29 - sein linker Unterarm

327 15 4
                                    

Langsam begann der Schnee zu schmelzen und legte die grünen Hügelkuppen rund um Hogwarts frei. Obwohl die Morgen immer noch nebelig und kühl waren und an den Fenstern der Schlafsäle die Tautropfen herunterronnen, schauten bereits erste Spitzen der Frühblüher durch die auftauende Erde.

Genau an solch einem Morgen war ich früher als sonst aufgewacht und war, nachdem ich ein paar Minuten in einem meiner Bücher über Animagi gelesen hatte, aufgestanden und hinab in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum gelaufen, um mich auf ein samtenes Sofa zu setzen und das Prasseln im Kamin zu genießen.

Manchmal konnte ich mir nichts schöneres vorstellen, als einfach alleine mit einer warmen Tasse Kakao früher als alle anderen aufzustehen und die Stille zu genießen. Die letzten Wochen hatten mir sämtliche Nerven gekostet.

Nicht nur, weil Malfoy jede Gelegenheit nutzte, um meine und Harrys Beziehung öffentlich schlechtzureden oder täglich neue „Kosenamen" für uns zu entwickeln, sondern auch, weil sämtliche Hausaufgaben und Aufsätze zu schreiben waren und ich bestimmt 5 Tintenfässer verbraucht hatte.

Umso schöner war es nun, da ein wenig Ruhe eingekehrt war, etwas zu entspannen und Kraft für die letzte Aufgabe zu sammeln. Bereits seit einigen Tagen verbrachten Harry und ich viel Zeit gemeinsam in der Bibliothek, wo wir versuchten, so viele Zaubersprüche wie möglich herauszufinden und zu lernen, sodass Harry bestens für die letzte Hürde auf dem Weg zum Trimagischen Pokal gewappnet war.

Auch wenn ich anfangs an Harrys und meiner Beziehung gezweifelt hatte, fühlte ich mich in der letzten Zeit unglaublich wohl mit ihm. Entgegen meiner Erwartungen hatte sich kaum etwas zwischen uns geändert und wir stritten genauso selten wie vorher. Fast hätte ich alles als normal bezeichnet. Doch oft ertappte ich mich bei dem Gedanken daran, dass irgendetwas fehlte...

Während ich stumm meinen Kakao schlürfte und aus dem Rundbogenfenster blickte, verspürte ich den Drang, nach draußen zu laufen und zu beobachten, wie die Sonne langsam hinter den Hügeln hervorkroch. Also zog ich mir schnell Jacke und Schal an, griff nach einer dunkelgrünen Mütze, die im Gemeinschaftsraum herumlag und betrat das Treppenhaus von Hogwarts.

Gedankenversunken schlenderte ich durch die still und fast verlassen wirkenden Gänge des Schlosses und fand mich irgendwann in der Nähe der Wendeltreppe wieder, die zu den Kerkern führte. Himmel, wie war ich nur hier gelandet. Dieser Ort war mit so vielen negativen Erinnerungen an sämtliche Zaubertrankstunden verbunden, dass ich am liebsten die Beine in die Hände genommen und schleunigst verschwunden wäre.

Doch ein leicht flackernder Schein leuchtete aus den Gewölben hinauf und als ich vorsichtig die Treppe hinunter sah, vernahm ich leise Stimmen vom Fuß der Wendeltreppe. Schnell zog ich meine Schuhe aus, um sämtlichen Lärm zu verhindern und auf leisen Sohlen die Stufen hinabzuschleichen.

Kaum war ich um die erste Windung der Treppe gelaufen, erblickte ich einen hellblonden Haarschopf, der im Fackelschein sanft schimmerte. Den Blick in die grauen Augen des Slytherins konnte ich mir sparen, da ich sofort erkannte, wer er war. Aufrecht stand er da, in einen schwarzen Umhang gehüllt, dessen Ärmel er lässig nach oben geschoben hatte.

Gespannt hielt ich den Atem an und setzte den Fuß vorsichtig eine weitere Stufe tiefer, woraufhin mein Blick auf Snape fiel, der eng bei dem Malfoy stand und eindringlich auf ihn einredete. Ich reckte meinen Kopf und erhaschte erneut einen Blick auf Malfoy, der nun seinen linken Arm in Snapes Richtung streckte und dieser ihn gebannt musterte.

Was um alles in der Welt war an Malfoys linkem Unterarm nur so spannend? Ich spitzte meine Ohren, konnte aber die gedämpften Stimmen kaum verstehen. Lediglich Fetzen des Gespräches, die sich allesamt um die letzte Aufgabe des Turniers drehten, schnappte ich auf.

Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich rannte, so lautlos wie möglich, die Treppen hinauf, den Blick starr nach vorn gerichtet und in Gedanken an Malfoys linken Arm versunken, den Snape sich sicher nur aus einem Grund angeschaut hatte - wegen des Todessermals, das vermutlich darauf prangte.

𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐞𝐰 𝐂𝐡𝐨𝐬𝐞𝐧 𝐎𝐧𝐞 (𝐃𝐫𝐚𝐦𝐢𝐨𝐧𝐞 𝐅𝐅)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt