Kapitel 2

3.9K 74 2
                                    

Nach einer Weile kam ich endlich an meiner Schule an, wo ich am Eingang auch schon Anna und den Rest der Gruppe bemerkte. Schnellen Schrittes ging ich auf sie zu und lächelte ihnen entgegen.

"Hey Leute, was geht?", begrüßte ich sie, aber nur Anna schien mich halbherzig wahrzunehmen.

"Claire, da bist du ja endlich!", ihr Lächeln stoppte, als sie an mir runter sah. "Süße, du kannst mich ruhig fragen, wenn du mal wieder neue Klamotten brauchst. Weißt du was, wir gehen einfach die Woche mal zusammen shoppen!" So war sie schon von Anfang an gewesen. Sie sagte es mir nicht direkt ins Gesicht, wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen lief, sondern umhüllte es immer, damit es nicht so 'unfreundlich' rüber kam. Ashley und Fiona hatten mich bislang noch keines Blickes gewürdigt, da sie sich in einer hitzigen Diskussion rund ums Thema Fashion Week befanden. Klar, was auch sonst. Die beiden waren wirklich oberflächlich, aber Anna versuchte zumindest, sich meiner anzunehmen. Gerade als ich etwas zu einer der beiden anderen sagen wollte, klingelte die Schulglocke und hielt mich von meinem Vorhaben ab. In der ersten Stunde hatte ich Englisch, was bei unserem jetzigen Lehrer ziemlich langweilig werden würde. Die anderen Stunden waren auch nicht wirklich besser, zwei Stunden Mathe und zwei Stunden Wirtschaft. Ich hatte jetzt schon keine Lust mehr, jeder verdammte Tag war einfach gleich. Ich war froh, wenn ich nach dem verkürzten Schultag endlich zuhause war, auch wenn ich da sowieso nichts besonderes machen würde. Am Montag hatten wir immer nur fünf Stunden, worüber ich wirklich froh war, aber kaum war ein Tag zu Ende, dachte ich gleich wieder an den nächsten, und das Tag ein, Tag aus.

Nach drei Stunden folgte endlich die erste Pause. Ich schlurfte aus dem langweiligen Klassenzimmer hinaus in den Gang, wo ich gleich auf meine Gruppe zuging. Die Mädchen schienen richtig in ein Gespräch verwickelt zu sein und bemerkten mich erst gar nicht wirklich, bis ich nicht selbst das Wort ergriff, aber daran war ich ja gewöhnt.

"Worum geht's denn?", fragte ich sowie neugierig als auch freundlich. Es schien so, als würden sie erst überlegen, ob sie mich nun einweihen sollten, sie taten es dann aber schließlich.

"Heute schmeißt Ashley eine krasse Party bei sich. Ihre Eltern sind nicht da und sie hat sturmfrei. Das wird echt mega.", fing Fiona an zu schwärmen.

"Das klingt echt...toll!", meinte ich nur. Eigentlich hätte ich erwartet, dass mich eine von ihnen einlädt, aber was solls, anscheinend war ich ihnen doch nicht so wichtig, auch wenn ich mir dessen schon indirekt bewusst war.

Gerade als ich gehen wollte, da die Schulglocke läutete, meinte Anna aber noch etwas zu mir: "Du bist natürlich eingeladen, Claire. Weißt du was, ich hol dich einfach um acht ab. Bis dann!" Ehe sie das zu Ende gesagt hat, war sie auch schon weg. Ich hatte ja eigentlich nicht mal zugesagt. Anna wollte immer, dass alles nach ihr ging, sie akzeptierte keine Widerworte. Hatte ich wirklich Lust auf diese Party zu gehen? Immerhin war morgen Schule und ganz nebenbei schrieben wir noch einen Test, welcher entscheidend für meine Deutsch Note war. Andererseits freute ich mich auch irgendwie, dass mich Anna dabei haben wollte. Na schön, ich musste ja nicht die ganze Nacht bleiben. Wieso also nicht?

Ich ging zurück in den Unterricht und saß meine restlichen zwei Stunden ab. Als dann endlich die Schulglocke klingelte war ich fix und fertig von diesem Tag und wollte nur noch in mein Bett. Die beiden Wirtschaftsstunden waren echt anstrengend gewesen und meine Laune war jetzt echt am Allerwertesten. Müde verließ ich die Schule und machte mich auf den Heimweg, während ich den Croissant verdrückte, den ich mir heute morgen gekauft hatte. Ich hatte bisher keine Zeit gehabt, ihn zu essen und Mensa-Essen gab es heute auch nicht, also war das hier die Alternative. Ich ging die Straßen Londons entlang und schaute neugierig in die ganzen Schaufenster hinein, während ich meinen Weg fortsetze. An einem bestimmten Schaufenster blieb ich jedoch stehen und lurte auf die Schaufensterpuppe. Die trug ein wunderschönes, prachtvolles Ballkleid in einem sanften Rosa-Ton. Es war einfach himmlisch und am liebsten hätte ich es direkt anprobiert. Das Problem war: Erstens konnte ich es mir sowieso nicht leisten und zweitens würde es keinen Anlass geben, es für mich zu tragen. Seufzend ging ich weiter und schob den Gedanken beiseite.

Zu Hause angekommen ging ich erstmal die Treppen zu unserer Wohnung hoch, die sich im fünften Stock befand, ging durch unsere Wohnungstür geradewegs in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Im Liegen machte ich Musik auf meinem Handy an und verharrte erst mal eine Weile in dieser Position, da ich einfach ein bisschen Entspannung brauchte. Bevor ich jedoch einschlafen konnte, zerrte ich mich wieder auf und saugte erstmal die Wohnung durch. Meine Mutter arbeitete schon genug, da musste ich ihr nicht noch extra Arbeit hier im Haushalt übrig lassen. Als ich fertig war räumte ich noch alles auf und begab mich dann wieder in mein Zimmer, wo ich mich an meine Hausaufgaben ran machte. Ich hatte jetzt schon keine Lust darauf, aber ich musste sie sowieso machen und je schneller ich mich da dran machte, desto schneller war ich auch damit fertig.

Letzten Endes war es bereits 18 Uhr, als ich erst mit allem fertig wurde. Noch zwei Stunden, dann würde mich Anna abholen. Also ging ich ins Bad und schminkte mich etwas stärker, als ich es sonst tat. Danach lockte ich meine Haare und steckte sie halbwegs hoch, sodass es einigermaßen okay aussah. Zufrieden betrachtete ich das Ergebnis im Spiegel und ging dann wieder zu meinem Kleiderschrank. Nun kam der schwerste Teil, denn ich tat mich wirklich schwer, hier etwas Passendes zu finden. Der Inhalt beschränkte sich auf wenige Hosen, vielleicht fünf Kleider, ein paar Shirts und dann noch weitere fünf Pullover. Das wars, mehr hatte ich nicht. Jacken und Schuhe befanden sich im Flur, aber das war dann auch schon alles.

Verzweifelt schaute ich meine Kleider durch, bis ich auf eines aufmerksam wurde. Wo kam das denn her? In meinen Händen hielt ich ein olivegrünes Seidenkleid, welches definitiv nicht ich gekauft hatte. War das meine Mutter? Sie sollte mir doch nichts kaufen. Da ich aber nichts anderes finden konnte, zog ich es an und betrachtete mich im Spiegel. Wow! Ich hatte keine Worte. Das Kleid war wundervoll. Zum Outfit zog ich mir noch ein paar High Heels an und wie sich herausstellte war ich keine Minute zu früh fertig, da im nächsten Augenblick auch schon jemand an der Tür klingelte. Ich ging an den Hörer und hörte eine aufgeregte Anna.

"Claire! Na komm schon runter, ich kanns kaum noch abwarten!", schrie sie fast schon in den Hörer.

"Ist ja gut, ich komme schon!", antwortete ich ihr, schloss die Tür ab und bemühte mich, in meinen Heels so schnell wie möglich die Treppen runter zu kommen. Wir hatten hier leider keinen Aufzug, was manchmal sehr ärgerlich war, aber mittlerweile hatte ich mich schon daran gewöhnt.

Unten angekommen stieg ich aus der Haustür und ging direkt auf Annas luxuriöses Auto zu. Kurzerhand öffnete ich die Tür und ließ mich auf den Beifahrersitz fallen.

"Girl, du schaust richtig heiß aus!", kam es von Anna. "Woher hast du nur dieses Kleid?"

"Von meiner Mum, ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie mir ein Neues gekauft hat.", gab ich ihr zurück.

"Und bereit auf die krasseste Party des Jahres?", heizte Anna die Stimmung noch mehr auf.

"Aber sowas von!", lächelte ich sie an. Ich hoffte, dass mich dieser Abend zumindest etwas von meinem Alltag ablenken würde, also war ich heute für alles zu haben. Anna fuhr los und innerlich freute ich mich nun bestimmt mindestens genauso sehr wie sie sich.

You're mine - a kidnapper story ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt