~10~

292 36 12
                                        

Wachsam schob Joshua die hölzerne, schwere Tür auf. Stickige Hitze schlug mir entgegen und stechender Rauch.

Hustend trat ich hinter Joshua in das Wirtshaus ein. Im Innenraum saßen zwischen hunderten dicken Kerzen auf massiven Holzbänken und -tischen dicht an dicht saufende Kerle, die ihre Maß Bier in die Luft reckten und gröhlten, als wir zwei neuen Gäste das Haus betraten.

Angewidert versteckte ich mich hinter Joshua vor den vielen, wahnsinnigen Blicken, den von Drogen und Alkohol benebelten Gesichtern.

Joshua schlängelte sich durch den überfüllten Raum, bis er eine Lücke an einer dunklen Eichenholztheke erspähen konnte. Hinter dem Tresen stand ein in die Jahre gekommenes Paar mit grauen Haaren und stämmiger Figur, die eine Maß Bier nach der anderen über das Holz hinausgaben. In einer Ecke der Kneipe oder der Bar, was es auch sei, begann eine Prügelei.

Der Mann hinter der Bar feuerte sie laut an, wie der Rest der Besucher ebenfalls, nur die Frau beobachtete den Streit mit einem strengen Blick.

Ich quetschte mich neben Joshua an die Theke, um bei dem Lärm noch etwas verstehen zu können.

"Josh!", rief die Frau freudig, als sie ihn erkannte. Sofort beugte sie sich zu uns über den Tresen.

Er hob grüßend die Hand.

"Hallo, Maren", rief er über das Stimmengewirr der Betrunkenen der bierzapfenden Frau, Maren, zu, " hast du noch ein, zwei Zimmer?"

"Guck dich mal um, Schnucki, drei Versuche hast du zu raten", antwortete sie sarkastisch und knallte ihm ein riesiges Bierglas auf den Tisch. Ablehnend hob er die Hand und schob es mit einem Geht auf mich zu dem Kerl links von ihm weiter.

"Gibt es keine Möglichkeit? Und wenn ich dem Schloss ein paar Zusatzkosten aufhalsen würde?"

Sie warf ihm einen großzügigen Blick zu. "Lass gut sein, eines hab' ich bestimmt noch."

Erleichtert atmete Joshua auf. Dankend kramte er ein paar goldene Geldstücke aus der Tasche seiner dunklen Uniformhose und schob sie über das vermackelte Holz hinüber zu Maren.

Die meisten ließ sie direkt über die Kante in ihre Hand fallen, nur eines schnippste sie wieder zurück. "Das kannst'e behalten, wenn'de mir einen kleinen Gefallen tust, Josh-Schatz."

Er nickte abwartend.

"Bring die da hinten auseinander, sonst lassen die noch die ganze Gesellschaft hochgehen."

Ich schaute in die Richtung, in die Maren gerade mit dem Kopf genickt hatte. Es war die Ecke, in der nun nicht mehr zwei, sondern schon fünf Männer aufeinander einprügelten, während die Umstehenden Wetten auf den Sieger abschlossen.

"Klar", meinte Joshua, schnappte sich den Taler und einen alten Messingschlüssel, den sie über den Tresen schob, und stieß sich von der Holzkante ab. Energisch bahnte er sich einen Weg durch das gaffende Gemenge zu den schwerfällig kämpfenden Säufern.

Gespannt schaute ich ihm hinterher.

Von hinten tippte mir Maren an die Schulter. "Was trinken, Süße?"

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich den ganzen Tag über noch keinen Schluck zu mir genommen hatte. Hinter meinen Schläfen machte sich ein leichtes, aber stetiges Pochen bemerkbar. Ich nickte.

"Gerne. Gibt es auch einfach Wasser?"

Mit verdutzt hochgezogenen Augenbrauen füllte sie ein Glas, indem sie es in ein Fass tauchte. Die klare Flüssigkeit lief an den Seiten hinab.

Sie schob es zu mir herüber; mir fiel auf, wie nass die Theke schon von den diversesten verschütteten Getränken war. Dankend nahm ich die ersten Schlucke, bis mir siedend heiß einfiel, dass ich nur die Währung Euro bei mir führte. Nicht die großen, ovalen Taler, mit denen Joshua soeben das Zimmer gemietet hatte. Mit hochrotem Kopf kramte ich ein Eurostück aus der Tasche und hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger hoch.

Golden FairytaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt