31 | Die Wahrheit

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Raphaels Sicht

Samiras Worte hallten in meinem Kopf nach. Ich ließ mein Handy sinken. Sie hatte so laut geredet, dass Abudi, der wenige Meter von mir entfernt stand, es auch hören konnte. Er sah mich verdutzt an.

»Meintest du vorhin nicht, dass das anders war?«, flüsterte er. Ich reagierte nicht.

»Hallo? Bist du noch da?«, ertönte es aus meinem iPhone. »Ja, Moment«, erwiderte ich und schaltete das Gespräch geistesgegenwärtig stumm. Verzweifelt sah ich Abudi an.

»Sie muss einen anderen haben«, hauchte ich. Für einen kurzen Moment war ich traurig, doch dann stieg Wut in mir auf. »Und jetzt soll die Schuld auf mich geschoben werden, oder was? Die Nächste, die mir ein Kind unterjubeln will. Unfassbar. Dabei meinte sie damals, sie könnte mir sowas niemals antun. Sie hat ja echt schnell Ersatz für mich gefunden.«

»Bruder, das kann nicht sein. Du verstehst da was falsch. Sie trauert dir immer noch hinterher. Diese Frau hat wegen dir geweint. Ich habe es selbst gesehen, als ich Samira bei ihr abgeholt habe. Ist es das, was du willst? Du hast sie schon genug verletzt, mach ihr nicht grundlos noch mehr Ärger. Man, sie liebt dich. Die hat keinen anderen. Spiel jetzt bitte nicht den Beleidigten. Du bist selbst daran schuld. Du hast genug Scheiße gebaut. Fahr endlich zu ihr und klär die ganze Sache.«

»Ach komm, tu du nicht so, als ob du plötzlich die Frauen verstehen würdest, nur weil du dir zum ersten Mal seit Jahren wieder mal 'ne Perle klärst«, stieß ich verärgert aus.

Ich seufzte. Eigentlich hatte Abudi recht. Ich wollte nicht, dass Isabell wegen mir weinte. Auf gar keinen Fall. Es tat mir weh, das zu hören. Aber was hatte der Anruf von Samira zu bedeuten?

Innerhalb weniger Sekunden fasste ich einen Entschluss. Besser gesagt wollte ich Abudis Vorschlag realisieren. Wir mussten reden. Auch wenn sie mich jetzt hasste, aber das durfte ich ihr nicht übelnehmen.

Ich schaltete die Anruf-Halten-Funktion aus und begann erneut das Gespräch. »Hey Samira, bist du noch dran?« »Ja natürlich«, erwiderte sie säuerlich.

»Kann ich mit Isabell sprechen?«, bat ich. Ich vernahm leises Getuschel vom anderen Ende der Leitung. »Nein kannst du nicht. Sie hat keine Lust auf dich. Beantworte mir bitte meine Frage und dann lasse ich dich in Ruhe.«

»Ich habe sie nicht geschwängert. Ehrenwort. Richte ihr aus, dass ich morgen vorbeikommen werde. Ich muss unbedingt mit ihr reden«, sagte ich bestimmt. »Sie wird nicht begeistert sein«, warf Isabells Freundin ein. Das war mir inzwischen egal. »Und lass mich bitte alleine mit ihr reden.«

»Von meiner Seite aus ist das okay, aber ich habe da nichts zu entscheiden«, gab sie zurück. Meine Güte, warum musste sie alles so kompliziert machen? Ich verabschiedete mich schließlich und legte auf.

Abudi sah mich vorwurfsvoll an. »Guck nicht so, Bruder. Ich weiß mittlerweile selbst, dass es nicht korrekt war. Danke, dass du trotzdem zu mir hältst.« Ich ließ mich auf einen meiner Stühle sinken.

»Bedank dich auch bei deiner Schwester. Manchmal fällt es mir echt schwer, mitanzusehen, wie du in dein eigenes Verderben rennst«, kommentierte er. »Und eigentlich hast du dir keine weitere Chance verdient. Das war wirklich das Dümmste, was du machen konntest. Wäre ich Isabell, wärst du für mich auch gestorben. Du weißt selbst wie das ist, von einer Person verletzt zu werden, die man liebt. Auch wenn es nicht das Gleiche ist, wird es Isabell nicht wesentlich anders gehen.«

Ich machte eine abwehrende Geste. »Sag sowas nicht«, forderte ich.

»Wir beide wissen, dass es die Wahrheit ist. Isabell hat dir schon so viele Chancen gegeben. Es wäre ihr nicht zu verübeln, wenn sie es dieses Mal nicht tut. Trotz allem solltest du es versuchen. Du machst dich seit Tagen selbst total fertig. Wenn man dich so reden hört und euch zusammen gesehen hat, ist sie all das, was du in ›Adriana‹ gesucht hast. Aber ich sag dir gleich, das ist nichts, was du mit Worten oder einem Blumenstrauß wiedergutmachen kannst.«

Panzer | RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt