63 - Nachsitzen

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Auf einmal spürte ich den brennenden Blick Harrys an meiner linken Schläfe, der mir verhieß, dass mein Freund nur so vor Eifersucht kochte. Himmel. Was konnte ich dafür, dass Snape Malfoy zu uns nach vorne gerufen hatte und ich folglich bereits seit einigen quälend langsam verstreichenden Minuten zwischen den beiden Erzfeinden am Tisch stand.

„Nun, Potter. Ich denke, du könntest mal einen Blick in den Kessel werfen und dir genau anschauen, wie ein Amortentia-Trank aussehen sollte. Schließlich ist es doch wichtig, sich weiterzubilden und zu lernen." vernahm ich die klare Stimme des Slytherins neben mir, bevor er sich nah zu mir hinüber beugte und mir mit gesenkter Stimme ins Ohr flüsterte: „Nicht war, Granger?".

Sofort errötete ich bei seinen Worten und senkte den Blick schnell auf den Boden, um mein kleines Grinsen zu verstecken. Doch es war bereits zu spät, da Harry meinen Gesichtsausdruck sehr wohl gesehen hatte und nun völlig in Rage an mir vorbei auf Malfoy zustürmte - den Zauberstab erhoben. Bei Merlin, so hatte ich ihn selten erlebt. Es schien, als würde all seine angestaute Wut nur so aus ihm heraussprudeln und sich in der Spitze seines Zauberstabes zu sammeln.

Die Spannung zwischen beiden Jungen war greifbar und ließ die Luft knistern. Doch ehe Harry den Fluch, der unverzeihlich gewesen wäre, aussprechen konnte, stellte sich ihm ein aufgebrachter Snape mit ebenfalls gezücktem Zauberstab in den Weg und erinnerte meinen Freund mit grollender Stimme daran, dass dies ein Unterrichtsraum und kein Schlachtfeld war.
Völlig neben sich stehend wich Harry zurück. Und sowohl er, als auch ich schienen genauestens zu wissen, was als nächstes passieren würde.

*Flashback Ende*

„Professor Snape, ich verstehe nicht. Potter wollte doch mich angegreifen. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich nachsitzen sollte." vernahm ich Malfoys irritiert aber trotzdem lässig klingende Stimme.

„Ich sagte, Nachsitzen. Sie alle drei." herrschte Snape den Blondschopf mit kalter Stimme an und wies auf Harry, Malfoy und mich.

Bei Merlin, warum mussten die beiden Jungen ständig Machtkämpfe ausfechten und damit alles nur noch schlimmer machen. Mit wütendem Blick funkelte ich beide an, bevor ich zum Stundenende als Erste durch die Kerkertür stürmte, die ich erst wieder am Abend zum Nachsitzen betreten würde.

Die Sonne stand tief und tauchte die Ländereien von Hogwarts in rosafarbenes Licht, das den Schwarzen See wie ein Meer aus tausend Farben schimmern ließ. Gern wäre ich länger an den hohen Rundbogenfenstern des Ganges stehen geblieben und hätte gedankenverloren hinaus geblickt. Doch ich hatte es eilig, da ich bereits in ein paar Minuten unten in den Kerkern zum Nachsitzen sein sollte und ich keinesfalls zu spät zu Professor Snape kommen durfte.

Also nahm ich die Beine in die Hand und hastete die Treppen hinab, bis ich die Wendeltreppe zu den Kerkern erblickte. Rennend und abwechselnd auf die Turmuhr blickend, die durch die großen Fenster in mein Blickfeld geraten war, näherte ich mich den Gewölben und passierte die Treppe. Am Fuße derer angekommen, eilte ich weiter und bog um die Ecke - etwas zu schnell, stellte ich fest, als ich mit einem Jungen zusammenstieß und der Bücherstapel in meiner Hand mit lautem Krachen zu Boden ging.
Langsam öffnete ich meine Augen, die ich reflexartig beim Aufprall geschlossen hatte und blickte hinauf in strahlend graue Augen, die mich mit belustigtem Blick fixierten.

„So eilig, mich zu sehen, Granger?" wisperte mir der Blondschopf zu, ich löste mich hastig von ihm und drehte mich um, um die Röte, die mir in die Wangen geschossen war, zu verbergen. Schließlich konnte jeden Moment auch Harry um die nächste Ecke biegen und mich und Malfoy entdecken. Suchend ließ ich meinen Blick durch das, mit Fackeln beleuchtete Gewölbe wandern, in der Hoffnung, Harry zu entdecken, um der Zweisamkeit mit Malfoy entkommen zu können.
Als hätte er meine Gedanken gelesen und in mein Innerstes hinein geblickt, erhob der Slytherin, dessen blondes Haar im Schein des spärlichen Lichtes schimmerte, die Stimme.

„Granger, wenn du deinen Freund suchst, sollte ich dir wohl die Hoffnung nehmen. Snape meinte, für ihn wäre es am besten, wenn er sich in der Bibliothek etwas mit Büchern und vor allem deren Inhalt vertraut machen würde.", vernahm ich Malfoys belustigte Stimme und ich drehte mich augenfunkelnd zu ihm um. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, kehrte er mir den Rücken zu und verschwand hinter der Tür zum Unterrichtsraum für Zaubertränke.

Unsicher, was ich nun tun sollte, blieb ich im Gang stehen und fixierte die flackernden Lichter, die an den Wänden schwungvolle Schatten schufen. Ich verlor mich in den Formen und unterschiedlichen Farben, bis eine Stimme mich aus der Trance riss.

„Granger, die Kessel putzen sich nicht von alleine.", rief der Slytherin und widerwillig folgte ich ihm in den Raum, in dem ich auch Snape erwartete. Jedoch stellte ich nach ein paar suchenden Blicken schnell fest, dass der Lehrer scheinbar Harry in die Bibliothek begleitet hatte, um sicherzugehen, dass dieser auch eigenhändig den zehn seitigen Aufsatz verfasste. Mit Erschrecken stellte ich fest, dass Malfoy und ich allein in den Kerkern waren - allein mit einem paar dutzend Kesseln, die allesamt geputzt werden sollten.

𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐞𝐰 𝐂𝐡𝐨𝐬𝐞𝐧 𝐎𝐧𝐞 (𝐃𝐫𝐚𝐦𝐢𝐨𝐧𝐞 𝐅𝐅)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt