Fingerspitzen strichen durch mein Haar. Sonnenstrahlen erhellten den Raum um mich herum, Wärme versprach einen sonnigen Sommertag. Ich lächelte bei den Glücksgefühlen, die sich jedes Mal in mein Herz schlichen, wenn ein Tag sommerlich wurde, wenn die Erinnerungen an die sonnigen Ferientage und die schöne, lustige Zeit mit meinen Freunden hervorkamen. Im Sommer lebte ich mehr als im Winter. Der Sommer war alles für mich.
Und hier würde es immer Sommer bleiben...
"Sie sieht hübscher aus, wenn sie wach ist... dann sieht man ihre Augen, ich mag diese Farbe... wacht auf, Süße!", riss mich eine tiefe, samtene Stimme aus meinen Sommerträumen.
Mein Gehirn ordnete die Worte nicht sofort ein... wach hübscher... stimmt, verschlafen sah ich immer etwas seltsam aus... aber wer sollte mich denn sehen... wer sprach mich überhaupt an?!
Ich riss erschrocken die Augen auf. Verwirrt starrte ich in das schneeweiße Grinsen von Marques, der seine Hände zurückzog und sich lachend durch die tiefschwarzen Locken fuhr. "Guten Morgen!"
Heiser aufquiekend zuckte ich instinktiv zurück, vergrub mich unter der dünnen Bettdecke.
"Was hast du gemacht? Sie hat doch noch geschlafen - dank deinem Zeug übrigens, nur so nebenbei...", mischte sich jetzt auch Joshuas Stimme ein.
Das wurde mir zu blöd. Hochrot anlaufend riss ich die Decke zurück und stapfte schnell, wenn auch orientierungslos, zur Tür. Zur Tür? Was brachte mir das denn bitte? Ich griff nach meinem Handy, das ich gestern noch auf der Kommode dort abgelegt hatte, ignorierte Joshua im Türrahmen und drehte mich weg. Ich stellte mich an das Fenster, warf einen Blick auf den kleinen Gemüsegarten, der davor wuchs, nur um beschäftigt zu wirken.
Während die Röte in meinem Gesicht etwas abklang, startete mein Handy. Nach einer Ewigkeit des Hochfahrens und der Stille im Zimmer blinkte es endlich freudig auf.
Freudig hellgrün.
Das war gar nicht freudig. Das waren neue Nachrichten, was wiederum bedeutete, dass die Zeit weitergelaufen war, wenn auch nur kurz. Oder sie waren noch vom letzten Abend... hoffentlich. Aber so viel Glück hatte ich nicht.
"Was zur Hölle ist das?" Marques schaute mir über die Schulter, deutete halb neugierig, halb geschockt auf das Display.
"Das wüsstest du wohl gerne, hm?", murmelte ich zu mir selbst, presste das Handy an mich. Hauptsache, er hielt mich nicht für eine Hexe oder was es noch so in dieser Welt gab.
Marques zog eine Augenbraue hoch. "Na, dann eben nicht, aber langsam wird es merkwürdig... darf ich bitten?" Er streckte die Hand aus.
Joshua knöpfte sich gerade sein weißes Hemd zu - wieviele er besaß war mir immer noch ein Rätsel, denn dieses war - und stellte sich zu uns an das Fenster. "Schon vergessen, dass sie aus einer anderen Welt kommt? Das funktioniert so nicht", wandte er sich an Marques und deutete mit einem Kopfnicken auf seine Hand. "So geht das."
Er lächelte mich an. "Mayra? Darf ich einen Moment? Ich werde es ihm auch nicht geben, versprochen."
Zögerlich händigte ich ihm das Smartphone aus. Was war hier nur los? Joshua provozierte Marques kurz, dann gab er es mir wieder.
"Du weißt ganz genau, dass ich das nicht haben kann! Los, komm doch!", rief Marques aufgebracht, aber lachend. Die Beiden waren kurz davor, aufeinander loszugehen. Es war, als wäre ich wieder in meine Welt zurückversetzt. Besser gesagt, auf meine Schule.
"Jungs, was geht hier?", seufzte ich, die Müdigkeit holte mich schnell wieder ein.
"Nur gute Laune nach einem guten Auftrag, gewöhn dich dran", antwortete Marques, stieß Joshua versehentlich in die verletzte Seite, welcher sich getroffen zusammenkrümmte, entschuldigte sich und verschwand.

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Golden Fairytale
FantasyDiese fremde, neue Welt sprengte alle Grenzen der Realität. Der Wissenschaft. Der Grausamkeit. Der Wunder. Der Unendlichkeit. Meines öden Alltags. Diese Welt überstieg sogar die Ausmaße meiner eigenen Phantasie. Wie oft hatte ich hiervon geträumt? E...