33 | Unverhofftes Wiedersehen

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»Hoppla. Hey, Vorsicht! Passen Sie doch auf«, rief ich ungehalten, nachdem ich gegen einen starken Oberkörper geprallt war.

»Isabell«, hörte ich eine tiefe, mir sehr vertraute Stimme. Warum musste er mir ausgerechnet jetzt begegnen? Ich sah kurz auf und direkt in sein Gesicht. Er hatte tiefe, dunkle Schatten unter seinen Augen und wenn mich nicht alles täuschte, hatte er auch mehr Falten bekommen. Sein Bart war unrasiert und er sah im Allgemeinen etwas fertig aus.

Wie ich vorhin bereits gesehen hatte, trug er eine dunkelrote Jogginghose, dazu einen schwarzen Longsleeve und eine goldene Plattenkette. Seine Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden, die Frisur, welche ich an ihm eigentlich hasste.

»Hallo Rapha«, murmelte ich und probierte mich an ihm vorbeizudrücken. »Bleib stehen.« Er griff nach meinem Handgelenk und zog mich zu sich. Ich versuchte zurückzuweichen, spürte jedoch nur die kalte Fliesenwand in meinem Rücken.

Raphael kam mir gefährlich nahe und platzierte seine Hand neben mir an der Wand, sodass ich der Situation nicht entfliehen konnte. Mit der anderen hielt er noch immer mein Handgelenk fest. Mir gefiel diese Machtdemonstration nicht.

»Siehst scheiße aus«, kommentierte ich. »Ich fühle mich auch ziemlich beschissen. Mein schlechtes Gewissen frisst mich beinahe auf. Du siehst hingegen wunderschön aus. Viel zu hübsch für deine Begleitung«, erwiderte er und versuchte Blickkontakt aufzubauen, dem ich demonstrativ auswich.

»Was willst du?« Meine Stimme klang genervt. Ich wusste nicht, was das geringere Übel war: Hier mit Raphael zu sein oder draußen mit Paul. Am liebsten würde ich gehen und beide hinter mir lassen.

»Wer ist dieser piç mit dem du hier bist?«, wollte der Halbitaliener nun wissen. »Rede nicht so von ihm.« »Jetzt sag schon.« Raphael wurde langsam ungeduldig. Seine Neugier störte mich. »Na schön. Das ist Paul, ein ehemaliger Kommilitone von mir. Er hat mich hierher eingeladen«, erklärte ich.

»Warum triffst du dich mit so einem piç und nicht mit mir? Wahrscheinlich lässt du dich später von ihm flachlegen, habe ich recht?«, provozierte er mich.

»Hast du schon wieder vergessen, was du gemacht hast und wieso ich nichts mehr von dir hören wollte? Diese Eifersucht steht dir nicht. Außerdem stellst du ziemlich hohe Ansprüche für jemanden, der selbst mit sechs oder sieben Frauen Essen geht. Du scheinst derjenige zu sein, der schnell Ersatz gefunden hat. Also sage ich herzlichen Glückwunsch und jetzt lass mich in Ruhe.«

Statt von mir abzulassen, trat Raphael noch einen Schritt näher. Ich spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging. Sein Atem kitzelte auf meiner Nase.

»Bella, ich kann mich nur wiederholen und dir sagen, wie unfassbar leid mir das alles tut. Und ich würde es dir auch zeigen, wenn du mich lässt. Ich bin rein beruflich hier. Freiwillig würde ich sicher keinen Fuß in diesen Schicki-Micki-Laden setzen. Ist mir viel zu abgehoben. Die Frauen an meinem Tisch sind Mitarbeiterinnen aus meiner Firma sowie zwei Künstlerinnen aus Wien, die Ronny und ich betreuen.«

Er löste seine Finger von meinem Handgelenk. Stattdessen legte er sie unter mein Kinn, hob es an und zwang mich so, ihn anzuschauen.

»Ich will keine von denen, Bella. Ich will dich. Ich will das mit uns wieder hinkriegen. Ich weiß, dass du auch noch Gefühle hast. Und ich will nicht, dass du dich von so einem piç ausführen lässt«, sagte er bestimmt.

Raphael sah mich eindringlich an. Seine Augen waren dunkel, beinahe schwarz. Sie hatten etwas Mystisches, Geheimnisvolles. Eine Gänsehaut überkam mich. Mir wurde heiß und mein Herz schlug etwas schneller, doch ich durfte auf keinen Fall nachgeben.

»Ganz schön hohe Erwartungen, Herr Ragucci. Ich muss dich aber enttäuschen. Ich will dich nicht. Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben«, entgegnete ich entschieden. Mein Tonfall war hart und bestimmt.

Panzer | RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt