Kotzbrocken. Doch wie zur Hölle kam es dann, dass mir bei einem Blick in seine funkelnden Augen kein bisschen übel mehr wurde?

𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐞𝐰 𝐂𝐡𝐨𝐬𝐞𝐧 𝐎𝐧𝐞 (𝐃𝐫𝐚𝐦𝐢𝐨𝐧𝐞 𝐅𝐅)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt