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"The first time that you kissed me" - Mystery of Love (Sufjan Stevens)


Verträumt malte ich kleine Kreise auf den Stoff meines T-Shirts , das Louis trug. Seine weichen Haaren kitzelten mein Kinn, denn er hatte seinen Kopf in meine Halsbeuge gebettet. Ich spürte seinen warmen Atem, der gleichmäßig auf meine nackte Brust strömte. Seinen Arm hatte er quer über meinen Oberkörper gelegt und sein eines Bein befand sich irgendwo zwischen meinen.

"Guten morgen", hauchte ich leise, als er verschlafen blinzelte.

"Morgen", brummte er zurück und kuschelte sich noch ein wenig mehr an mich.

Mein Blick wanderte von seinem wunderschönen Gesicht über seinen Körper. Er bewegte sich etwas und änderte seine Position so, dass er ein Bein leicht anwinkelte und über meine schob. Dadurch rutschte das T-Shirt, das seinen Körper verdeckte ein Stück nach oben und mir zeigte sich nun ein wenig lila-blau verfärbte Haut. Besorgt legte ich meine Hand an seine Hüfte und wollte das T-Shirt gerade noch ein wenig hoch schieben, als seine Hand plötzlich blitzschnell mein Handgelenk umfasste und es festhielt. Seine Augen hatte er nun wieder geöffnet und sah mich ängstlich an.

"Was ist das, Lou?", fragte ich tonlos.

"Nichts", antwortete er viel zu schnell, "Ich... ich bin die Treppe runter gefallen. Das passiert mir öfter, ich bin halt ein Trampel."

Hastig löste er sich von mir und verließ das Bett. "Ich sollte wahrscheinlich gehen. Meine Familie müsste demnächst wiederkommen und du möchtest bestimmt auch deine Ruhe."

"Deine Familie war nie bei deinen Großeltern, oder?", es war mehr eine Tatsache, als eine Frage, "Ich habe schon gestern gemerkt, dass du mich anlügst, aber du warst so durch den Wind, deshalb habe ich es einfach hingenommen." Ich stand nun ebenfalls auf und ging auf ihn zu. "Rede mit mir", sagte ich sanft und sah ihm tief in die verschreckten Augen.

"Ich wollte da einfach weg... weg von Zuhause", stammelte er und ich sah, wie es in seinen Augen verdächtig glitzerte.

"Warum?", fragte ich leise, nicht sicher, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte.

Schweigen. Louis sah betreten auf seine Zehenspitzen und ich erkannte nun die erste Träne, die über seine Wange lief. Einen Moment passierte gar nichts. Dann griff er plötzlich nach dem Stoff meines T-Shirts, das er trug und zog es sich über den Kopf.

Ich sog scharf die Luft ein, als ich die vielen blauen Flecken und Blutergüsse sah, die seinen wunderschönen Körper zierten. Einige schienen neuer zu sein, einige schon etwas älter. Manche waren riesig, manche nur ganz klein.

"Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte, Harry", schluchzte er plötzlich und schlug sich die Hände vor's Gesicht.

"Shh, Lou." Ich ging noch einen Schritt auf ihn zu und schloss ihn in meine Arme.

"Wirst du geschlagen?", fragte ich leise und strich beruhigend über die weiche Haut an seinem Rücken.

Ich spürte ein leichtes Nicken an meiner Brust. "Wurdest du gestern auch geschlagen?", fragte ich vorsichtig weiter. Erneutes Nicken. "Von wem?"

"Meinem... Vater...", schluchzte er leise.

Ich versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte. Am liebsten hätte ich laut geschrien und irgendetwas kaputt gemacht. Wie konnte man meinem Engel nur so etwas antun? Er war das liebste Geschöpf, dass ich jemals kennengelernt hatte. Er hatte so etwas nicht verdient, niemand hatte so etwas verdient.

"Hast du darüber nachgedacht, ihn vielleicht anzuzeigen?", fragte ich zögerlich.

"Nein!", rief er plötzlich und sein Kopf schoss in die Höhe, "Nein und bitte, bitte erzähle es keinem. Bitte, das musst du mir versprechen. Er ist alles, was wir noch haben. Wenn das jemand erfährt, dann reißen sie uns auseinander und stecken uns in Heime. Bitte Harry, du musst es mir versprechen."

"Was ist mit deiner Mum, sagt sie überhaupt nichts?", fragte ich verwundert und versuchte, nicht die Fassung zu verlieren.

"Sie ist vor einem Jahr gestorben...", murmelte Louis leise und sah wieder zu Boden.

"Oh Lou, das wusste ich nicht, es tut mir leid."

"Es ist okay... Ich denke, ich komme inzwischen damit klar", lächelte er tapfer, "Aber Dad nicht... er hat sich verändert... er war früher nicht so. Aber ich liebe ihn. Er weiß, dass er sich verändert hat, deshalb hat er sich eine Wohnung gesucht, in der er wohnt, damit er uns nicht gefährdet. Aber manchmal kommt er, um nach uns zu sehen und dann rastet er oft aus. Aber er liebt uns, das weiß ich. Er ist nicht mehr er selbst. Es ist nicht seine Schuld."

"Du bist viel zu gutmütig", murmelte ich leise und wischte ihm sanft die Tränen von den Wangen.

"Bitte, du musst mir versprechen, dass du nichts sagst, zu niemandem", flehte Louis erneut und ich nickte schließlich, auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte.

"Du solltest zu einem Arzt gehen, du könntest vielleicht innere Verletzungen haben", stellte ich fest und ließ meinen Blick noch einmal über seinen Körper gleiten.

"Ein Arzt wird fragen stellen. Ich kann nicht riskieren, dass sie uns auseinander reißen. Meine Schwestern haben doch außer mir und meinem Dad niemanden mehr und ein Leben in einem Heim wird für sie die Hölle. Sie sind doch noch so jung."

"Das lass mich wenigstens kurz drüber sehen", seufzte ich und Louis nickte einverstanden.

Er trat einen Schritt zurück und ich musterte besorgt seinen Körper. Vorsichtig strich ich über seine Brust und wich kurz zurück, als sich auf seiner Haut eine Gänsehaut bildete. Ich fuhr mit meinen Händen weiter bis an seine Taille und drehte ihn um, um seinen Rücken zu betrachten. Mir entgingen nicht seine leicht definierten Rückenmuskeln und die bezaubernden Kurven, die er hatte. Erst nach einer Weile realisierte ich, dass meine Hände immer noch an seiner Taille lagen und ich mit den Daumen liebevoll über seine nackte Haut fuhr.

Plötzlich drehte Louis sich zu mir um und sein Gesicht kam meinem dabei verdammt nahe. Es war auf einmal so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können und ich erwischte mich dabei, wie ich auf seine Lippen starrte.

Ohne Vorwarnung nahm er mein Gesicht in seine Hände und zog es ein Stück zu sich hinunter. Dann schmeckte ich auch schon den lieblichen Geschmack seiner Lippen, der sich mit seinen salzigen Tränen vermischte und ein Feuerwerk der Gefühle explodierte in mir. Etwas überfordert erwiderte ich den Kuss und verstärkte den Druck meiner Hände auf seinen Hüften, um ihn noch ein Stückchen näher an mich heran zu ziehen.


1026 Wörter - Ivy

Moments - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt