Epilog

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Claires POV:

Es waren mittlerweile drei Monate vergangen. Drei Monate, in denen ich fast jeden Tag daran gedacht habe, was während meiner Entführung alles passiert war. Oft versuchte ich, die ganze Sache zu vergessen. Ich wollte die gesamte Zeitdauer aus meinem Gehirn löschen, doch ich konnte es nicht. Einerseits wurde ich immer wieder von der Polizei verhört, weshalb alle Erinnerungen sowieso gezwungenermaßen hochkamen, andererseits wollte ich sie ab einem bestimmten Punkt auch gar nicht mehr vergessen. Ich hatte jetzt mehr als genügend Zeit, um über alles gründlich nachzudenken und mir einiger Sachen bewusst zu werden, sowie mich mit einigen Sachen abzufinden. Meine Mutter würde nie wieder zurückkommen. Das hatte ich akzeptiert und die Polizei wohl oder übel auch. Soweit ich es mitbekam, wurde Jace sogar noch öfter als ich befragt, da er der Hauptverdächtige in diesem ganzen Fall war.

An jenem Tag, als mich Jace einfach vor meiner Haustür abgesetzt und mich bis zum heutigen Tage in Ruhe gelassen hat, bin ich direkt zur Wache gegangen und habe ihnen alles erzählt. Naja, zumindest das, was ich ihnen erzählen wollte. Und zwar aus meiner Ansichtsweise. Und etwas verschönert dargestellt. Na schön, ich habe sie größtenteils komplett angelogen, in der Hoffnung, ich hätte bald meine Ruhe und könnte den ganzen Mist hinter mir lassen, um mich auf meinen Abschluss zu konzentrieren. Den Abschluss hab ich mittlerweile in der Tasche, jedoch hat sich das Verfahren bis vor ein oder zwei Wochen noch gezogen. Ich habe der Polizei gesagt, dass ich freiwillig bei Jace war, sich unsere Wege jedoch leider getrennt haben. Ich habe ihnen gesagt, dass ich keine Ahnung habe, wo meine Mutter steckt und dass Jace damit ganz sicher nichts zu tun hat. Wieso ich das getan habe? Ich konnte es mir zu jenem Zeitpunkt auch nicht richtig erklären, jedoch ist mir in letzter Zeit etwas klar geworden. Ich kann nicht ohne Jace leben. Die letzten Monate ohne ihn waren fast eine Qual und es gab fast keinen Moment, an dem ich nicht an ihn gedacht habe.

Natürlich weiß ich, dass er viele schreckliche Sachen getan hat, jedoch kann ich meine Gefühle nicht verleugnen, sonst werden sie mich noch in den Wahnsinn treiben. Vor einer Woche ist schließlich das Urteil gefallen, dass das Verfahren gegen Jace eingestellt wird und so ziemlich genau an diesem Tag ist auch Meines gefallen. Ich werde heute zu ihm fahren, ins Krankenhaus. Es war nicht schwer herauszufinden wo er arbeitet, da es hier gerade mal zwei Krankenhäuser in der Stadt gibt, was mir die Sache um Einiges erleichtert hat.

In diesem Moment sehe ich mich im Spiegel an und betrachte mein Aussehen. Ich bin erwachsener geworden, als noch vor ein paar Monaten. Meine Haare sind etwas länger geworden und auch mein Kleidungsstil hat sich weiter entwickelt. Ich bin unabhängig geworden, so ganz ohne Mutter. Zwar vermisse ich sie hin und wieder, jedoch kann ich sie jetzt auch nicht mehr zurück holen. Bevor ich noch weiter in Gedanken verfalle, begebe ich mich auch schon in Richtung Haustür, schließe ab und flitze die Treppen runter. Meinen Führerschein habe ich zwar schon, jedoch konnte ich mir noch kein Auto leisten, weswegen ich jetzt schnell auf den Bus zu rannte, der jeden Moment abfahren würde. Gerade noch rechtzeitig befand ich mich im Fahrzeug, ehe es sich in Bewegung versetzte.

Etwa zwanzig Minuten später stand ich auch schon vor dem Krankenhaus. Bevor ich es mir hätte anders überlegen können, schritt ich auch schon darauf zu und wanderte durch die Tür auf den Empfang zu. Ich hoffte inständig, dass Jace heute arbeitete, sonst war mein kleiner Abstecher hierhin umsonst.

"Entschuldigung, können Sie mir sagen, ob Herr Lewis heute im Dienst ist?", fragte ich die Dame mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht.

"Name!"

"Wie bitte?"

"Ich brauche Ihren Namen, sonst kann ich Ihnen gar nichts sagen!", sagte sie streng zu mir.

"Claire Shields."

"Sie stehen nicht auf seiner Patientenliste. Nächster bitte!"

Na vielen Dank auch, diese Frau hat mich keinen Schritt weiter gebracht, doch ich würde ganz sicher nicht aufgeben. Kurzerhand schritt ich den Gang entlang und versuchte mich anhand der vielen Schilder zu orientieren. Irgendwann landete ich schließlich im Ärzteabteil, wo ich eigentlich gar keinen Zutritt hatte. Ich blickte mich unauffällig im Raum um, jedoch sah ich Jace nirgendwo und wurde zu meinem Bedauern auch noch von einem der anderen Ärzte erwischt.

"Entschuldigung, Sie da!", er zeigte mit einem Finger auf mich, "Sie haben hier nichts zu suchen!" Gerade als er auf mich zugehen und mich aus der Tür drängen wollte, ertönte eine Stimme, welche mir nur allzu bekannt vorkam.

"Ich kümmere mich darum, Herr Ziegler." Sofort blickte ich zum anderen Ende des Raumes, wo ich Jace in einem Ärztekittel sehen konnte. Er sah sogar noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte, was vielleicht an seinem Drei-Tage-Bart liegen könnte. Meine Mundwinkel gingen leicht nach oben, was ich im ersten Moment gar nicht bemerkte, sondern erst, als ich schon fast komplett lächelte. Mittlerweile stand Jace vor mir und griff behutsam nach meinem Arm, um mich aus dem Zimmer zu schieben. Seine Berührung jagte mir eine angenehme Gänsehaut durch meinen ganzen Körper. Immer noch stumm gingen wir nebeneinander her, bis wir letztendlich einen Raum betraten und Jace die Tür hinter sich schloss.

"Was machst du hier, Claire?" Sein Tonfall klang neutral, weswegen ich erstmal nicht deuten konnte, ob er jetzt froh war mich zu sehen oder nicht.

"Ich habe in den letzten Monaten viel nachgedacht...", begann ich meine Ansprache und schaute ihm dabei tief in die Augen, "...und dabei ist mir Einiges klar geworden." Ich ging ein paar Schritte auf Jace zu und blieb direkt vor ihm stehen. Seinen warmen Atem konnte ich auf meiner Haut spüren und ich meinte zu glauben, dass sich sein Herzschlag verschnellerte. "Ich kann und will nicht ohne dich leben, Jace. Es ist mir egal was du alles getan hast, ich verzeihe dir." Abwartend blicke ich ihn immer noch intensiv an und füge schließlich noch die letzten, entscheidenden Worte hinzu: "Ich liebe dich, Jace."

"Ich liebe dich auch, Claire." Es dauert keine Sekunde, bis er mich zu sich nach oben in einen innigen Kuss zieht. Es fühlte sich so an, als würden tausend Feuerwerke auf einmal in mir explodieren. Sie durchzogen meinen ganzen Körper und brachten mich dazu, mich noch näher an Jace zu drücken. Spätestens jetzt war ich mir sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Hier und jetzt, in seinen Armen, fühlte ich mich wie der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt. Mit Jace wollte ich mein ganzes Leben verbringen, da war ich mir sicher. Bis dass der Tod uns scheidet...

You're mine - a kidnapper story ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt