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"Get up! Get on up!"

Die Elfe hüpfte auf meinem Oberschenkel auf und ab und sang sich die Seele aus dem Leib. Erschlagen blinzelte ich in das grelle Tageslicht.

"Hab ich gesagt, es gibt Nebenwirkungen oder hab ich's gesagt? Trink das."

Ich drehte mich gähnend auf die Seite. Joshua stand in der Tür. Er trug ein schwarzes Hemd. Das verwirrte mich.

"Hier, guten Morgen." Er drückte mir ein kleines Glas in die Hand. Ich erkannte den goldenen Staub darin - das Wundermittel. In wenigen Zügen hatte ich das Glas geleert. "Guten Morgen... danke", gähnte ich mit verschlafener Stimme. "Wieviel Uhr ist es?"

Die Elfe sprang von meinem Bein hinunter und trippelte zu dem leeren Glas in meiner Hand. "Schon fast Mittag", sagte sie, während sie sich waghalsig in das Glas hinabbeugte, um etwas von den mikroskopischen Goldkörnchen aus der Neige zu erhaschen.

Joshua lehnte sich an den Bettpfosten des erhöhten Kopfteils. "Wie geht es dir? Steh mal auf." Er nickte zur Mitte des Raumes.

Ich erhob mich, meine Gelenke knackten. Sonst, bis auf die alltägliche Müdigkeit, nichts. Mit leichtem Unbehagen beäugte ich den langen, roten Kratzer an meinem Unterarm.

"Du hast Glück gehabt", warf Joshua leise ein, als die Elfe sich wieder aus dem Fenster geschwungen hatte. "Pack deine Sachen, wir machen einen Abstecher zum Ufer und dann hoch in die Berge. Zur Nacht hin sollten wir schon auf der anderen Seite sein."

Er verließ das Zimmer. Die vergangene Nacht begann langsam, aber sicher in meine Erinnerung zurückzudämmern. Wir hatten getanzt. Ich hätte ihn beinahe geküsst.

Ja, ich hatte verdammt viel Glück gehabt - auch mit meiner Entscheidung. Nicht, dass ich ihn nicht küssen wollen würde, aber... es wäre absolut falsch gewesen. Wir kannten uns nicht. Er hatte seine Suche, ich hatte meine Suche - Ende.

***

Am Ufer klatschte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich wusste mittlerweile wie extrem heiß die Tage hier wurden, also hatte ich mir noch auf der Hütte meine schwarze Hotpants und ein helles Top angezogen. Die Mintfarbe würde schon nicht allzu sehr auffallen, hoffte ich. Falls uns überhaupt jemand begegnete. Abgesehen davon, dass alle Frauen hier, die ich im Dorf gesehen hatte, beinahe bodenlange Kleider trugen - da war mein Outfit vielleicht etwas freizügig gegen, aber mein Gott, länger als ein paar Tage würde ich hier sowieso nicht bleiben. Und mein Ruf in diesem Dorf war das letzte, dass mich interessierte.

Dennoch schlang ich mir ein großes, dünnes Tuch um die Hüfte, was zwar durchsichtig und hellrosa war, aber wenigstens aus der Entfernung wie ein Kleid wirkte - auch wenn ich mir dafür einen Kommentar von Joshua einfangen musste.

***

Es war schon später Nachmittag, als wir die Spitze des kleinen Berges erreichten. Die Wanderung hatte uns über breite, steinige und steile Wege geführt, was noch relativ gemütlich war im Vergleich zu den Sträuchern und Wäldern, die den größten Teil der Gesteinsriesen überwucherten.

Die Sonne brannte erbarmungslos auf die Erdoberfläche herab und nirgends fiel ein Schatten, in dem man kurz hätte rasten können.

"Nur noch nach unten bis zum Wald, innerhalb der nächsten Stunde, dann haben wir es geschafft. Siehst du das dahinten? Was auch immer das ist? Und die Lichtung?", fragte Joshua mich und zeigte mit ausgestrecktem Arm in Richtung Tal, in Richtung Horizont.

Ich spähte genauer in das allumfassende Grün. Tatsächlich, es standen dunkle, riesige Zelte da, die ich nur zu gut aus Zeltlagern kannte. Aber unsere waren weiß... allerdings konnte ich keine anderen Farben entdecken. Als nächstes fiel mir ein dürrer Metallmast auf, der über die Baumwipfel ragte, und einige kleinere Gebilde, die wie Generatoren aussahen.

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