Kapitel 28

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"Na sieh mal einer an, wen wir hier haben." Die Stimme erkannte ich natürlich sofort und zuckte merklich zusammen. Es war Jace!

Panisch, aber relativ langsam drehte ich mich in die Richtung, aus welcher ich die Stimme vermutete. Meine Mutter tat es mir gleich und blieb in einer Art Schockstarre, als sie die Gestalt einige Meter von uns weg erblickte. Jace kam Schritt für Schritt näher und hatte, wie ich nach einer Weile erkennen konnte, eine Pistole in der Hand. Nicht die schon wieder, das war beim letzten Mal schon nach hinten losgegangen.

"Dachtest du wirklich, du kommst mir so leicht davon, Claire?" Er ging noch ein paar Schritte auf mich zu, während er seine Rede fortsetzte. "Ich bin wirklich enttäuscht von dir, ich habe mehr erwartet."

"Keinen Schritt näher, die Polizei ist schon auf dem Weg!", kam es auf einmal von meiner Mutter, die sich schützend vor mich stellte.

"Das wage ich ja stark zu bezweifeln, schließlich würde die Polizei dann wohl eher sie festnehmen als mich. Immerhin befinden Sie sich hier auf fremdem Grundstück und spionieren mir nach.", während er das sagte, klang er so sachlich wie immer.

"Oh nein, du hast meine Tochter ENTFÜHRT und hier festgehalten! Dafür kommst du IN DEN KNAST!", sie platzte vor Wut, obwohl in diesem Moment die Waffe auf sie gerichtet war.

"Mom, bitte hör auf...", flüsterte ich ihr zu, da ich gerade wirklich Angst um ihr Leben hatte.

"Sie sollten besser auf Ihre Tochter hören, immerhin haben Sie gerade nicht die Überhand.", gegen Ende grinste er dann mich an, was mich unwohl fühlen ließ.

Was sollte ich jetzt tun? Ich durfte nicht zulassen, dass Jace meiner Mutter etwas antat. Lieber würde ich nochmal mit ihm zurück in dieses verdammte Haus gehen, als mit der Schuld zu leben, nicht alles versucht zu haben.

"Lass sie bitte gehen, Jace. Sie hat damit nichts zu tun.", versuchte ich behutsam auf ihn einzureden, während ich mich vorsichtig vor meine Mutter schob.

"Und genau da liegst du falsch. Hätte deine Mutter nicht Detektiv gespielt, wären wir jetzt nicht in dieser Lage.", bei diesen Worten schaute er abwechselnd zu mir und meiner Mom. "Also muss ich jetzt das tun, was getan werden muss." Nach diesem Satz richtete er die Pistole auf meine Mutter, die hinter mir stand und entsicherte geschwind die Waffe. Ich stellte mich ruckartig so hin, dass wenn er jetzt geschossen hätte, die Kugel nur mich getroffen hätte. "Claire, Liebes, mach es mir doch nicht noch schwerer als es ohnehin schon ist."

"Ich flehe dich an, tu ihr nichts.", mittlerweile bahnten sich leichte Tränen den Weg in mein Gesicht.

Gerade als Jace sich zu Wort melden wollte, platzte aber meine Mutter dazwischen. "Bitte lass meine Tochter gehen. Ich bleibe, aber sie verdient ihre Freiheit" Nun stand sie neben mir und stellte sich mutig meinem Kidnapper.

"Sehr doch, das geht beides nicht. Sowohl Sie...", dabei schaute er meine Mom an, "...als auch du...", dabei blickte er mich an, "wisst zu viel. Ich könnte euch nicht gehen lassen, selbst wenn ich das wollen würde."

Mein Körper versteifte sich noch mehr und das Zittern überkam mich wieder. Das hatte ich immer, wenn ich mich in einer schier aussichtslosen Situation befand. Er durfte ihr einfach nichts antun, dafür musste ich sorgen. Mich würde er doch nicht schon wieder anschießen, oder etwa doch? Naja, so sicher war ich mir da jetzt nicht, aber es war unwahrscheinlicher, dass er mich angriff als meine Mutter. Selbstbewusst ging ich ein paar Schritte auf ihn zu, sodass ich nunmehr vielleicht gute fünfzig Zentimeter vor ihm stand.

"Wenn du wirklich etwas für mich empfindest, dann tu mir das nicht an. Bitte, ich würde ihren Tod nicht verkraften." Dabei blickte ich ihm tief in die Augen und hoffte, dass die Nummer ziehen würde, jedoch wurde ich eines Besseren belehrt. Wie aus dem nichts schob er mich beiseite und wollte gerade abdrücken, als ich mich auf ihn stürzte. Die Kugel verfehlte meine Mutter, die sich kaum rühren konnte, nur knapp. Ich und Jace fielen beide hart zu Boden. Naja ich vielleicht etwas weniger hart, da ich genau auf ihn drauffiel und mich sein Körper etwas abstützte.

"Mama, lauf!", schrie ich vom Boden aus und blickte in ihre Richtung. Das ließ sie sich, zu meiner Verwunderung, nicht zweimal sagen, denn ohne zu zögern setzte sie sich in Bewegung.

Daraufhin warf Jace mich von sich und wollte sich gerade aufrappeln, als ich ihn ruckartig wieder nach hinten zog. Es dauerte aber nicht lange, bis er bei unserem kleinen Zweikampf wieder die Überhand gewann. Er packte mich an meinen Schultern und drückte mich auf den Boden des Waldes, während er sich über mich beugte.

"Du bedeutest ihr nichts, Claire. Hast du gesehen, wie schnell sie gerade weggerannt ist? Du bist ihr egal!", mir diesen Worten versuchte er gerade, mich zu manipulieren. Denn würde ich meiner Mom wirklich nichts bedeuten, hätte sie ihr eigenes Leben nicht riskiert, um hier im Wald in der Anwesenheit eines Psychopathen nach mir Ausschau zu halten.

"Das stimmt nicht und das weißt du genau!", schrie ich ihn so gut es ging an. Es kam gerade nicht besonders viel Luft in meine Lungen, dennoch wollte ich nicht schwach rüberkommen also riss ich mich zusammen.

Plötzlich löste sich Jace von mir, weswegen ich erstmal dachte, dass er mich gehen lassen will, aber im nächsten Moment riss er mich an meinem Arm hoch und schlang den seinen um meinen Hals. Mit seiner anderen Hand hielt er mir die Pistole, die er gleich wieder ergriffen hatte, an den Kopf, woraufhin ich schwer schlucken musste. Aus dieser Lage konnte ich mich nicht befreien. Sein Griff war viel zu stark und selbst wenn ich es geschafft hätte, dann wahrscheinlich nur mit einer Kugel in meinem Kopf. Jace schob mich mit diesem Griff vor sich her und ging in die Richtung, in welche meine Mutter gerannt war.

"Na mal schauen, ob sie sich nochmal dir zuliebe blicken lässt.", meinte Jace zu mir. "Mrs Shields, wenn Ihnen Ihre Tochter am Herzen liegt, dann kommen Sie am besten schleunigst aus Ihrem Versteck raus.", schrie er anschließend in den Wald hinein. Stille. Nichts. Es meldete sich keiner zu Wort. Als die Umrisse eines Autos zu erkennen waren, hielt Jace kurz an. Es war das Auto meiner Mutter, deswegen war sie gerannt. Sie wollte mich nicht im Stich lassen, sondern sich lediglich bewaffnen, um mir zu helfen.

"Mrs Shields!", rief er erneut und drehte sich, inklusive mir, einmal im Kreis. Anschließend näherten wir uns dem Auto, während ich immer noch im Schwitzkasten war. Gerade als ich etwas sagen wollte, hörte ich einen lauten Schlag und der Griff um meinen Hals wurde gelockert. Jace stürzte zu Boden und auch ich konnte es nicht vermeiden, hinzufallen.

Als ich aufblickte stand über mir eine Mutter mit einer Schaufel bewaffnet. Damit hatte sie ihm gerade vermutlich einen übergehauen. Kurze Zeit später folgte ein zweiter Schlag, sicher ist sicher. So schnell ich konnte entwendete ich ihm die Waffe und zielte auf seinen Kopf. Langsam rappelte er seinen Oberkörper auf und stützte sich mit seinen Armen ab. Dabei musterte er mich die ganze Zeit nachdenklich, aber bei weitem nicht panisch. Meine Hand zitterte zwar, aber die Waffe war zielsicher auf ihn gerichtet.

"Das wars Jace, es ist vorbei.", kam es von mir, während ich mich langsam vom Boden erhob und ihn dabei keinen Moment aus den Augen ließ. Eigentlich hätte er jetzt um sein Leben betteln müssen, aber stattdessen grinste er mich einfach nur an. Ich blickte irritiert zu meiner Mom und anschließend wieder zu Jace runter.

"Was soll das!? Wir haben dich entwaffnet, Jace. Du sitzt in der FALLE!", schrie ich ihn an, da mir fast der Kragen platzte, doch seine Miene änderte sich nicht.

"Du hast nicht den Mumm dazu, Claire. Du würdest es nicht schaffen, einen Menschen zu erschießen.", sagte er selbstgefällig.

"Das muss sie auch gar nicht. Die Polizei wird gleich da sein.", meldete sich meine Mutter, während sie ihr Handy hervorholte und gerade den Notruf wählen wollte.

Die nächsten Ereignisse passierten so schnell und schlagartig, dass ich mich kaum mehr daran erinnern konnte. Jace packte mich an meinem Bein und zog so feste wie möglich, weshalb ich im Nullkommanix das Gleichgewicht verlor und mit dem Rücken auf dem Boden aufprallte. Keine Sekunde später hatte er sich wieder die Waffe gegriffen und zielte auf meine Mutter, die nicht schnell genug reagieren konnte. Mein Blick glitt noch immer in den Himmel, da ich durch den harten Aufprall erstmal wie gelähmt war. Ich konnte nur ahnen, was passiert war, als ich plötzlich einen lauten Knall hörte. Unfähig mich zu bewegen starrte ich nach oben und meine Sicht begann sich langsam zu verschwimmen...

Habe das Kapitel gleich nach der Schule geschrieben, da ich die Idee mehr oder weniger schon gestern Abend hatte und ich sie nicht vergessen wollte 😅
Schreibt gerne eure Meinung zu dem Kapitel in die Kommis! ♡

You're mine - a kidnapper story ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt